Grundstein für das Reformations-Panorama in Wittenberg gelegt

Luther - durch die Brille des Künstlers

Yadegar Asisi hat die Berliner Mauer und den Bombenangriff auf Dresden als 360-Grad-Panoramen dargestellt. Jetzt wurde der Grundstein für die Rotunde gelegt, auf der sein Reformationsprojekt in Wittenberg errichtet wird.

Autor/in:
Nina Schmedding
Grundsteinlegung für die Panorama-Rotunde mit Yadegar Asisi und Margot Käßmann / © Hendrik Schmidt (dpa)
Grundsteinlegung für die Panorama-Rotunde mit Yadegar Asisi und Margot Käßmann / © Hendrik Schmidt ( dpa )

Der Mann schaut die Frau, die auf dem Bett liegt, lange an. Dann zieht er sich das Bürgergewand über. Auf dem Stuhl liegt eine schwarze Mönchskutte - für immer abgelegt. Reformator Martin Luther (1483-1546) ist kein Ordensmann mehr.

Begehbare Szenerie

Die Liebesszene wird zu einem der 50.000 Fotos, die der iranische Künstler Yadegar Asisi für sein 360-Grad-Panorama zum Reformationsgedenken 2017 zusammenfügt. Eine begehbare Szenerie, die mitten im Wittenberger Stadtzentrum auf einer Rotunde ausgestellt wird. Am Mittwoch wurde der Grundstein dafür gelegt. Ausgerechnet "Ecke Martin-Luther-Straße" soll das 75 mal 15 Meter große Werk entstehen. Gezeigt wird das städtische Leben vor 500 Jahren, als Luther mit der Veröffentlichung seiner Ablassthesen am 31. Oktober 1517 der Überlieferung nach die Reformation auslöste.

Außer einer großen Baustelle, Schutt und Baufahrzeugen ist bisher noch nichts zu sehen. Aber Margot Käßmann, evangelische Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017, die für die Grundsteinlegung aus Berlin angereist ist, hat bereits konkrete Ideen für das Riesenbild.

Niedrigschwelliges Angebot

"Wenn ich hier in Wittenberg auf dem Marktplatz sitze, kann ich mir gut vorstellen, wie es damals war - wie Luthers Ehefrau Katharina von Bora die Straße entlang ging und dabei Melanchthon begegnete", sagt sie lächelnd. Ihrer Einschätzung nach ist die begehbare Szenerie auch für Kirchenferne interessant. "Es ist ein niedrigschwelliges Angebot für Menschen, die nichts mit der Kirche zu tun haben", so die ehemalige Landesbischöfin Hannovers. So könnten sie erfahren, "wie Wittenberg zu Zeiten Martin Luthers aussah" und sich mit dem Thema auseinandersetzen.

Schauspielschüler aus Leipzig und Komparsen aus Wittenberg machen bei dem Projekt mit. Meistens werden die Bilder im Freien inszeniert. Bis Oktober 2016 stehen noch zwei Foto-Shootings an - dann wird das Panorama eröffnet, das fünf Jahre lang bestehen soll und für elf Euro Eintritt besichtigt werden kann.

Betreiber des Panoramas ist die "Luther 1517 gGmbh", eine Tochtergesellschaft des Vereins "Reformationsjubiläum 2017", der im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Deutschen Evangelischen Kirchentags gegründet wurde. Der Bau des Panoramas kostet nach Angaben des Vereins "Reformationsjubiläum 2017" 2,5 Millionen Euro. Projektträger sind die Asisi GmbH, der Verein Reformationsjubiläum 2017 und die Lutherstadt Wittenberg.

In spätmittelalterliche Welt versetzen

"Ich kreiere ein Bild. Das habe ich schon im Kopf. Jede einzelne Szene", erklärt Asisi. Dazu gehören etwa Luthers legendärer Thesenanschlag an der Schlosskirche oder auch eine Hexenverbrennung. Der Betrachter soll sich ganz in die spätmittelalterliche Welt hineinversetzt fühlen.

Asisi, der einen schwarzen Mantel zum weißen Dreitagebart trägt, will mit seinen Bildern "einen einfachen Tag" fotografisch umsetzen. Er möchte zeigen, dass "aus der Normalität etwas in Bewegung kam, das zur Reformation führte". Anders als bei seinen anderen Projekten stehen bei Luther nicht die Architektur, sondern die Personen im Vordergrund.

Die Bettszene sei ihm wichtig gewesen, betont Asisi. "Ich wollte die innere Umwälzung zeigen, die der Reformator durchmacht. Auch Luther ist ein Mann. Da kann er sich 100 Mal sagen, dass er Gott dienen will. Er spürt die Säfte in sich toben." Die Absage Luthers an die Keuschheit - mit immerhin schon 40 Jahren - sei für ihn auch ein Ausdruck des Aufbegehrens. "Und vielleicht auch ein Teil von Luthers Motivation", so Asisi. Er wolle das mit seinem Werk aber nur andeuten. "Ich liefere keine Antworten."

Asisi, der 1955 in Wien als Sohn persischer Emigranten geboren wurde, gehört selbst keiner Religion an. "Ich bin nichts", sagt er über sich. Aber auch: "Am Glauben komme ich nicht vorbei."


Quelle:
KNA