HR-Recherche zum türkischen Islam-Verband Ditib

Hetze gegen Andersgläubige

Einige Gemeinden des türkischen Islam-Verbands Ditib hetzen nach Informationen des Hessischen Rundfunks gegen Juden und Christen. Die hessische Landesregierung hält dennoch an der Zusammenarbeit fest.

Ditib-Moschee in Köln / © Oliver Berg (dpa)
Ditib-Moschee in Köln / © Oliver Berg ( dpa )

Die hessische Landesregierung hält trotz neuer Vorwürfe gegen den Islam-Verband Ditib bis auf weiteres an der Zusammenarbeit beim islamischen Religionsunterricht fest. Ein Sprecher von Kultusminister Alexander Lorz (CDU) sagte am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd), es bleibe bei dem Plan, die Zusammenhänge zwischen Ditib Hessen und dem türkischen Staat aufgrund der politischen Entwicklung in der Türkei neu begutachten zu lassen. Das werde in Kürze geschehen. Gründe für eine Beendigung der Zusammenarbeit beim islamischen Religionsunterricht in hessischen Grundschulen gebe es aber derzeit nicht, sagte ein Ministeriumssprecher.

Der Hessische Rundfunk hatte am Sonntag von antisemitischen und antichristlichen Hassparolen berichtet, die aus Ditib-Gemeinden auf Facebook gepostet worden seien. Der Ministeriumssprecher sagte, die dort berichteten Fälle stammten alle von außerhalb Hessens. Die jetzt gemeldete Agitation nannte der Sprecher besorgniserregend: "Für uns ist aber entscheidend, wie sich der hessische Landesverband aufstellt." Kultusminister Lorz habe bereits im vergangenen Herbst Sorge über die politische Entwicklung in der Türkei ausgedrückt und deshalb die neue Begutachtung veranlasst, die jetzt bevorstehe, sagte der Sprecher.

"Stinkende Traditionen"

"Der kannibalische Jude kotzt den Tod in Palästina" oder "Um die Barbarei der Juden zu beschreiben, werdet ihr nicht die richtigen Worte finden können" - das sind einige der Äußerungen, die der Hessische Rundfunk (HR) im Fernsehmagazin "defacto" zitiert. 

Nach den Recherchen von "defacto" attackierten Ditib-Gemeinden in ihren Posts in türkischer Sprache auch Christen mit Aussagen wie das Weihnachtsfest sei "eine nach Blasphemie stinkende Tradition der Christen" oder "Freundschaft und Beziehungen zu Ungläubigen sind verboten". Der Ditib-Bundesverband erklärte dazu laut HR: "Dies sind keine offiziellen Äußerungen der Ditib, sie spiegeln weder die Haltung noch das starke Engagement der Ditib als anerkannter Dialogpartner wider."

Zentralrat der Juden: "Äußerungen unerträglich"

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, äußerte sich in dem "defacto"-Beitrag entsetzt über die Zitate: "Diese Posts sind in einem Land, in dem Religionsfreiheit eine große Rolle spielt, in meinen Augen unerträglich." Schuster glaubt nicht, dass es sich hierbei um Einzelfälle handelt. Er reiche auch nicht aus, so Schuster, dass der Islamverband im Nachhinein Konsequenzen ziehe. Er müsse im Vorfeld dafür Sorge tragen, dass es erst gar nicht dazu komme.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD) erklärte dazu gegenüber "defacto": "Klar ist bei uns immer: Weder Antisemitismus noch irgendeine andere Hetze gegen Glaubensgemeinschaften wird bei uns toleriert." Außerdem mache man sich auch der Volksverhetzung schuldig. Das müsse verfolgt werden.

Integrationsbeauftragte: "Ditib ist in der Bringschuld"

Der Moscheenverband Ditib, der bisher in sieben Bundesländern, darunter auch in Hessen, am islamischen Religionsunterricht mitarbeitet, sei in der Bringschuld. Özoguz fordert den Verband auf, klar dazulegen, was er gerade gegen Antisemitismus unternehme. Solche Hetze dürfe in den Gemeinden nicht stattfinden.

Der Mainzer Strafrechtler Bernward Kullmann erklärte, dass die Posts den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllten: "Weil hier gegen eine bestimmte Volksgruppe der Juden in verächtlicher Form gehetzt wird und weil die Texte auch meines Erachtens die Menschenwürde der Volksgruppe der Juden verletzen."

Die Ditib ist mit rund 900 Moscheegemeinden der größte Islamverband in Deutschland und kooperiert eng mit der Religionsbehörde Diyanet in der Türkei. Sie entsendet und bezahlt die Imame für die deutschen Gemeinden. Der Verband steht derzeit wegen einer Spitzelaffäre in der Kritik. Imame sollen Informationen über Anhänger des Predigers Fethullah Gülen an die türkische Regierung weitergegeben haben.


Quelle:
epd