Hilforganisationen und EU fordern humanitäre Hilfe im Nahostkonflikt

Hilfsgüter ausgebremst

Trotz internationaler Hilfsbemühungen wird die Situation der Bevölkerung im Libanon zunehmend kritischer. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sprach von Nahrungs- und Trinkwassermangel vor allem im israelisch-libanesischen Grenzgebiet. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) appellierte an die Konfliktparteien, die Zivilbevölkerung zu schützen und Hilfskorridore zuzulassen.

 (DR)

Trotz internationaler Hilfsbemühungen wird die Situation der Bevölkerung im Libanon zunehmend kritischer. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sprach von Nahrungs- und Trinkwassermangel vor allem im israelisch-libanesischen Grenzgebiet. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) appellierte an die Konfliktparteien, die Zivilbevölkerung zu schützen und Hilfskorridore zuzulassen. Die EU stellte weitere zehn Millionen Euro Soforthilfe bereit. Papst Benedikt XVI. betonte, er hoffe dass die seit Mittwoch laufende Krisenkonferenz in Rom konkrete Ergebnisse für einen raschen Frieden bringen werde.

Allein rund um die südlibanesische Stadt Tyrus seien 110.000 Menschen von Nahrungsmittel- und Trinkwassermangel bedroht, erklärte das DRK am Mittwoch in Berlin. Die Situation werde von Tag zu Tag schlimmer. Besonders Kinder seien gefährdet. Das DRK kündigte an, an diesem Donnerstag erste Hilfslieferungen mit 20 Tonnen Babynahrung in den Libanon zu senden. Das katholische Hilfswerk Caritas schlug angesichts der weiter steigenden Zahl von Binnenflüchtlingen Alarm. "Wir wissen nicht mehr, wo wir die Flüchtlinge noch unterbringen sollen", erklärte der Direktor von Caritas Libanon, George Khoury, wie Caritas international am Mittwoch in Freiburg mitteilte.


Soforthilfe der EU
Die EU-Kommission hat weitere zehn Millionen Euro an humanitärer Hilfe für den Libanon zur Verfügung gestellt. Zudem sollten zusätzliche 30 Millionen Euro bei der EU-Haushaltsbehörde beantragt werden, teilte ein Kommissionssprecher am Mittwoch in Brüssel mit. Über die Freigabe dieser Gelder müssten Europaparlament und EU-Ministerrat entscheiden. Vor einer Woche hatte die EU-Kommission bereits zehn Millionen Euro als Nothilfe gezahlt.

Der zuständige EU-Kommissar Louis Michel appellierte erneut an beide Seiten, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren. Es müssten dringend humanitäre Korridore geschaffen werden. Derzeit stünden Konvois mit Hilfsgütern an den Grenzen oder in Beirut. Nur wenige von ihnen und bei weitem nicht ausreichend viele seien bis in den am stärksten betroffenen Süden des Libanon durchgedrungen.

Hilfe bei Evakuierung von Bürgern aus Entwicklungsländern
Um rund 10.000 Bürgern aus Entwicklungsländern die Ausreise aus dem Libanon zu ermöglichen, bewilligte die EU weitere elf Millionen Euro. Vor allem Frauen und Kinder sollten damit außer Landes gebracht werden und in den Transitländern Syrien, Jordanien und Zypern unterstützt werden. Nach Schätzungen lebten vor Beginn des jüngsten Konflikts bis zu 200.000 Gastarbeiter aus Entwicklungsländern im Libanon. Die meisten von ihnen stammen nach EU-Angaben aus Sri Lanka, den Philippinen, Äthiopien und Bangladesch, aber auch aus Ghana, Vietnam und Nepal.

Medikamente sind knapp
Die libanesische Assoziation des Malteserordens versorgt inzwischen mehr als 2.000 Vertriebene im ganzen Land mit Medikamenten und Erster Hilfe. "Die Lage im Libanon ist dramatisch - besonders im Süden", berichtet Paul Saghbini, der Direktor der libanesischen Malteser: "In Rmeich nahe der israelischen Grenze sind die Bewohner und 8.000 Vertriebene wegen der Kämpfe eingeschlossen. Einer unserer Ärzte behandelt die Menschen, doch es fehlen Medikamente, Milch für Kleinkinder, Brot und Trinkwasser."

Vier Gesundheitszentren im Südlibanon, in Beirut und in der Bekaa-Ebene kümmern sich um Vertriebene, die meist in Schulen untergebracht sind. Wegen Hamsterkäufen der Bevölkerung und wegen des schwierigen Transports sind Medikamente an vielen Orten knapp. Zudem reichen die sanitären Anlagen in den Schulen nicht aus. "Die Hälfte der Geflohenen sind Kinder", sagt Saghbini: „Wir kümmern uns besonders um sie, denn sie sind in einer solchen Situation besonders anfällig für Krankheiten." Sorge bereitet den Maltesern auch das beginnende Schuljahr, denn es ist unklar, wo die Vetriebenen dann unterkommen können.

