Hilfswerk missio zieht Fazit der Mongolei-Reise des Papstes

"Stärkung einer sehr kleinen Kirche"

Für Papst Franziskus steht der Mensch im Mittelpunkt, sagt Margarethe Roßkopf vom Hilfswerk missio Aachen. Obwohl in der Mongolei nur wenige Katholiken lebten, sei es ihm wichtig gewesen, ihnen zu begegnen und sie zu stärken.

Papst Franziskus spricht mit einer Mitarbeiterin bei der Einweihung des katholischen Sozialzentrums Haus der Barmherzigkeit / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus spricht mit einer Mitarbeiterin bei der Einweihung des katholischen Sozialzentrums Haus der Barmherzigkeit / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was für ein Fazit ziehen Sie nach dieser Papst-Reise in die Mongolei?

Margarethe Roßkopf (Asien-Expertin beim Hilfswerk missio Aachen): Ich würde ein sehr positives Fazit ziehen. Er hatte sehr viele wichtige Begegnungen mit verschiedenen Menschen. Beeindruckend ist, dass es ihm nicht auf die Anzahl der Katholiken vor Ort geht. Ob es 1.500 oder zehn Millionen sind, ist ihm egal. Die Menschen zählen, ihr Engagement zählt, ihr Land, ihr Werdegang, ihre Kultur zählt. Zudem das, was sie für ihr Land und den Austausch mit anderen gesellschaftlichen Gruppen und religiösen Gruppen tun können, also was wir als interreligiösen und interkulturellen Dialog bezeichnen würden.

Margarethe Roßkopf

"Ich denke, dass die chinesischen Gläubigen ermutigt und gestärkt nach Hause zurückfahren, auch wenn sie Angst haben, dass ihnen Schikanen und Kontrollen drohen."

DOMRADIO.DE: Ungefähr 1.500 Katholiken leben in der Mongolei. Dafür war diese Reise doch sehr lang und intensiv. Was wollte Franziskus damit wohl zeigen?

Roßkopf: Diese Reise hatte ganz viele Aspekte. Zum einen ging es um die direkte Begegnung und auch Stärkung einer sehr kleinen Kirche in einem sehr schwierigen Umfeld. Die Mongolei hat eine sehr lange christliche Kultur. Im 13., 14., 15. Jahrhundert gab es bereits christliche Kirchen und auch schon das, was wir heute als interreligiösen Dialog bezeichnen, nämlich den Austausch mit dem Buddhismus, dem Schamanismus, dem Islam und anderen Glaubensrichtungen.

Franziskus hat immer wieder auf diese alte Tradition angespielt, auch auf die Tradition und die kulturelle und politische Bedeutung in der Geschichte der mongolischen Kultur.

Teilnehmer schwenken die Flagge von China bei der Ankunft von Papst Franziskus zu einem Gottesdienst am 3. September 2023 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Teilnehmer schwenken die Flagge von China bei der Ankunft von Papst Franziskus zu einem Gottesdienst am 3. September 2023 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Diese Reise war nicht spannungsfrei. Aus China durften keine Katholiken anreisen, das hat die chinesische Regierung verboten. Dann waren aber doch drei Bischöfe aus China dabei und auch noch Menschen, die eigentlich nicht hätten da sein dürfen. Wie kam das?

Roßkopf: Einige Laien haben es geschafft. Sie haben sich natürlich als Vertreter ihres Landes gesehen, waren aber gleichzeitig sehr enttäuscht, dass sie nur unter so großen Schwierigkeiten anreisen konnten. Aber es war ihnen religiös und existenziell wichtig, bei dieser Reise dabei zu sein und den Papst sehen zu können.

Ich denke, dass sie ermutigt und gestärkt nach Hause zurückfahren, auch wenn sie Angst haben, dass ihnen Schikanen und Kontrollen drohen, also die berühmten Einladungen zum Tee. Aber sie wären nicht gekommen, wenn sie nicht bereit gewesen wären, das auf sich zu nehmen.

Margarethe Roßkopf

"Franziskus hat die gemeinsame Verantwortung für das gemeinsame Haus Erde noch mal verdeutlicht und ich ins Stammbuch geschrieben."

