Was die Parteien im Kampf gegen Missbrauch tun wollen

Härtere Strafen und Schutzkonzepte

Was tun gegen Missbrauch? Der scheidende Missbrauchsbeauftragte Rörig möchte, dass sich der Bundestag mehr engagiert. In den Wahlprogrammen findet sich zu dem Thema allerdings nicht viel.

Autor/in:
Birgit Wilke
Plakat mit der Aufschrift Fragt die Betroffenen (Archiv) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Plakat mit der Aufschrift Fragt die Betroffenen (Archiv) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Zuletzt hatte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Kampf gegen Missbrauch stark gemacht und mehr Anstrengungen gefordert. Es reiche nicht aus, nur zu reagieren, wenn besonders drastische an Kindern und Jugendlichen verübte Straftaten öffentlich würden, mahnte er im Frühsommer.

Notwendig sei eine "Haltung des Hinschauens". Viele Betroffene wünschen sich schon seit Längerem eine stärkere Beteiligung des Parlaments. Im Frühjahr hatten einige Missbrauchsopfer eine entsprechende Petition an Mitglieder des Bundestags überreicht und die Abgeordneten aufgefordert, für die Aufarbeitung von Missbrauch eine unabhängige Wahrheitskommission einzurichten.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, wandte sich zuletzt ebenfalls an die Bundestagsabgeordneten. In einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) appellierte er im Juli an die Politiker, sich an der Aufarbeitung zu beteiligen und selbst an der bestehenden unabhängigen Aufarbeitungskommission mitzuwirken.

Rörig fordert Berichtspflichten

Rörig, der zum Ende der Legislatur aus seinem Amt scheidet, wünscht sich zudem für seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin, dass das Amt gesetzlich verankert wird - mit entsprechenden Berichtspflichten gegenüber dem Parlament. Der Blick in die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien zeigt, dass sich dort zum Thema Missbrauch vergleichsweise wenig findet.

Rörigs Appell, das Amt gesetzlich zu verankern, haben nur die Grünen aufgenommen. Zudem will die Partei Fachberatungsstellen weiter ausbauen sowie telefonische und Online-Beratungsangebote finanziell absichern. Die SPD will Schutzkonzepte in Kitas, Schulen und Jugendhilfe-Einrichtungen unterstützen und unabhängige Ombudsstellen einrichten.

Sie kann hier allerdings lediglich an die Bundesländer appellieren, derartige Konzepte umzusetzen. Zudem setzen sich die Sozialdemokraten für Schutzstandards auch im digitalen Raum ein. Die Gerichte sollten im Sinne einer "kindersensiblen Justiz" auf Kinder und Jugendliche Rücksicht nehmen.

SPD fordert Fortbildung für Richter

Die SPD-Politikerin und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hatte einen solchen Umgang bereits angemahnt und in einem in diesem Jahr beschlossenen Gesetz über eine Strafverschärfung für Missbrauchstäter entsprechende Fortbildungen für Richter und Richterinnen aufgeführt.

Union will Fußfesseln für Sexualstraftäter

Die Union verspricht in ihrem Wahlprogramm vor allem eine weitere Strafverschärfung für Täter. So solle bei Sexualstraftätern etwa der Einsatz der elektronischen Fußfessel erweitert werden. Eine Missbrauchstat solle zudem auch einen lebenslangen Eintrag im erweiterten Führungszeugnis zur Folge haben.

Weiter setzen CDU und CSU auf eine groß angelegte Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne, und sie möchten die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Jugendhilfe verbessern, damit bei einem begründeten Verdacht schnell gehandelt werden kann.

Linke, FDP und AfD mit wenig Aussagekraft

In den Programmen von Linkspartei, FDP und AfD finden sich dagegen zum Thema Kinderschutz nur recht allgemeine Aussagen. So schreibt die Linkspartei in ihrem Wahlprogramm: Um Gewalt gegen Frauen und Kinder zu bekämpfen, sei eine Vollfinanzierung von Frauenberatungsstellen notwendig.

Die AfD setzt sich für eine Inobhutnahme von Kindern durch das Jugendamt nur in Ausnahmefällen ein. Der scheidende Regierungsbeauftragte Rörig ist trotzdem zuversichtlich, dass die neue Bundesregierung das Thema weit oben auf ihre Agenda setzen wird.

Er will sich mit seinen Vorschlägen in die Koalitionsgespräche einbringen und «"oraussichtlich solange im Amt bleiben, bis meine Nachfolge feststeht".

Im KNA-Interview betonte er, sicher zu sein, dass mit dem bisher Erreichten und "vielleicht auch mit den Anstößen, die ich noch geben kann", der Druck auf Politiker und Institutionen, sich mit dem Thema Missbrauch auseinanderzusetzen, so groß werde, dass ein Ausweichen nicht mehr möglich sei.


Johannes-Wilhelm Rörig / © Gregor Fischer (dpa)
Johannes-Wilhelm Rörig / © Gregor Fischer ( dpa )
Quelle:
KNA