"Honeckers Pastor" Holmer stirbt mit 94 Jahren

Ehemaligem Staatschef Asyl gewährt

Mit "Honecker und der Pastor" hat ihm das Fernsehen ein Denkmal gesetzt. Uwe Holmer beherbergte 1990 für zehn Wochen den abgesetzten DDR-Staatschef. Nun ist der Theologe und Pastor mit 94 Jahren in Mecklenburg gestorben.

Uwe Holmer war Theologe und Pfarrer / © Bernd Wüstneck (dpa)
Uwe Holmer war Theologe und Pfarrer / © Bernd Wüstneck ( dpa )

Der durch sein Asyl für den abgesetzten DDR-Staatschef Erich Honecker bekannt gewordene evangelische Theologe Uwe Holmer ist tot. Er starb im Alter von 94 Jahren, wie das Diakoniewerk im mecklenburgischen Serrahn am Dienstag auf Anfrage mitteilte.

Holmer hatte Erich und Margot Honecker vom 30. Januar bis zum 3. April 1990 in seinem Pfarrhaus in Lobetal bei Berlin aufgenommen. Die damalige DDR-Regierung hatte keine andere Möglichkeit zum Schutz des gestürzten Staats- und Parteichefs vor Gewalt gesehen.

Szene des Films Honecker und der Pastor / © Conny Klein/ZDF (dpa)
Szene des Films Honecker und der Pastor / © Conny Klein/ZDF ( dpa )

Holmer leitete damals die Hoffnungstaler Anstalten im brandenburgischen Lobetal, die 1905 als Arbeiterkolonie für obdachlose Berliner gegründet worden waren. Für zehn Wochen beherbergte er dort Honecker (1912-1994) und dessen Frau Margot (1927-2016).

Honecker war als Nachfolger Walter Ulbrichts ab 1971 Erster Sekretär und ab 1976 Generalsekretär des Zentralkomitees der SED der DDR. Seine Frau Margot Honecker war ab 1963 Ministerin für Volksbildung. Nachdem sich 1989 eine stark wachsende Oppositions- und Protestbewegung gebildet hatte, mussten beide im Oktober 1989 ihre Ämter abgeben. Das Wohnrecht in der Funktionärssiedlung in Wandlitz verloren die Honeckers. Staatliche Stellen der DDR sahen sich nicht in der Lage, eine sichere Unterkunft für das Ehepaar zu finden. Die Honeckers waren damit obdachlos.

Anfeindungen und Hass

Das Kirchenasyl machte Pastor Uwe Holmer berühmt, brachte ihm aber auch eine Menge Anfeindungen und Hass ein. Holmer selbst rechtfertige den Schritt später. Er habe getan, was sein Gewissen und sein Glaube ihm vorschreiben: "Ja, ich würde es heute wieder tun", sagte Holmer etwa anlässlich seines 85. Geburtstages 2014.

Holmer selbst hatte in seinem Leben einiges wegzustecken.

Aufgewachsen in einer gläubigen, christlichen Familie in Wismar, hatte er als junger Pastor in Leussow bei Ludwigslust seinen Unmut über die Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft deutlich zum Ausdruck gebracht. Daraufhin durften ihn seine Eltern und seine Geschwister aus Westdeutschland ein Jahr lang nicht besuchen.

Versöhnung statt Vergeltung

Später bekamen auch seine Kinder zu spüren, was es hieß, als Christen in der atheistisch geprägten DDR zu leben: Sieben seiner zehn Kinder durften nicht zur Oberschule und waren damit vom Abitur ausgeschlossen - trotz guter Zensuren. Doch Versöhnung blieb Holmer wichtiger als Vergeltung.

Szene aus dem Film "Honecker und der Pastor" / © ZDF und Conny Klein (epd)
Szene aus dem Film "Honecker und der Pastor" / © ZDF und Conny Klein ( epd )

Die Zeit der Honeckers im Kirchenasyl kam im vergangenen Jahr auch ins Fernsehen. "Honecker und der Pastor" wurde Mitte März 2022 im ZDF und auf Arte ausgestrahlt. Regisseur war der Schauspieler Jan Josef Liefers, das Drehbuch stammt von Fred Breinersdorfer. Erich Honecker wird in dem Film von Edgar Selge gespielt, seine Frau Margot von Barbara Schnitzler. Hans-Uwe Bauer verkörpert Pastor Uwe Holmer.

Gedreht wurde in den Babelsberger Studios und der Umgebung von Potsdam, nicht jedoch in Lobetal, am historischen Ort des Geschehens.

Diskriminierung von Christen in der DDR

Seit 1. Januar 2020 widmet sich ein interdisziplinäres Forschungsteam von vier Wissenschaftlichen MitarbeiterInnen unter der Leitung von Prof. Dr. Christopher Spehr am Lehrstuhl für Kirchengeschichte der wissenschaftlichen Aufarbeitung von verfolgten Christinnen und Christen in der DDR. Ziel ist es, die Unterdrückungsmechanismen und Repressionsmaßnahmen in den 1960er-Jahren am Beispiel der Bausoldaten, Totalverweigerer und Jugendlichen im Widerstand gegen die Wehrerziehung mit Schwerpunkt Thüringer Raum zu erkunden.

Männerwallfahrt zum Kläschen Hagis im Kreise Worbis (DDR) mit dem Erfurter Bischof Hugo Aufderbeck, 1980 (KNA)
Männerwallfahrt zum Kläschen Hagis im Kreise Worbis (DDR) mit dem Erfurter Bischof Hugo Aufderbeck, 1980 / ( KNA )
Quelle:
epd