Die Malteser in Deutschland unterstützen die Arbeit der libanesischen Malteser mit 60.000 Euro. Die libanesischen Malteser betreiben zehn Gesundheitszentren, von denen aber eines durch Luftangriffe der israelischen Armee beschädigt wurde und nicht mehr zugänglich ist.

Diakonie und Caritas fordern humanitäre Korridore im Libanon
Diakonie und Caritas haben humanitäre Hilfskorridore im Libanon gefordert. Diese seien zur Versorgung der Flüchtlinge im Land dringend erforderlich, erklärten die Hilfsorganisationen am Mittwoch in Stuttgart und Freiburg und riefen zu Spenden auf. Die humanitäre Situation in der Region verschlechtere sich von Tag zu Tag. Mindestens 650.000 Menschen sind den Angaben zufolge im Libanon auf der Flucht.

„Die Menschen brauchen umgehend Wasser, Lebensmittel und medizinische Hilfe", sagte die Direktorin der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Israel habe die zugesagten sicheren Transportwege in den Südlibanon noch immer nicht eingerichtet, kritisierte sie. In der libanesischen Hauptstadt Beirut sei dagegen die Hilfe für Vertriebene angekommen. Lebensmittel und Hygieneartikel seien an 2.000 Familien verteilt worden. Rund 100.000 Flüchtlinge hätten Zuflucht in Kirchen, Klöstern und christlichen Schulen gefunden.

Zahl der versorgten Flüchtlinge verdreifacht
Die Zahl der von Caritas Libanon versorgten Flüchtlinge hat sich in den vergangenen sechs Tagen auf über 70.000 Menschen verdreifacht. „Wir wissen angesichts des weiter steigenden Andrangs nicht mehr, wo wir die Flüchtlinge noch unterbringen sollen", erklärte der Direktor von Caritas Libanon, George Khoury, wie Caritas international am Mittwoch in Freiburg mitteilte.

Nach den Angaben sind Auffangzentren, Kirchen, Schulen und Moscheen überfüllt. Einige Caritas-Teams berichteten von Engpässen beim Trinkwasser. Hilfsgüter könnten wegen der hohen Preise kaum mehr im Land gekauft werden. Es sei daher lebensnotwendig, Hilfe aus dem Ausland in den Libanon zu bringen.Unverändert kritisch sei die Sicherheitslage für Flüchtlinge und Helfer. "Unsere Hilfskonvois sind Bombardierungen und Granatfeuer ausgesetzt", sagte Khoury.

Ein humanitärer Hilfskorridor sei dringend notwendig
Mittlerweile könne Caritas Libanon die für die Versorgung der Flüchtlinge notwendigen Hilfsgüter auf Grund der extrem gestiegenen Preise kaum mehr im Land kaufen. Daher sei es lebensnotwendig, dass den Hilfsorganisationen ermöglicht werde, Lebensmittel und Medikamente aus dem Ausland in den Libanon hineinzubringen.

UNICEF fordert Versorgungskorridore und Waffenruhe in Nahost
UNICEF hat seine Forderung nach Schutz und Hilfe für die vom Nahost-Konflikt betroffene Bevölkerung bekräftigt. Das UN-Kinderhilfswerk appellierte am Mittwoch in Köln an die Konfliktparteien, die Zivilisten „aus dem Kreuzfeuer der Gewalt" zu nehmen. Mit jedem Tag, den die Kämpfe weitergehen, verschärfe sich die Lage vor allem für die Kinder. Neben sicheren Korridoren für den Transport von Hilfsgütern forderte die Hilfsorganisation auch eine umgehende Waffenruhe.

Etwa ein Drittel der 357 Toten und über 1.500 Verletzten im Libanon sind nach UNICEF-Schätzungen Kinder und Jugendliche. Über 110.000 Flüchtlinge in Schulen und öffentlichen Gebäuden bräuchten Wasser, sanitäre Anlagen, Nahrung und medizinische Hilfe, hieß es. Wegen der Zerstörungen durch die israelischen Angriffe sei die Grundversorgung großer Teile der Bevölkerung nicht mehr gesichert. Viele Kinder auf beiden Seiten seien verängstigt und stünden unter Schock, hieß es. Auch die humanitäre Situation im Gazastreifen habe sich durch die kriegerischen Auseinandersetzungen weiter verschlechtert.