Historiker würdigt Benedikts Verdienste um das Judentum

Ein wahrer Brückenbauer

Der Historiker Michael Wolfssohn hat die theologischen Positionen des verstorbenen emeritierten Papstes Benedikt XVI. zum Judentum gewürdigt. Er habe das Judentum als elementare Voraussetzung für das Erscheinen Jesus verstanden.

Benedikt XVI. soll grundlagen für interreligiösen Dialog mit dem Judentum gelegt haben (KNA)
Benedikt XVI. soll grundlagen für interreligiösen Dialog mit dem Judentum gelegt haben / ( KNA )

Zudem habe er, "eigentlich erstmals in der Kirchengeschichte, den Grundstein für eine tragfähige Brücke zwischen Christentum und Judentum" gelegt, schreibt der Wissenschaftler in der "Welt".

Dies habe Benedikt XVI. "klarer und theologisch fundierter" getan als seine Vorgänger und auch als sein Nachfolger Franziskus.

"Altes Testament" kein unvermeidbares Übel

Bereits als "einfacher Geistlicher" und dann als Kardinal habe Joseph Ratzinger "die aktive Billigung des Judentums als unverzichtbare christlich-theologische Notwendigkeit begründet", schreibt Wolfssohn weiter.

"Er nahm die Hebräische Bibel, das 'Alte Testament', nicht als unvermeidbares Übel hin. Er verstand das Judentum positiv und eben nicht nur zähneknirschend als elementare Voraussetzung für das Erscheinen des Jesus als Christus und damit des Christentums schlechthin."

Benedikt XVI. besucht Synagoge (2005 in Köln) (Erzbistum Köln)

Der problematische Umgang Benedikts XVI. mit Missbrauchsfällen zeige indes seine Fehlbarkeit. "Benedikt war zumindest judentheologisch ein bedeutender Papst und als Mensch so unvollkommen wie alle Menschen, selbst die klügsten und gerechtesten", so der Historiker. Er sei habe jedoch jenseits politisch erwartbarer freundlicher Worte "den Grundstein einer judenfreundlichen allgemeinchristlichen Theologie" gelegt.

Die wichtigsten Leitlinien des Denkens von Joseph Ratzinger

Benedikt XVI. war der erste Papst der Neuzeit, der freiwillig sein Amt abgab. Dabei berief er sich auf sein Gewissen - obwohl er dieser Instanz stets misstraute und theologisch ganz andere Schwerpunkte setzte. Wie wohl kein Papst vor ihm ist Benedikt XVI. auch auf dem Stuhl Petri ein Theologe geblieben.

Bereits als junger Wissenschaftler gehörte er zu den führenden deutschen Dogmatik-Professoren, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) prägten. Später entfremdete er sich immer mehr von seinen Kollegen.

Papst em. Benedikt XVI. am Schreibtisch / © Osservatore Romano/Romano Siciliani (KNA)
Papst em. Benedikt XVI. am Schreibtisch / © Osservatore Romano/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA