Opposition will Staatsleistungen an Kirchen ablösen

"Hilfreiche Anknüpfungspunkte"

Die Kirchen erhalten aufgrund alter Verpflichtungen der Länder Staatsgeld in Millionenhöhe. Die Ablösung ist schwierig, aber nicht unmöglich. FDP, Grüne und Linke haben einen Vorstoß gewagt. Was hält die Deutsche Bischofskonferenz davon?

Autor/in:
Christoph Scholz
Kirche und Geld / © Harald Oppitz (KNA)
Kirche und Geld / © Harald Oppitz ( KNA )

Seit mehr als hundert Jahren ist der Gesetzgeber eigentlich verpflichtet, die sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen "abzulösen". Am Freitag haben FDP, Grüne und Linke nun einen neuen Vorstoß unternommen. Sie legten einen Gesetzentwurf vor, der zunächst den Rahmen für entsprechende Verhandlungen zwischen Kirchen und Bundesländern schaffen soll.

Denn die Länder sind es - außer Hamburg und Bremen -, die den Kirchen derzeit insgesamt jährlich mehr als 500 Millionen Euro zahlen, wobei sich die Höhe von Land zu Land, von Diözese zu Landeskirche zum Teil deutlich unterscheidet. Vor allem ärmere Landeskirchen im Osten sind auf das Geld angewiesen.

Wachsende Bereitschaft für eine Lösung

Die Interessenlage ist kompliziert, und deshalb wurde die Ablösung bislang immer wieder verschoben.

Doch nun wächst die Bereitschaft für eine Lösung. Einen Grund nannte die religionspolitische Sprecherin der Linkspartei, Christine Buchholz: "Es ist nicht vermittelbar, warum die Kirchen bis in alle Ewigkeit Gelder erhalten, die aus geschichtlichen Ereignissen herrühren, die länger als 200 Jahre zurückliegen." Es sei an der Zeit, in einer pluralen Gesellschaft der weltanschaulichen Neutralität des Staates gerecht zu werden.

Die Kirchen können sich aber auf Gesetze, Verträge oder besondere Rechtstitel berufen, die vor allem auf Enteignungen von Besitz und Vermögen während der Säkularisation zurückzuführen sind.

Schon die Weimarer Reichsverfassung von 1919 gab dem Gesetzgeber den Auftrag, diese Leistungen abzulösen. Das Grundgesetz hat dies übernommen. Es fordert den Bund auf, in einem sogenannten Grundsätzegesetz die Rahmenbedingungen für die Verhandlungen zwischen Kirchen und Ländern zu schaffen.

Der jetzige Entwurf beziffert die Höhe der Ablösesumme nach dem Äquivalenzprinzip auf den 18,6-fachen Wert der jährlich zu leistenden Zahlung, wobei das Jahr 2020 zugrunde gelegt werden soll - das wären rund zehn Milliarden Euro. Wobei Abschläge möglich sein sollen und die Kirchen auch anders als in Geld entschädigt werden können.

Aufgrund der unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten sollten die Vorgaben möglichst flexibel sein, betonte der religionspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Stefan Ruppert. Ein verbindlicher Zeitrahmen soll aber verhindern, dass die Verhandlungen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Nach dem Inkrafttreten des Grundsätzegesetzes müssten die Länder demnach innerhalb von fünf Jahren eigene Gesetze erlassen; die Ablösung selbst müsste dann binnen zwanzig Jahren abgeschlossen sein.

Ob es aber überhaupt zu dem Grundsätzegesetz kommen wird, ist offen.

Die Linkspartei scheiterte 2012 mit einem ähnlichen Ansinnen. Der nun vorliegende Entwurf, entspricht der Beschlusslage von immerhin drei Parteien und könnte als Gesprächsgrundlage erfolgreicher sein.

Die Vertreter aller drei Parteien bekundeten ihre Wertschätzung der Kirchen und betonten, dass sich die Vorlage nicht gegen diese richte. Und nach den Worten von Konstantin von Notz (Grüne) begleiteten beide Kirchen "den Prozess auch konstruktiv, interessiert und gutwillig".

Bischofskonferenz sieht "hilfreiche Anknüpfungspunkte"

Der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, äußerte sich auf Anfrage vorsichtig und betonte, der Entwurf biete "hilfreiche Anknüpfungspunkte" für "notwendige weitere grundlegende Erörterungen". Der Finanzdezernent der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Stefan Große, sprach von einer "interessanten parlamentarischen Initiative". "Der Weg bis zu einer Einigung wird allerdings lang und schwierig sein", prophezeite er.

FDP-Politiker Ruppert forderte die große Koalition auf, sich der Initiative anzuschließen. Gleichzeitig räumte er aber ein, dass die Vorlage möglicherweise nur eine "Werkzeugkiste" auf dem Weg zu einer Lösung sein könnte.

Entscheidend dürfte dabei die direkte Einbeziehung aller Betroffenen sein, also der Vertreter der Bundesländer und der Kirchen. Nur sie "stellt sicher, dass bestehende staatskirchenrechtliche Vereinbarungen zwischen Bundesländern und Kirchen sowie regionale Unterschiede und Besonderheiten bei der Erstellung des Grundsätzegesetzes Berücksichtigung finden", sagte Kopp.


Quelle:
KNA
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