Hochschulpfarrer begrüßt Hilfen für Studierende

"Es ist besser als nichts"

Angesichts der hohen Heizkosten hat der Bundestag beschlossen, Studierende in diesem Winter mit einem Energiekostenzuschuss von 200 Euro zu entlasten. Hochschulpfarrer Stefan Buchs begrüßt die Hilfen, zeigt sich aber dennoch besorgt.

Symbolbild Heizkosten / © goffkein.pro (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie haben durch Ihre Tätigkeit als Hochschullehrer viel Kontakt zu den Studierenden. Mit was für Gedanken schauen die in den Winter?

Pater Stefan Buchs (Hochschulpfarrer an der Katholischen Hochschulgemeinde Bonn): Das sind sowohl positive als auch besorgte Gedanken. Positiv ist im Vergleich zu den letzten Jahren, dass doch viel weniger Corona-Einschränkungen da sind. Da merkt man schon, dass viel Lebensfreude und viel Hoffnung zurückgekehrt ist.

Besorgte Gedanken sind es sicherlich bei den gestiegenen Kosten. Da spielen die Heizkosten eine wichtige Rolle. Aber es gibt auch generell gestiegene Kosten und zum Beispiel Schwierigkeiten bei BAföG-Anträgen, die lange dauern, bis sie behandelt werden.

DOMRADIO.DE: Wenn man an Energiesparen in einer Studenten-WG denkt, meint man vielleicht, man macht es in der Küche warm und da sitzen dann alle gemeinsam. Das ist aber auch nicht so einfach, oder?

Pater Buchs: Nein, das ist nicht so einfach, weil einerseits bezahlte Zimmer rar sind. Küchen sind im Normalfall noch frei, aber ich kenne nicht wenige Studierende, die in Wohngemeinschaften wohnen, wo es nicht wirklich einen gemeinsamen Aufenthaltsraum gibt. Also auch das bereitet Schwierigkeiten.

DOMRADIO.DE: Es soll jetzt 200 Euro für alle Studierenden geben. BAföG-Empfänger können zusätzlich noch zwei Heizkosten-Zuschüsse bekommen. "Wir lassen die jungen Menschen nicht alleine", sagt Bildungsministerin Stark-Watzinger von der FDP. Reicht aus Ihrer Sicht diese Unterstützung?

Pater Buchs: Es ist sicher ein wichtiges Zeichen von der Politik, dass die jungen Menschen im Blick sind. Gerade während der Corona-Krise der letzten zwei Jahre fühlten sich die jungen Menschen oftmals mit ihren Sorgen und mit ihren Einsamkeiten nicht im Blick.

Das ist sicher politisch und moralisch ein wichtiges Zeichen. Ob es wirklich für die Heizkosten ausreichen wird, können wir erst zum Ende des Winters entscheiden. Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein.

Pater Stefan Buchs (Hochschulpfarrer an der Katholischen Hochschulgemeinde Bonn)

"Es ist besser als nichts. Das war so die allgemeine Rückmeldung der Studierenden, mit denen ich gesprochen hatte. Besser als nichts, aber nicht unbedingt nachhaltig."

DOMRADIO.DE: ... auf den kalten Stein ...

Pater Buchs: Ja, genau. Ein heißer Tropfen auf den kalten Stein. Aber es gibt noch viele andere Baustellen in diesem Winter. Es ist besser als nichts. Das war die allgemeine Rückmeldung der Studierenden, mit denen ich gesprochen habe. Besser als nichts, aber nicht unbedingt nachhaltig.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind die Studierenden nach den Arbeitnehmern und den Rentnern die dritte Gruppe, die vom Staat eine Einmalzahlung für Energiekosten bekommen. Die anderen beiden Gruppen kriegen aber jeweils 100 Euro mehr. Sorgt das für Unmut oder überwiegt, dass die Politik die Lebenswelt der Studierenden wahrnimmt? Ist das ausreichend?

Pater Buchs: Das kann ich im Moment nicht wirklich abschätzen, ob das für Unmut sorgen wird. Es ist ein sehr neuer Beschluss. Was ich bis jetzt gehört habe, ist, dass die 200 Euro erst einmal begrüßt wurden.

