Im domradio-Interview: Der Malteser-Hilfsdienst über die Gefahren des Kyrill-Einsatzes - vor allem für die Helfer

"Die Helfer haben ihr Leben riskiert"

Nach dem Orkantief „Kyrill“ waren am Freitag in Deutschland die Aufräumarbeiten in vollem Gange. Die Reparaturarbeiten bei der Deutschen Bahn, die in der Nacht den Verkehr bundesweit eingestellt hatte, liefen auf Hochtouren. - Erstmal ausruhen konnten sich Tausende Helfer, die am Donnerstag Nothilfe geleistet hatten. Unter ihnen Hunderte haupt- und ehrenamtliche Malteser-Mitarbeiter. Sprecher Kai Vogelmann berichtet im domradio-Interview.

 (DR)

Sturmschaden rund eine Milliarde Euro
Tausende Haushalte waren noch am Freitag wegen beschädigter Stromleitungen weiterhin vom Stromnetz abgeschnitten. Der versicherte Sturmschaden beträgt Schätzungen zufolge rund eine Milliarde Euro. Die Behörden warnten vor dem Betreten von Wäldern. Bei dem schwersten Sturm seit Jahren kamen in Deutschland mindestens elf Menschen ums Leben.

Bei Spitzengeschwindigkeiten von über 200 Stundenkilometern und starken Regenfällen richtete „Kyrill" schwere Schäden an. Sechs Menschen kamen bei sturmbedingten Verkehrsunfällen ums Leben. Zwei Feuerwehrleute starben in der Nacht bei Einsätzen. Drei Menschen wurden von herabstürzenden Gebäudeteilen erschlagen, darunter ein 18 Monate altes Kind in Bayern. Im Bördekreis (Sachsen-Anhalt) wurde nach der Sturmnacht am Freitag ein 40-jähriger Mopedfahrer vermisst gemeldet.

Die Feuerwehren verzeichneten bundesweit rund 70 000 Einsätze, wie der stellvertretende Bundesgeschäftsführer des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV), Rudolf Römer, sagte. Rund 100 000 Feuerwehrkräfte waren im Einsatz. Der versicherte Schaden des Sturmtiefs „Kyrill" wird rund eine Milliarde Euro betragen, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einer ersten Einschätzung bekannt gab. Für den letzten schweren Sturm „Jeannett" im Jahr 2002 hatten die Versicherer über 660 Millionen Euro bezahlt.

Mehdorn: „Wir waren gut auf den Sturm vorbereitet"
Der Berliner Hauptbahnhof, der wegen eines Sturmschadens gesperrt wurden musste, nahm am Mittag wieder den Betrieb auf, wie die Bahn AG mitteilte. Einschränkungen im Bahnverkehr gab es vor allem noch in Teilen von Berlin/Brandenburg, Süddeutschland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in Westfalen. Häufig lagen Bäume und Äste im Gleis. „Wir waren gut auf den Sturm vorbereitet", sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn. Der wirtschaftliche Schaden stand noch nicht fest.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sprach von einer „ungewöhnlichen Sturmnacht, die aber relativ glimpflich abgelaufen ist". I der Nacht hatten Tausende Reisende auf Bahnhöfen und Flughäfen festgesessen. Allein das Bayerische Rote Kreuz (BRK) versorgte über 3000 Menschen. Am Flughafen Nürnberg und dem Münchner Hauptbahnhof versorgten die Helfer über 1000 gestrandete Reisende mit warmen Decken. Am Würzburger Bahnhof wurden zwei Schlafsäle für Senioren und Familien eingerichtet und ein ICE mit Decken und Kissen ausgestattet.

Vielerorts war der Schulbetrieb auch am Freitag nur eingeschränkt möglich. Im Harz konnten wegen entwurzelter Bäume und dadurch blockierter Straßen Schulbusse nicht fahren. In Mittel- und Nordhessen fiel der Unterricht aus. Auch in einzelnen Teilen Baden-Württembergs blieben die Schulen vorsorglich geschlossen.

Verheerende Schäden in den Wäldern
Die Ostseefähren waren nach Ausfällen in der Nacht am Freitag wieder nach Fahrplan unterwegs. Auf der besonders gefährdeten Nordseeinsel Sylt richtete „Kyrill" deutlich weniger Schäden an als erwartet. Die Sturmflut lief in der Nacht zu Freitag statt der vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie avisierten drei Meter über dem mittleren Hochwasser nur halb so hoch auf.

Verheerende Schäden richtete „Kyrill" jedoch in den Wäldern an. Wie der Staatsbetrieb Sachsenforst in Graupa mitteilte, wurden mindestens eine Million Kubikmeter Holz im Sächsischen Wald beschädigt. Teilweise seien ganze Waldbestände vernichtet, was für einige private Forstbetriebe das Ende ihrer Existenz bedeuten könne. Die Behörden wiesen darauf hin, dass in den Wäldern wegen der zahlreichen ungeknickten Bäume Lebensgefahr bestehe. Im Nationalpark Hainich (Thüringen) wurden aus Sicherheitsgründen sämtliche Wanderwege durch den Nationalpark gesperrt.