Historienroman über einen "Kinderpapst"

Geschichte eines Verdammten

Geschichtlich ist der Vorgang belegt: 1032 kam ein kleiner Junge auf den Papstthron. Zehn oder zwölf Jahre alt soll Theophylakt III. gewesen sein, als aus ihm Benedikt IX. wurde. Peter Seewald erwähnt diesen Papst nur beiläufig in einem seiner Interview-Bücher mit Joseph Ratzinger. Doch Peter Prange hatte damit sein Thema.

Autor/in:
Barbara Just
 (DR)

Der Bestsellerautor, bekannt für seine historischen Romane, fing an zu recherchieren und stieß auf einen machtbewussten Nachfolger Petri, der mit einem grausamen Pontifikat in die Annalen einging. Am Montag (10.09.2012) erscheint nun sein Buch "Der Kinderpapst".



Gereizt hat Prange vor allem die Psychologie dieser historischen Figur. Der Knabe sei nur zum Unmenschen geworden, weil ihn das Amt, Stellvertreter Gottes auf Erden zu sein, schlichtweg überfordert habe, ist der Autor überzeugt. Deshalb lautet der Untertitel auch "Roman eines Verdammten". Auf 600 Seiten wird die Welt des Mittelalters wieder lebendig mit ihren Macht- und Intrigenspielen. "Die Wahrheit ist, was der heiligen katholischen Kirche nützt", heißt es einmal lapidar aus dem Mund eines kirchlichen Strippenziehers. Dafür darf auch guten Gewissens gelogen werden.



Das alles ist spannend geschrieben. Bisweilen entsteht gar beim Lesen der Eindruck, die Filmkamera läuft vor dem geistigen Auge schon mit. Pranges Bücher spielen stets in Lebens- und Zeitenwenden, wobei er sich bewusst keiner bestimmten Epoche verschrieben hat. Dieses Mal ist am Horizont der aufkommende Investiturstreit zwischen Kaiser und Papst bereits zu erahnen. Der Konflikt wird deutlich, als der deutsche König Heinrich sich zum Kaiser krönen lassen will. Dazu braucht er den Segen des Heiligen Vaters, doch neben Benedikt IX. gibt es auf einmal noch zwei weitere Päpste, die für sich beanspruchen, rechtmäßig zu amtieren.



Zerrissen zwischen Macht und Liebe

Doch was wäre ein belletristisches Werk ohne die Liebe? Der Autor hat die Anfangsworte der ersten Enzyklika von Benedikt XVI. "Deus caritas est" (Gott ist die Liebe) seinem Buch als Motto vorangestellt. Die ursprünglich beim Evangelisten Johannes zu findenden Worte seien ihm wichtig, um zu zeigen, dass Glaube neben Durchsetzung, "auch Liebe und Nachsicht" bedeute, betont Prange. Sie sind im Roman auch das Leitmotiv von dem oft als Vermittler agierenden Abt Bartolomeo vom Kloster Grottaferrata in den Albaner Bergen. Die noch heute existierende Abtei hält das Ansehen ihres einstigen Vorstehers in Ehren.



In der Interpretation des Autors ist Teofilo, wie der Held bei ihm heißt, um die Liebe zu seiner Cousine Chiara gebracht worden. Tatsächlich wollte Benedikt IX., der dreimal seinen Thron verlor, sie zuletzt als laisierter Priester heiraten. Doch die Ehe kam nicht zustande. Die Gründe sind unbekannt, Prange hat dafür versucht, eine durchaus schlüssige Erklärung zu finden.



Zerrissen zwischen Macht und Liebe sieht der Schriftsteller seinen Helden. "Einen Mann der sich nach der Liebe einer Frau verzehrte und zugleich von der Macht seines Amtes besessen war." Die Erhebung zum Papst sei für Teofilo zum Fluch geraten, erst die Liebe habe ihn von seinem inneren Dämonen befreit. Und seine bösen Taten? Damit habe er versucht, Gott zu provozieren, um ihn endlich zu erreichen, interpretiert Prange.



Im Roman bleibt offen, wie es mit Teofilo weiter geht. Der echte Theophylakt soll sich ins Kloster Grottaferrata zurückgezogen haben und dort mit Mitte 30 gestorben sein. Der Legende nach irrte seine verdammte Seele zeitweise in Tiergestalt durch die Wälder der Albaner Berge.



Hinweis: Der Roman "Der Kinderpapst" von Peter Prange ist im Pendo Verlag München erschienen und kostet 19,99 Euro.