Hilfswerke fordern bessere Hungerpolitik

Gentechnik hilft nicht gegen Hunger

Mehrere Hilfswerke haben die deutsche Regierung zu einem Umsteuern in der Hungerpolitik aufgefordert. In der ländlichen Entwicklung der Länder der dritten Welt seien in den vergangenen Jahren massive Einschnitte vorgenommen worden, beklagten Misereor, Brot für die Welt, Fian Deutschland und Germanwatch am Montag in Berlin.

 (DR)

Mehrere Hilfswerke haben die deutsche Regierung zu einem Umsteuern in der Hungerpolitik aufgefordert. In der ländlichen Entwicklung der Länder der dritten Welt seien in den vergangenen Jahren massive Einschnitte vorgenommen worden, beklagten Misereor, Brot für die Welt, Fian Deutschland und Germanwatch am Montag in Berlin.

Deutsche Exporte zerstören Infrastruktur
Fian-Referent Armin Paasch wies darauf hin, dass Kleinbauern und Landlose weltweit 80 Prozent der mittlerweile 854 Millionen Hungernden ausmachten. Um ihnen zu helfen, sei eine Umverteilung von Land und Ressourcen notwendig. Germanwatch-Sprecher Tobias Reichert forderte eine schnelle Umgestaltung der Agrarsubventionen. Die Industrienationen zerstörten mit ihren Exporten in die Entwicklungsländer die lokalen Märkte der Kleinbauern. Deutschland setze sich dafür ein, die Exportsubventionen aus Europa erst 2013 zurückfahren.

Ministerin weist Kritik zurück
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) nannte die unverändert hohe Zahl an Hungernden "beschämend für die gesamte Weltgemeinschaft". Das Recht auf Nahrung sei ein Menschenrecht und müsse eingelöst werden, erklärte sie in Berlin. Die Ministerin wies Kritik von Nichtregierungsorganisationen an der Bundesregierung zurück. Ihr Ministerium fördere Programme zur ländlichen Entwicklung in Höhe von 350 Millionen Euro.

Wesentlich seien aber gerechtere Strukturen im Welthandel, sagte die Ministerin. Entwicklungsländer wollten keine Almosen, sondern faire Bedingungen auf den Weltmärkten. Ein freier Zugang zu den Märkten der Industrienationen sei eine wichtige Voraussetzung für den Aufbau einer funktionierenden Landwirtschaft in Entwicklungsländern. Die SPD-Politikerin forderte diese Länder zugleich auf, ihre knappen Mittel stärker in die Landwirtschaft zu investieren und der Korruption entgegenzutreten.

Gentechnik keine Lösung
Gentechnisch verändertes Saatgut birgt große Risiken. Es gehört, im Gegensatz zu herkömmlichem Saatgut, den Herstellerfirmen, die das Patent darauf halten. Wegen dieser Patentrechte können die Bauern ihr Saatgut weder tauschen noch ein zweites Mal anbauen. Bei einer Missernte geraten sie deshalb leicht in eine Schuldenspirale. Hinzu kommt, dass in manchen Regionen schon fast alle Saatgut-Sorten patentiert sind. In Indien etwa gibt es kaum mehr Reissorten, die die heimischen Bauern ohne Lizenzzahlungen anbauen dürfen. Früher war diese Recht durch das Landwirteprivileg geschützt.

Die Misereor-Referentin für Gentechnik, Mute Schimpf, beklagt, dass die Bundesrepublik mehr für Gentechnikforschung als für Entwicklungshilfen in Landwirtschaft und Ernährungssicherung ausgebe. Gentechnik sei kein geeignetes Mittel gegen den Hunger, da das veränderte Saatgut für Kleinbauern viel zu teuer sei. Tausende indischer Bauern hätten sich durch Lizenzzahlungen hoffnungslos verschuldet.
Verschiedene Projekte zeigten jedoch, dass mit eigenem Saatgut und selbstentwickeltem Düngemittel bessere Erträge erwirtschaftet würden, so die Expertin.

Das "Forum Umwelt und Entwicklung" ist ein Zusammenschluss von rund 80 in Deutschland ansässigen Initiativen, die sich seit 1992 für Umweltschutz und Entwicklungsarbeit einsetzen.