Ifo-Chef Sinn hat sich für Judenvergleich entschuldigt

Sind Manager Sündenböcke?

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat sich nach scharfer Kritik für seine Gleichsetzung von Judenverfolgung und aktueller Kritik an Bankenmanagern entschuldigt. Er nehme den Vergleich von Juden und Managern zurück, schrieb Sinn am Montag in einem Offenen Brief an die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch. Er bedaure sehr, dass sich die jüdische Gemeinschaft durch seine Äußerungen verletzt fühle, so Sinn: "Ich habe das Schicksal der Juden nach 1933 in keiner Weise mit der heutigen Situation der Manager vergleichen wollen. Ein solcher Vergleich wäre absurd."

 (DR)

Er habe im Zusammenhang mit der Finanzkrise lediglich Verständnis dafür wecken wollen, dass die Suche nach vermeintlichen Schuldigen in die Irre führe, wenn die wirklichen Ursachen der Krise Systemfehler seien, die aufgedeckt und beseitigt werden müssten, schrieb Sinn weiter.

Er selbst sei geprägt durch die Freundschaft zu jüdischen Kollegen auf der ganzen Welt und durch das Entsetzen darüber, was den Juden von Deutschland angetan worden sei. Dies sei unveränderbar: "Ich bitte die jüdische Gemeinde um Entschuldigung und nehme den Vergleich zurück", so Sinn in seinem Brief, der auf der Internet-Seite des Ifo-Instituts veröffentlicht wurde.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Entschuldigung des Ökonomen angenommen. «Ich hoffe, dass das ein einmaliger Fall war», sagte Zentralrats-Präsidentin Charlotte Knobloch  vor Journalisten in München. Der Chef des Münchner ifo-Instituts habe ihr in mehreren Telefonaten versichert, dass er das Ausmaß seiner Äußerungen nicht erkannt habe und «entsetzt» sei.

Anonymer Systemfehler
Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat mit einem Vergleich zwischen Juden und Managern in der aktuellen Bankenkrise für helle Aufregung gesorgt. Sinn hatte dem "Tagesspiegel" gesagt, in jeder Krise werde nach Schuldigen und nach Sündenböcken gesucht. In der Weltwirtschaftskrise von 1929 habe es in Deutschland die Juden getroffen, "heute sind es die Manager".

Sinn hatte die Wirtschaftsführer mit dem Vergleich zur Weltwirtschaftskrise in Schutz gegen die zunehmende Kritik nehmen wollen. Auch damals habe niemand an einen "anonymen Systemfehler" glauben wollen, der die Weltwirtschaftskrise ausgelöst habe, befand Sinn.

Der Nationalsozialismus war für Professor Sinn Profiteur der Weltwirtschaftskrise 1929 und der Untätigkeit der damaligen Regierung. "Die deutsche Geschichte ist hier ja ganz klar. Der Nationalsozialismus ist aus der Krise zwischen 1929 und 1931 entstanden. Auch heute stehen Rattenfänger wieder parat.", so Sinn im Tagesspiegel.

"Unverantwortlich"
Mit seinen Äußerungen hatte Sinn für viel Empörung gesorgt. So hatte die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann den umstrittenen Juden-Vergleich von Ifo-Chef Hans-Werner Sinn zurückgewiesen. "Die Juden waren die Opfer, bei den Banken wird zu Recht nach Verantwortlichen gefragt - es ist unverantwortlich da irgendeinen Vergleich zu ziehen", sagte Käßmann der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Sie kenne Professor Sinn als klugen Mann, sagte Käßmann. "Mir ist aber völlig unverständlich, wie jemand die menschenverachtende und zerstörerische nationalsozialistische Ideologie des Antijudaismus, die Millionen Menschen ermordet hat, in eine Verbindung mit der Frage nach den Verantwortlichen in der aktuellen Bankenkrise bringen kann", sagte die Bischöfin.

Kritik kam auch vom Zentralrat der Juden.