Greenpeace zu den Chancen der Weltklimakonferenz in Polen

"Die Finanzkrise bietet auch Möglichkeiten"

Fachleute aus aller Welt diskutieren seit Montag im polnischen Poznan über die Entwicklung eines Nachfolgeabkommens für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll. Keine leichte Aufgabe: Im Vorfeld wurden zahlreiche Stimmen laut, die die Umsetzbarkeit von Klimaschutzzielen in Zeiten der Finanzkrise bezweifeln. "Das ist so ein riesiges und globales Problem, dass sich die Industriestaaten gar nicht aus der Verantwortung stehlen können", glaubt dagegen im domradio-Interview der Klimaschutzexperte Tobias Münchmeyer von Greenpeace.

 (DR)

"Die Finanzkrise bietet auch Möglichkeiten", so Münchmeyer. Für die Betriebe sei das die Zeit, in die Realwirtschaft und Zukunftswerte - vor allem im Energiesektor - zu investieren.

Auch der Leiter des UN-Umweltprogramms Achim Steiner glaubt, dass Klimaschutzpolitik Chancen zur Überwindung der Wirtschaftskrise bieten kann. Sie bereite den Boden für neue Technologien, neue Arbeitsplätze und neue wirtschaftliche Impulse. In den Konjunkturprogrammen zur Finanzkrise sollten Klimaschutzziele verankert werden. "Man kann die Finanzkrise nicht auf Kosten der Klimakrise lösen", so Achim Steiner.


Gabriel rechnet in Poznan nicht mit wichtigen Klima-Beschlüssen
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) dagegen rechnet nicht mit entscheidenden Beschlüssen. "Man darf an diese Zwischenkonferenz keine all zu hohen Erwartungen stellen", sagte Gabriel am Dienstag im Bayerischen Rundfunk. Fortschritte seien erst auf der Klimakonferenz im Dezember 2009 in Kopenhagen zu erwarten. "In Posen wird auch ein Stück Mikado gespielt werden. Nach dem Motto: Wer sich zu erst bewegt, hat verloren", sagte der Minister.

Auch der Chef-Ökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer, dämpft die Erwartungen an die Schwellenländer. Es sei unrealistisch zu glauben, dass sich China und Indien schon jetzt über ein internationales Abkommen zur Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen verpflichten könnten, sagte der Wissenschaftler im Deutschlandradio Kultur.

"Brot für die Welt" warnt Angela Merkel
Die evangelischen Hilfswerke "Brot für die Welt" und Evangelischer Entwicklungsdienst warnten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) davor, die deutsche Industrie von der Versteigerung der Emissionsrechte auszunehmen. "Opfern Sie nicht den Klimaschutz den kurzfristigen Interessen klimaschädlicher Industrien - Sie verschärfen damit die Klimakatastrophe in Asien und Afrika, hemmen den notwendigen Umbau unserer Wirtschaft und verspielen unser Ansehen als klimapolitischen Vorreiter", sagte Thomas Hirsch von "Brot für die Welt".

Fachleute aus aller Welt diskutieren bis 12. Dezember in Poznan über die Entwicklung eines Nachfolgeabkommens für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll. Damit verpflichten sich die Industrieländer, ihre Schadstoffemissionen zu reduzieren. Bis Ende 2009 soll eine Weiterführung der Vereinbarung erreicht werden.