Himmeroder Mönch organisiert Hilfe für Sudan und Südsudan

"Viele Menschen wollen raus"

Bruder Stephan Senge, letzter Zisterziensermönch in der ehemaligen Abtei Himmerod, hat vor 25 Jahren eine Hilfsinitiative für Sudan und Südsudan ins Leben gerufen. Diese waren damals noch ein Land. Er reist jedes Jahr dorthin.

Ehemalige Zisterzienserabtei Himmerod / © Anna Fries (KNA)
Ehemalige Zisterzienserabtei Himmerod / © Anna Fries ( KNA )

KNA: Haben Sie gerade Kontakt in die Region und was hören Sie von dort?

Stephan Reimund Senge, Ordensmann in der ehemaligen Zisterzienserabtei Himmerod / © Anna Fries (KNA)
Stephan Reimund Senge, Ordensmann in der ehemaligen Zisterzienserabtei Himmerod / © Anna Fries ( KNA )

Bruder Stephan Senge (Letzter Zisterziensermönch in der ehemaligen Abtei Himmerod): Ich habe die Tage mit Freunden dort telefoniert. In der sudanesischen Hauptstadt Khartum herrschte die Tage Krieg, da wurde auf alles geschossen, was sich bewegt. Viele Menschen wollen raus aus dem Land.

Es werden wohl sehr viele Flüchtlinge in den Südsudan kommen. Heimkehrer, die bisher im Sudan gelebt und gearbeitet haben, weil es dort bessere Arbeitsmöglichkeiten gab und die jetzt wegen der Gewalt zurückkehren, aber auch andere Flüchtlinge. Andere versuchen nach Ägypten im Norden zu fliehen. Das ist aber oft sehr teuer.

Und wenn sie es schaffen, werden viele Flüchtlinge in Ägypten ausgebeutet. Andere wollen über den einzigen Hafen des Landes rauskommen.

KNA: Die Vereinten Nationen rechnen in Folge der Kämpfe im Sudan mit Hunderttausenden Flüchtlingen. Was bedeutet das für den Südsudan, der ohnehin sehr arm ist und wo viele Menschen von internationaler Hilfe abhängen?

Bruder Stephan: Die Flüchtlinge werden kommen und dann muss man sie unterbringen und versorgen. Die Lage war bisher schon schwierig und undurchsichtig. Der Frieden im Südsudan ist sehr instabil. Stämme kämpfen gegeneinander. Es gibt Kämpfe um Weideplätze, Vieh, Brunnen.

Viele Menschen haben nicht genug zu essen, manche verhungern. Manche Familien verkaufen ihre Töchter für etwas Vieh oder Essen. Andere schicken ihre Kinder weg, wenn sie sie nicht mehr versorgen können.

Die müssen sich dann mit acht, neun Jahren selbst durchschlagen. In einem Projekt bieten wir diesen Kindern ein Dach über dem Kopf und ermöglichen ihnen, eine Schule zu besuchen.

KNA: Ihre Initiative unterstützt seit 25 Jahren Menschen im Sudan. Wie genau?

Bruder Stephan: Wir fördern etwa 15 Schulen an drei Standorten im Südsudan und in den Nuba-Bergen im Sudan. Wir bezahlen die Gehälter der Lehrer, teilweise das Schulgeld, Schüleressen, mancherorts Schlafmöglichkeiten und Unterkünfte für Schülerinnen und Schüler.

Dann suchen wir Lösungen für Probleme. Einige Mädchen etwa wagen es nicht, in den Ferien nach Hause zu gehen, weil sie dann verheiratet werden oder schwanger wiederkommen. Wir ermöglichen, dass sie am Schulort in einem Wohnheim wohnen können, versorgt und betreut werden. Bildung, etwas lernen ist wichtig für Frieden.

KNA: Wie kann man sich so eine Schule vorstellen?

Bruder Stephan: In den Grundschulen sind viele Schüler in einer Klasse, teilweise zwischen 50 und 60. Auf der weiterführenden Schule sind es dann viel weniger. Wir arbeiten mit kirchlichen Schulen, die taugen etwas, es wird viel verlangt von den Schülern und ab der ersten Klasse Englisch unterrichtet.

Die Schüler haben oft lange Schulwege, laufen morgens ein, zwei Stunden hin und abends wieder zurück. Wir versuchen, mindestens ein Essen in der Schule anzubieten. Die Schulen sind ganz einfach, Klassenräume auf einer Anhöhe, umgeben von Gebüsch.

KNA: Sie haben die Initiative 1997 gegründet. Wie kam es dazu?

Bruder Stephan: Angeregt hat mich eine Frau, Schwester Emmanuelle, die "Mutter der Müllmenschen von Kairo", bei einem Besuch in Himmerod. Ich reiste dann in den Sudan, damals noch ein Land. Dort habe ich Kinder mit Waffen spielen sehen, manche aus Deutschland importiert. Ich sah Armut, Hunger, Gewalt. Das war dann eine Frage der Berufung. Jesus sagte, "komm, beweg dich, du bist gesund, hast Zeit, tu etwas". Mein Orden hatte nichts dagegen.

Das Interview führte Anna Fries.

Abtei Himmerod

In der weit über die Region hinaus bekannten Zisterzienserabtei Himmerod in der Eifel lebten und arbeiteten fast 900 Jahre Mönche. Die Zisterzienser lösten den Konvent 2017 auf.

Grund dafür waren wirtschaftlich schwierige Jahre und eine sinkende Zahl von Mönchen. Einzig Pater Stephan Senge blieb nach der Auflösung und lebt bis heute in Himmerod.

Abtei Himmerod / © Wolfgang Valerius
Abtei Himmerod / © Wolfgang Valerius
Quelle:
KNA