DOMRADIO.DE: Wie ist denn der Papst mit diesem Problem umgegangen?

Roßkopf: Er hat sie auch begrüßt und kleine Signale geschickt. Er hat die Angewohnheit, ein Telegramm an die jeweilige Regierung zu schicken, wenn er im Luftraum über der jeweilige Land fliegt. Das hat er natürlich auch mit China gemacht. Es ging ihm wohl um das Signal, die Beziehungen zu China weiter positiv zu gestalten.

In dem Kontext sollten wir auch den zweiten großen Nachbarn nennen, Russland. Ich denke, das ist auch mit im Blick gewesen. Diskret ging es um den Hinweis, dass sich der Vatikan darum bemüht hat und weiter bemüht, in dem Konflikt mit der Ukraine zu vermitteln.

Diese geopolitischen Dinge standen sicher im Hintergrund. Sie wurden natürlich nicht nach außen ausgespielt, weil es einfach eine pastorale Reise ist.

DOMRADIO.DE: Es hat am Sonntag in Ulan Bator eine ökumenische und interreligiöse große Begegnung gegeben. Wie bewerten Sie die Ansprache, die Franziskus dort gehalten hat?

Roßkopf: Ich schätze sie sehr. Dieser Besuch in der Mongolei passierte nicht aus politischen Gründen, sondern aus spirituellen und pastoralen Gründen. Er hat bei seiner Ansprache die wertvollen, religiösen Traditionen in der Mongolei sehr stark und auch sehr wertschätzend hervorgehoben und gesagt, dass diese verschiedenen religiösen Traditionen in ihrer Vielfalt ein großes Potenzial haben, und zwar für die Entwicklung der ganzen Gesellschaft.

Da fielen Stichworte wie Solidarität mit den Menschen und Förderung von Frieden und Verständigung.

Als sich sein Flugzeug im chinesischen Luftraum befand, schickte Papst Franziskus ein Grußtelegramm an den Staatspräsidenten Chinas / © Alberto Pizzoli (dpa)
Als sich sein Flugzeug im chinesischen Luftraum befand, schickte Papst Franziskus ein Grußtelegramm an den Staatspräsidenten Chinas / © Alberto Pizzoli ( dpa )

Er sagte, Religionen und säkulare Institutionen sind nicht einfach nur um ihrer selbst Willen da, sondern sie sind für die Menschen und für die Kultur da. Ohne diese spirituelle Dimension, die in ihrer ganzen Vielfalt gelebt werden kann und darf und soll, muss immer stärker auch ein Gegengewicht zu dieser reinen Technologisierung stattfinden.

Die Materialisierung und vor allem die Technologisierung lässt das, was den Menschen als Menschen ausmacht, völlig beiseite. Das überfordert uns und führt zu vielen Problemen. Deshalb hat er die gemeinsame Verantwortung für das gemeinsame Haus Erde noch mal verdeutlicht und ich würde fast sagen ins Stammbuch geschrieben.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Katholische Kirche und Religion in der Mongolei

Die katholische Kirche in der Mongolei ist eine der kleinsten und jüngsten der Welt. Nicht einmal 1.500 Menschen gehören der Glaubensgemeinschaft an. So gibt es auch keine Bistümer und keine landeseigene Bischofskonferenz - dafür aber seit 2022 einen Kardinal. Der Italiener Giorgio Marengo leitet die 2020 eingerichtete Apostolische Präfektur Ulan Bator; einen kirchlichen Verwaltungsbezirk, der die Vorstufe eines Bistums bildet.

Papst Franziskus und Ukhnaagiin Khürelsükh, Präsident der Mongolei, bei der offiziellen Begrüßungsfeier am 2. September 2023 auf dem Süchbaatar-Platz in Ulan Bator in der Mongolei / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Papst Franziskus und Ukhnaagiin Khürelsükh, Präsident der Mongolei, bei der offiziellen Begrüßungsfeier am 2. September 2023 auf dem Süchbaatar-Platz in Ulan Bator in der Mongolei / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA ( KNA )
Quelle:
DR