DOMRADIO.DE: Eine Studie hat gerade rausgefunden, dass mehr als ein Drittel aller Studierenden in Deutschland armutsgefährdet sind. Sind die jungen Menschen, die studieren, auch außerhalb von Krisen eine Bevölkerungsgruppe, die zu wenig gesehen wird?

Pater Stefan Buchs (Hochschulpfarrer an der Katholischen Hochschulgemeinde Bonn)

"Da muss man sicher aufpassen, dass sich da nicht die Schere zwischen Arm und Reich noch mehr auftut und das Studieren plötzlich etwas wird, was sich nur junge Menschen aus reichem Elternhaus leisten können."

Pater Buchs: Es gibt immer mehr Schwierigkeiten für Studierende, sich das Studium gut zu finanzieren. Das wird vielleicht generell zu wenig gesehen. Studierende gehören zu den Geringverdienenden, wie viele andere Menschen auch. Die sind besonders stark von der Inflation betroffen, gerade wenn es sich um Güter des täglichen Grundbedarfs handelt.

Es ist auch nicht leichter geworden für Studierende, einen Job zu finden, der mit dem Studium gut vereinbar ist. Vielleicht wird es jetzt besser, wenn vieles nach Corona wieder geöffnet wird. Aber zumindest die letzten zweieinhalb Jahre waren da sehr schwierig.

Da muss man sicher aufpassen, dass sich da nicht die Schere zwischen Arm und Reich noch mehr auftut und das Studieren plötzlich etwas wird, was sich nur junge Menschen aus reichem Elternhaus leisten können.

DOMRADIO.DE: Bis diese Energiepauschale ausgezahlt wird, dauert es noch bis mindestens Anfang des nächsten Jahres. Das könnte vielleicht für manche Studierende schon zu spät sein. Gibt es auch Hilfen vonseiten der Katholischen Hochschulgemeinde in Bonn?

Pater Buchs: Klar. Wir arbeiten mit den Hochschulen und den Universitäten zusammen, was das ganze Soziale anbelangt. Das ist eine umfassendere Sozialhilfe, würde ich sagen. Da gibt es immer wieder die Möglichkeit von einmaligen Zahlungen, um einen bestimmten Liquiditätsengpass zu überbrücken.

Diese Möglichkeit haben wir sicher auch dank der vielen Menschen, die uns Spenden geben, Sozialfonds unterstützen und so weiter. Kurzfristig geht das. Es geht nicht langfristig.

DOMRADIO.DE: Es gibt Universitäten, die die Lehre gerne wieder von der Präsenz ins Homeoffice verlagern wollen. Dadurch entstehen wieder höhere Kosten, weil die Studierenden zu Hause mehr heizen müssen. Die Bonner Universität will bei der Lehre in Präsenz bleiben. Ist das aus Ihrer Sicht richtig?

Pater Buchs: Ja, ich begrüße das. Viele der Studierenden, mit denen ich im Gespräch bin, sagen, sie lieben es, an die Uni zu gehen, einfach auch, weil sie dort ihre Freunde sehen. Das ist ein wichtiger Aspekt.

Beim Studieren geht es nicht einfach nur darum, sich mit Wissen voll zu pauken, sondern es ist etwas Größeres, wo man auch mit Menschen anderer Disziplinen in Kontakt kommen soll. Das geht aber nur sehr schlecht, wenn man bei reiner Online-Lehre bleibt.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

200 Euro Energiepreispauschale für Studierende beschlossen

Der Bundestag hat die angekündigte 200-Euro-Sonderzahlung für Studierende und Fachschüler beschlossen. Für das Gesetz stimmten am Donnerstag die Ampel-Parteien, die Union und die Linke, die AfD enthielt sich. Etwa 3,4 Millionen Anspruchsberechtigte sollen die 200 Euro Energiepreispauschale möglichst bald im neuen Jahr bekommen. Wann genau, ist allerdings offen. Momentan wird noch eine Antragsplattform dafür im Internet aufgebaut.

Symbolbild Heizung, Energiesparen / © Susie Hedberg (shutterstock)
Symbolbild Heizung, Energiesparen / © Susie Hedberg ( shutterstock )
Quelle:
DR