Guido Westerwelle kann als Außenminister sein Image als Parteipolitiker nicht ablegen

Die Ausnahme von der Regel

Die Bundesregierung hat sich in dieser Woche in die Sommerpause verabschiedet. Begleitet von reichlich Spott und Hähme über das bisher Erreichte. Vor allem FDP-Chef Gudio Westerwelle: die Ausnahme von der Regel, dass die Würde des Amtes jeden Außenminister gut dastehen lässt.

Autor/in:
Ellen Großhans
 (DR)

Guido Westerwelle ist angeschlagen. Der Hals kratzt, die Nase läuft. Bei seinem Besuch in Uganda merkt man dem Bundesaußenminister an, dass er in den vergangenen sieben Tagen ein Marathonprogramm absolviert hat. Er war mit der Kanzlerin bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen in Jekaterinburg, dann folgten Reisen nach Usbekistan und Kirgistan und schließlich die Afghanistan-Konferenz in Kabul mit einem Abstecher bei den deutschen Truppen in Masar-i-Scharif.

Westerwelle niest, aber er hält durch. Auch bei seinem Besuch in der ugandischen Hauptstadt Kampala am Donnerstag und dem anschließenden Antrittsbesuch in der Republik Zypern am Freitag will er sich keine Blöße geben.

Westerwelle hat den Ehrgeiz, als Außenminister so schnell wie möglich überall gewesen zu sein. Von den 27 EU-Mitgliedsstaaten fehlen ihm seit Amtsantritt im vergangenen Oktober nur noch Irland, Litauen und Malta. Eisern folgt er seiner Devise, auch die kleinen europäischen Länder nicht außen vor zu lassen und der Zusammenarbeit mit ihnen mehr Gewicht zu geben. Den afrikanischen Kontinent besucht der Außenminister zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate. Neben seiner Rede als erster Außenminister auf dem Gipfel der Afrikanischen Union in Kampala schafft Westerwelle das Kunststück, sich innerhalb kürzester Zeit mit mehr als 20 afrikanischen Amtskollegen auszutauschen.

Der Außenminister Westerwelle rackert sich ab. Doch wenn sich der studierte Rechtsanwalt mit dem ugandischen Außenminister über Streitigkeiten um die Nilwassernutzung unterhält, verursacht das im politischen Berlin im besten Fall ein fragendes Schulterzucken. Dagegen schafft es ein Gastkommentar des FDP-Vorsitzenden Westerwelle zu "spätrömischer Dekadenz" nach der Karlsruher Hartz-IV-Entscheidung wochenlang in die Schlagzeilen. In den Umfragen sind die Beliebtheitswerte des Politikers beständig im freien Fall.

Er macht nicht nur nichts falsch, sondern einiges goldrichtig
Westerwelle ist die Ausnahme von der Regel, dass die Würde des Amtes jeden Außenminister gut dastehen lässt. Dabei hat er sich bisher keine nennenswerten diplomatischen Patzer geleistet und der Weltöffentlichkeit bewiesen, dass seine Englischkenntnisse die des neuen EU-Energiekommissars Günther Oettinger deutlich übersteigen.

Wie Westerwelle in Kampala zeigt, macht er nicht nur nichts falsch, sondern einiges goldrichtig. Bei seinem Besuch im Kyadondo Rugby Club, wo bei einem Terroranschlag somalischer Islamisten am 11. Juni in Kampala zahlreiche Fußballfans getötet wurden, findet der Außenminister die richtigen Worte und Gesten. "In tiefer Trauer und Anteilnahme - Guido Westerwelle", schreibt er ins Kondolenzbuch. Dem Minister ist anzusehen, dass er seinen Gemütszustand damit ehrlich beschreibt. Dieses Mitgefühl bemerkt auch die ugandische Presse und berichtet eifrig.

Dass sich die einheimischen Journalisten mehr für die deutschen Trauerkränze als für die Rede des deutschen Außenministers auf dem Gipfeltreffen der Afrikanischen Union interessieren, ist ihnen nicht zu verdenken. So brillant der Innenpolitiker Westerwelle vor dem Bundestag frei reden kann, so fest klammert sich der Außenminister an sein englisches Manuskript. Zwar hat Westerwelle mittlerweile einige Themen wie Abrüstung oder die Partnerschaft mit den kleinen und osteuropäischen Nachbarländern für sich entdeckt. Die Leidenschaft des Parteipolitikers sucht man bei dem Außenpolitiker Westerwelle aber bislang vergebens.