Heidemarie Wieczorek-Zeul traf Dalai Lama

Berlin bleibt bei Tibet-Engagement

Kurz vor Ende seines Deutschlandbesuchs hat der Dalai Lama am Montag Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul getroffen. Die SPD-Politikerin sprach von einem "fruchtbaren" Gespräch. Der Dalai Lama hatte betont, dass China vom kulturellen Erbe Tibets profitieren könne. Gleichzeitig betonte er, dass zur Zeit die Trauer um die Opfer des Erdbebens Vorrang vor politischen Fragen habe.

 (DR)

mmer mehr Menschen realisierten, dass die buddhistische Kultur eine Kultur des Friedens, des Mitgefühls und der Gewaltlosigkeit sei, sagte das geistliche Oberhaupt der Tibeter am Montag nach einem Treffen mit Bundestagsabgeordneten in Berlin. Es sei auch im Interesse der Millionen junger Chinesen, dass dieses Erbe bewahrt werde. Zu einer Solidaritätskundgebung mit dem Dalai Lama, der seinen mehrtägigen Deutschlandbesuch in der Hauptstadt beendete, kamen nach Polizeiangaben rund 20.000 Menschen.

Bei der Veranstaltung am Brandenburger Tor rief der Dalai Lama die Tibeter auf, in den nächsten Tagen auf politische Demonstrationen für die eigene Autonomie zu verzichten. Im Moment müsse vorrangig der zahllosen Menschen gedacht werden, die durch das Erdbeben in China ihr Leben, ihre Kinder und Freunde oder ihr Haus verloren hätten.

Der Dalai Lama bekräftigte erneut, dass er eine Ablösung seines Landes von China ablehnt: «Wir brauchen die wirtschaftliche Entwicklung Chinas, möchten aber eine echte Autonomie, die unsere Kultur schützt.» Das Brandenburger Tor mahne dazu, diese Freiheit allein auf gewaltfreiem Weg anzustreben, betonte der tibetische Mönch. «Nach dem 20. Jahrhundert des Blutvergießens wollen wir ein 21. Jahrhunderts des Dialogs». Dem Dalai Lama wurden 40.000 in Deutschland gesammelte Unterschriften übergeben, mit denen Freiheit für Tibet und seine Rückkehr dorthin gefordert wird.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), sagte im Anschluss an die Begegnung der Parlamentarier mit dem Friedensnobelpreisträger, der Dalai Lama habe auch bei diesem Treffen deutlich gemacht, dass er die kulturelle Selbstbestimmung Tibets im Rahmen des chinesischen Staates anstrebe.

Die Bundesregierung hatte zuvor erneut ihre Unterstützung für dieses Vorhaben signalisiert. Dies hatte am Morgen Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) betont, die als einziges Mitglied der Bundesregierung das geistliche Oberhaupt der Tibeter getroffen hatte.

Wieczorek-Zeul sagte nach einstündigen Treffen im Berliner Hotel Adlon, sie habe mit dem Friedensnobelpreisträger über die Notwendigkeit kultureller Autonomie sowie über den Dialog zwischen der chinesischen Staatsführung und dem Dalai Lama diskutiert. Dabei habe sie die Position der Bundesregierung vertreten. Weitere Themen seien die Frage nach der gerechten Gestaltung der Globalisierung sowie der Kampf gegen Armut und für die Menschenrechte gewesen.

SPD-Kritik im Vorfeld
In der SPD hatte es zuvor Kritik an dem Treffen zwischen der sozialdemokratischen Ministerin und dem Dalai Lama gegeben. Wieczorek-Zeul wies die Vorwürfe zurück. Der Dialog gehöre "zu den ureigensten Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit", sagte die Ministerin, die als einziges Mitglied der Bundesregierung während dessen Deutschland-Besuch mit dem Dalai Lama zusammenkam.

Der Versuch, das Treffen parteipolitisch zu deuten, werde weder den Menschen in Tibet gerecht noch der Persönlichkeit des Dalai Lama, sagte Wieczorek-Zeul. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg unterstrich im Anschluss an das Treffen der Ministerin, dieses sei auf ihre Initiative hin veranlasst worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe aber im Vorfeld davon erfahren und sei "sehr einverstanden" gewesen.

Beck fordert mehr Sensibilität
SPD-Chef Kurt Beck mahnt zu mehr Sensibilität im Umgang mit China. Er wundere sich über die aktuelle Debatte angesichts der Tatsache, dass das Land um die 50 000 Toten der Erdbebenkatastrophe trauere, sagte Beck der in Essen erscheinenden "Neuen Ruhr/Rhein Zeitung". "Wir sind verpflichtet, gründlicher und abgewogener vorzugehen", mahnte er.

Zum Gespräch von Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter, dem Dalai Lama sagte Beck: "Das Treffen ist nicht das Problem, sondern, dass die gesamte SPD-Führung überrascht wurde." Wieczorek-Zeul und er hätten sich ausgesprochen. "Ich gehe davon aus, dass sich so ein unabgestimmtes Verhalten in einer wichtigen Frage nicht mehr wiederholt", sagte der SPD-Chef.

Beck betonte, niemand stelle das Recht der Tibeter in Frage, für eine größere kulturelle und religiöse Autonomie zu kämpfen. Seine Partei setze sich für Menschenrechte ein, und die Regierung sei diplomatisch auf dem richtigen Weg gewesen. "Aber die symbolischen Gesten haben diese Bemühungen an den Rand gedrängt", kritisierte er.

Beck erklärte, der Dalai Lama habe im Frühjahr um ein Treffen mit ihm gebeten. Die Anfrage sei aber zurückgezogen worden, weil Rheinland-Pfalz nicht zum Besuchsprogramm des Dalai Lama gehörte.