Hilfsorganisationen fordern Wende in der EU-Flüchtlingspolitik

Menschenrechte gelten auch auf Hoher See

Hilfsorganisationen haben am Dienstag in Berlin eine grundlegende Wende in der europäischen Flüchtlingspolitik gefordert. Die Organisationen, zu denen auch Caritas International gehört, werfen der EU Völkerrechtsverletzungen vor.

 (DR)

Immer wieder würden Flüchtlinge durch die europäische Grenzschutzagentur Frontex auf dem offenen Meer zurückgedrängt, kritisierte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt. Deutschland stelle dabei Hubschrauber zur Verfügung und leiste damit Beihilfe zu völkerrechtswidrigem Verfahren.

In einem gemeinsamen Positionspapier, das unter anderem auch von Amnesty International, Caritas und Diakonie, vom Roten Kreuz, Arbeiterwohlfahrt und Paritätischem Wohlfahrtsverband unterzeichnet wurde, fordern die Organisationen eine faire Verteilung von Flüchtlingen in den Mitgliedsstaaten. Durch die Dublin-II-Verordnungen würden insbesondere die EU-Mitgliedsstaaten an den Außengrenzen mit der Verantwortung alleingelassen. Dabei verfolgten sie eine rigide Grenzpolitik und griffen zu drastischen Abschottungsmaßnahmen, hieß es.

"Verstopfung" der Flüchtlingswege nach Europa
"Es geht nicht an, dass auf offener See Flüchtlingsboote umgedreht werden", sagte der Rechtsanwalt Reinhard Marx. Er kritisierte die systematische "Verstopfung" der Flüchtlingswege nach Europa sowie Pläne, außerhalb Europas sogenannte Verfahrenszentren für Flüchtlinge einzurichten.

Nach Berichten der maltesischen Tageszeitung "Malta today" wurden zuletzt Mitte Juni 74 illegale Flüchtlinge auf hoher See zurückgewiesen. Erstmals sei dies vor Malta durch eine koordinierte Aktion von Frontex mit deutschen Hubschraubern geschehen, sagte Burkhardt. Derartige Fälle seien bisher nur aus Italien bekannt. Burkhardt forderte die Bundesregierung auf, ihre Flüchtlingspolitik zu korrigieren.

Das Vorgehen im Mittelmeer sei "ein Skandal", zu dem das europäische Parlament schweige, sagte Burkhardt. Der Jurist Marx forderte, aufgegriffenen Flüchtlingen müsse ein wirksamer Zugang zu einem Asylverfahren in der EU gewährt werden: "Die Europäische Menschenrechtskonvention gilt auch auf Hoher See."

UNHCR: Verbesserung des europäischen Flüchtlingsschutzes
Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) forderte zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Schweden an diesem Mittwoch eine Verbesserung des europäischen Flüchtlingsschutzes. Derzeit könne nicht davon ausgegangen werden, dass Asylsuchende überall in der EU ein faires und effizientes Asylverfahren nach internationalen Mindeststandards erhalten.

Das UNHCR forderte höhere Schutzstandards sowie unter anderem die Einrichtung eines EU-Asylunterstützungsbüros. Im kommenden halben Jahr müsse zudem eine Debatte über eine EU-weite Bewegungsfreiheit für Schutzbedürftige beginnen. Bei der europäischen Asylharmonisierung bestehe dringender Handlungsbedarf.