Eine Lobbygruppe für Christen im US-Außenministerium

"Gnade" - Wie Mike Pompeo mit GRACE Grenzen überschreitet

US-Außenminister Mike Pompeo vermischt Politik und Religion wie keiner vor ihm im Amt. Seit kurzer Zeit gibt es in seinem Ministerium eine Lobbygruppe für Christen. Sie nennen sich GRACE, was so viel wie Gnade bedeutet.

Autor/in:
Thomas Spang
Kirche in den USA / © PhotoLizM (shutterstock)

Die 176 Mitglieder der Gruppe GRACE treffen sich in Gebäuden der US-Regierung und benutzen deren Computer, E-Mail-Konten und Onlineportale, um für sich zu werben. Sie laden regelmäßig Redner ein, die bevorzugt aus der Welt der christlichen Rechten stammen. Das erklärte Ziel von GRACE: Die Gruppe wirbt für Religionsfreiheit im Außenministerium. Mike Pompeo macht dabei gar nicht erst den Versuch, die Vermischung seiner säkularen politischen Aufgabe mit seiner eigenen religiösen Mission zu kaschieren.

Im November stellte der Außenminister eine Rede auf die offizielle Website seines Ministeriums, die er Mitte Oktober in Tennessee vor der American Association of Christian Counselors gehalten hatte. Vor Vertretern der weltweit größten Organisation christlicher Seelsorger legte Pompeo unter dem Titel "Being a Christian Leader" (Ein christlicher Führer sein) dar, wie ihn sein Glaube bei seinen Entscheidungen leite.

Sorge um Positionierung

Als Privatmann wäre das sein gutes Recht, halten ihm Kritiker zugute. In seinem Amt gehe das aber gar nicht, so der Exekutivdirektor der Interreligiösen Allianz, Jack Moline. "Die Verfassung kann keine Bowling-Ligen verbieten, aber wenn es um Religion geht, ist sie eindeutig." Pompeo nutze staatliche Ressourcen zur Unterstützung einer ganz bestimmten religiösen Gruppe, so Moline. Wenn sich die Regierung einer bestimmten Religion zu sehr annähere, sei größte Vorsicht geboten.

Pompeos Tennessee-Rede auf der Homepage des Außenministeriums ist nicht sein einziger Versuch, evangelikale Anliegen als offizielle Politik der Trump-Regierung zu verbreiten. Im Juli berief er eine "Kommission für unveräußerliche Rechte" ein. Sie setzt sich aus religiös Konservativen zusammen und hat als erklärtes Ziel, eine rechtliche Gleichstellung von Schwulen, Lesben und Transgender zu verhindern.

Bereits im Februar half Pompeo, GRACE aus der Taufe zu heben, um, wie es heißt, "den Mehrwert" hervorzuheben, den Menschen durch ihren Glauben zum Außenministerium und "seiner Mission" beitrügen. Juristen halten das für angreifbar, weil diese "Lobbyarbeit" durch Steuermittel finanziert wird.

Bevorzugung der Stammwählerschaft

Seit Donald Trump im Weißen Haus die Politik bestimmt, ist die demonstrative Bevorzugung seiner evangelikalen Stammwählerschaft immer wieder Gegenstand von Kontroversen. Nicht nur Säkularisten, auch Vertreter anderer Religionsgemeinschaften zeigen sich beunruhigt.

Auch Katholiken haben nicht mehr denselben Zugang wie früher und liegen mit Trump beim Thema Einwanderung und Flüchtlingsfragen über Kreuz. Muslime finden ohnehin kein Gehör, und die Mehrheit der eher liberalen US-Juden fühlen sich marginalisiert. Sie sorgen sich um Antisemitismus, der seit Trumps Einzug ins Weiße Haus im Land grassiert.

Vermengung von Privatem und Offiziellen

Die einseitige Betonung sozial konservativer Positionen direkt aus dem Außenministerium ruft Kritiker wie Chris Seiple auf den Plan. Pompeo habe mit der Veröffentlichung seiner Tennessee-Rede eine Grenze überschritten. Der Berater der World Evangelical Alliance steht Pompeo zwar weltanschaulich nahe, beanstandet aber seine Amtsführung. Es gehe um die Frage, ob Regierungsbeamte eine bestimmte Religion fördern dürfen.

Auch Rabbiner David Saperstein, internationaler Botschafter der Abteilung für Religionsfreiheit unter US-Präsident Barack Obama, hat Probleme mit der Vermengung von Privatem und Offiziellen. Wenn Pompeo betone, "ein Führer der Christen zu sein, ist das problematisch", so Saperstein.

Mitglieder von GRACE ahnen wohl, dass ihre Vereinigung problematisch sein könnte. Anfragen der "Washington Post" an zwei Dutzend GRACE-Mitglieder im Außenministerium blieben nach Angaben der Zeitung unbeantwortet. Nur eine einzige Person meldete sich zurück: Sie lebe derzeit im Ausland und könne sich leider nicht äußern.


Quelle:
KNA