DOMRADIO.DE: Was wollte denn der portugiesische König mit so einem ungewöhnlichen Geschenk zum Ausdruck bringen?
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte): Es war üblich, dass zur Wahl eines neuen Papstes, zu seiner Krönung, die anderen Souveräne Gastgeschenke überreichten. Natürlich wetteiferte man auch um die Bedeutung dieser Geschenke. Dann kam der portugiesische König auf die Idee, dem Papst exotische Tiere zu geben, weil er wusste, die Familie Medici, aus der der Papst kam, hatte selber in Florenz einen Zoo. So wollte man etwas Imposantes schaffen. Etwas, was nicht nur den Papst begeisterte, sondern auch etwas, was in der ganzen Welt bekannt wurde.
DOMRADIO.DE: Einen Goldfisch kann man ins Aquarium setzen. Wo bringt man denn einen Elefanten unter?
Nersinger: Es war Papst Leo X. durchaus bewusst, wie man das machen konnte, denn sein Vater hatte einen Privatzoo in Florenz. Er ließ dann auch die entsprechenden Leute aus Florenz kommen und man baute eine richtige kleine Wohnung für den Elefanten im Vatikan. Und auch so, dass dieser Elefant nicht nur zu seinem Vergnügen da war, sondern man an bestimmten Tagen in den Vatikan hinein kam und diesen Elefanten und seine Kunststücke bewundern konnte.
DOMRADIO.DE: Es gibt einige Geschichten, Legenden über Hanno, den Elefanten. Haben Sie eine Lieblingsepisode?
Nersinger: Ja, die Begrüßung ist eine sehr hübsche Geschichte. Als der Elefant in Rom mit einer großen Delegation, weit über 100 Leute, eintraf, waren auch der Papst, ein Großteil der Kardinäle und das diplomatische Corps der damaligen Zeit anwesend.
Man hatte für den Elefanten einen Kübel mit Wasser bereitgestellt. Der Elefant nahm dann mit seinem Rüssel etwas Wasser, trank es aber nicht, sondern spritzte es über die ganze Menge. Alle waren entsetzt, vor allem die portugiesische Gesandtschaft, weil das ein Eklat war. Aber der Papst, der durchaus für solche Sachen zu haben war, hielt sich den Bauch vor Lachen und er fand das toll. Vor allen Dingen gab es dann noch eine Geste, die noch mehr zur Überraschung diente: Der Elefant machte eine Verbeugung, er kniete fast vor dem Papst nieder.
DOMRADIO.DE: Wie ist der Elefant Hanno dann schlussendlich gestorben?
Nersinger: Es war vermutlich eine Magenverstimmung. Man hat mit den damaligen Mitteln versucht, diese Krankheit oder diesen Umstand zu heilen, hat ihm sogar Gold gegeben, was damals durchaus von den Ärzten üblich war. Aber das half leider alles nichts und der arme Elefant ist dann doch recht kläglich verstorben und das mit Begleitung des Papstes, den diese Sache doch sehr mitgenommen hatte.
DOMRADIO.DE: So gesehen aber fast noch glücklich, dass der Papst tatsächlich länger im Amt war, als der Elefant gelebt hat.
Nersinger: Ja und das Verrückte ist auch, dass man 1962 Ausgrabungen im Vatikan gemacht hat, in der Nähe der Vatikanischen Museen und tatsächlich auf Elefantenknochen stieß. Damit war auch jeder Verdacht, es sei eine Legende oder es sei erfunden worden, ausgeräumt.
Man kann Hanno sogar heute besuchen, denn von den Überresten sind Teile der Zähne in die Schatzkammer von St. Peter gekommen.
DOMRADIO.DE: Das heißt, der Elefant ist nicht nur Randnotiz der Geschichte, sondern man denkt auch immer mal wieder an ihn.
Nersinger: Ja und er ist auch in einigen Zeichnungen und Bildern von Raffael und seinen Schülern verewigt worden. Man kann ihn im Apostolischen Palast in einem Fresko bewundern. Also nicht nur durch die Geschichten, sondern auch sehr handfest hat Hanno mehr als 500 Jahre lang überlebt.