"Haus der Religionen" nach Renovierung wiedereröffnet

"Es braucht das Vertrauen"

Das "Haus der Religionen" erstrahlt in neuem Glanz, bietet Räume für Ausstellungen, Seminare und einen großen Saal für Veranstaltungen. Auch humanistische Verbände sind beteiligt. Wie das funktioniert, erklärt der Vereinsvorsitzende.

Hamideh Mohagheghi (l), Sprecherin des Rates der Religionen, und Wolfgang Reinbold (r), 1. Vereinsvorsitzender Haus der Religionen / © Michael Matthey (dpa)
Hamideh Mohagheghi (l), Sprecherin des Rates der Religionen, und Wolfgang Reinbold (r), 1. Vereinsvorsitzender Haus der Religionen / © Michael Matthey ( dpa )

DOMRADIO.DE: Christen, Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten, Bahai, Aleviten, Jesiden und Humanisten kommen im Haus der Religionen zusammen. Was genau passiert in dem Haus?

Wolfgang Reinbold, Vorsitzender des Trägervereins "Haus der Religionen - Zentrum für interreligiöse und interkulturelle Bildung" / © Michael Althaus (KNA)
Wolfgang Reinbold, Vorsitzender des Trägervereins "Haus der Religionen - Zentrum für interreligiöse und interkulturelle Bildung" / © Michael Althaus ( KNA )

Wolfgang Reinbold (1. Vorsitzender "Haus der Religionen" e.V.): Das Haus gibt es ja schon seit 2005. Also es passiert im Grunde nichts Neues, nur unter völlig neuen Bedingungen. Wir sind in den 1990er Jahren informell entstanden und dann 2005 - nach Besuchen in Religionsgemeinschaften, an Gebetsorten, hier und da an öffentlichen Orten - in dieses Haus eingezogen und hatten zum ersten Mal einen eigenen Ort. Wir haben dann die Arbeit dort aufgebaut, insbesondere mit Schulklassen, aber auch Gruppen von Lehrkräften, Erwachsenengruppen aller Art letztlich, die zu uns kommen. Das gibt es seit 2005.

Das Neue ist jetzt, dass wir aus der Improvisation heraus sind. Beispielsweise stand die Ausstellung auf dem Flur hinter einer Glasschiebetür. Stellen Sie sich vor, wenn da Leute durchlaufen und Sie grade mit einer Schulklasse davorstehen. Jetzt haben wir völlig neue Räume und neue Verhältnisse.

DOMRADIO.DE: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat ja das Bildungs- und Dialogzentrum mit einem Festakt offiziell eröffnet. Was hat er denn zum Start gesagt?

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Neueröffnung des Hauses der Religionen / © Michael Matthey (dpa)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Neueröffnung des Hauses der Religionen / © Michael Matthey ( dpa )

Reinbold: Der Bundespräsident hat sich bedankt für 30 Jahre ehrenamtliche Arbeit. Das ist ja ein Beispiel dafür, was aus dem Ehrenamt heraus entstehen kann. Denn fast niemand bekommt Geld für das, was er da tut. Jedenfalls alle, die es vorangebracht haben, haben es ehrenamtlich gemacht.

Das war der Dank und die Ermutigung, weiterzumachen und natürlich die Bestärkung aller darin, dass es eine wichtige Arbeit ist. Er hat am Schluss gesagt, was wir auch immer so empfunden haben, es sei ein Lernort der Demokratie, weil wir lernen, dort mit religiöser und weltanschaulicher Vielfalt umzugehen. Das ist wesentlich für alles, was wir in einer freiheitlich demokratischen Ordnung tun. Insofern reicht die Bedeutung weit über die Religionen hinaus.

DOMRADIO.DE: Unter den Religionen sind auch Glaubensansichten, die zum Beispiel mit dem Christentum ein bisschen kollidieren wie die Humanisten. Sie glauben, dass ein Leben ohne Gott gut sein und funktionieren kann. Wie geht man da in den Dialog?

Reinbold: Das funktioniert in dem Moment, wo die Gruppen bereit sind, die anderen auf ihre Art und Weise sein zu lassen. Das trifft ja für viele Religionen zu. Nehmen Sie Christentum und Islam: Aus der klassischen islamischen Sicht ist das Christentum natürlich eine falsche Religion und umgekehrt ebenso. Dieses Verhältnis ist gewachsen, dass die Religionen untereinander zum Teil sich klar abgrenzen und gleichzeitig aufeinander beziehen.

Der Islam wäre nicht entstanden, wenn er sich nicht vom Christentum und vom Judentum abgegrenzt hätte. Ähnliche Verhältnisse haben wir bei Buddhisten und Hindus. Insofern ist das Verhältnis der Humanisten zu den anderen nichts Besonderes.

Was wir erwarten und was die beteiligten humanistischen Verbände eben auch tun, ist, nicht zu fordern, dass die Religionen vom Erdball verschwinden müssen, weil nur dann die Menschheit eine Zukunft habe. Es gibt durchaus Gruppen, die sagen, wir werden nur vorankommen, wenn alle Religionen endlich vorbei sind. Das geht nicht. Aber der Humanistische Verband und die Humanistische Vereinigung sagen, sie repräsentieren ihrem Selbstbild nach im Grunde die nichtreligiöse philosophische Tradition Europas. Sie sind der Meinung, wenn die Weltanschauungen gewissermaßen ihr Bestes zusammentun zum Wohle der Gesellschaft, dass sie dann nicht fehlen sollten.

Es hat sich jetzt in einem 15-jährigen Prozess so eingespielt. Am Anfang waren viele skeptisch auf beiden Seiten, ob das gehen könnte. Aber das Vertrauen ist auch da gewachsen. Man kann so einen Prozess nicht auf Knopfdruck starten, sondern es braucht das Vertrauen. Die Akteure müssen wissen, dass sie nicht über den Tisch gezogen werden. Das haben wir auch mit den Humanisten mehr als ein Jahrzehnt eingeübt. Deshalb sind sie dabei und trauen sich, das zu tun, auch wenn "Haus der Religionen" oben draufsteht und sie natürlich keine sind im strengen Sinne. Aber wir sagen immer, wenn wir mehr Zeit haben, Religionen und Weltanschauungen, und dann passt es wieder.

Das Interview führte Michelle Olion.

Interreligiöser Dialog

Der interreligiöse Dialog ist der katholischen Kirche ein wichtiges Anliegen. Sie versteht darunter alle positiven Beziehungen mit Personen und Gemeinschaften anderen Glaubens, um sich gegenseitig zu verstehen und einander zu bereichern. Im Dialog geben die Gläubigen Zeugnis von der Wahrheit ihres Glaubens im Respekt vor der religiösen Überzeugung des Anderen. So gehören Dialog und Verkündigung zusammen.

Der interreligiöse Dialog wird auf unterschiedlichen Ebenen vollzogen:

Symbolbild: Interreligiöser Dialog / © godongphoto (shutterstock)
Symbolbild: Interreligiöser Dialog / © godongphoto ( shutterstock )
Quelle:
DR