Gewerkschaften und Ärzte- und Pflegeverbände fordern mehr Geld für Krankenhäuser

Großdemonstration in Berlin

Über 100.000 Krankenhausmitarbeiter aus ganz Deutschland haben am Donnerstag in Berlin gegen Personalabbau und schlechte Arbeitsbedingungen in den Kliniken demonstriert. Mit Plakaten und Trillerpfeifen zogen Krankenschwestern, Ärzte und Verwaltungsangestellte in Sternmärschen zum Brandenburger Tor. Auf Transparenten forderten sie "Mehr Geld für Pflegekräfte", "Ulla in den OP" und kritisierten die Deckelung der Krankenhausausgaben.

 (DR)

Zu der Großdemonstration hatte ein breites Aktionsbündnis aus Gewerkschaften, Kliniken, kommunalen Arbeitgebern, Ärzte- und Pflegeverbänden sowie dem Beamtenbund aufgerufen. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), forderte bei der Kundgebung Bund und Länder auf, sich nicht länger gegenseitig die Verantwortung für die Misere der Kliniken zuzuschieben: «Bei diesem Spiel bleiben Menschen auf der Strecke!»

Die Krankenhäuser verlangten «keine aberwitzigen Summen wie Banken», sagte Ude. Das Kliniksterben sei «kein Schreckgespenst, sondern längst Realität». Die Grundversorgung der Bevölkerung sei gefährdet. Gerade kommunale Krankenhäuser leisteten Unerlässliches wie die Notfallversorgung rund um die Uhr. Sie bräuchten reale Hilfen, «nicht Luftbuchungen», forderte Ude mit Blick auf die Zusage des Bundes, den Kliniken drei Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch eine Finanzspritze von drei Milliarden Euro für die 2.100 Kliniken in Deutschland beschlossen. Damit sollen in den kommenden drei Jahren 21.000 zusätzliche Pflegekräfte eingestellt werden. Der Bund will außerdem die Hälfte der Tarifsteigerungen von 2008 und 2009 übernehmen.

Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Rudolf Kösters, kritisierte, nicht einmal die Hälfte der drei Milliarden Euro seien tatsächlich zusätzliche Hilfen und warf der Koalition «Schönfärberei» der Zahlen vor. Die Krankenhäuser könnten die Kostenschübe nicht allein bewältigen. «Wir brauchen die Hilfe der Politik», rief Kösters. Den Zusagen aus Berlin stehe eine Finanzierungslücke von 6,7 Milliarden Euro bis Ende 2009 gegenüber.

Kösters rief die Beschäftigten zu mehr Selbstbewusstsein auf: «Wir sind Leistungsträger». Offenbar habe die Politik die Achtung vor der Arbeit der Kliniken verloren. 21.000 zusätzliche Pflegekräfte könnten nicht 50.000 Jobs in der Pflege ersetzen, die wegen der jahrelangen Sparzwänge wegrationalisiert worden seien. Kösters forderte Bund und Länder auf, die gestiegenen Sach- und Personalkosten voll zu finanzieren und die Deckelung der Krankenhausbudgets abzuschaffen.

Rudolf Henke, Vorsitzender der Gewerkschaft der Krankenhausärzte Marburger Bund, räumte ein, dass Patienten unter dem Arbeitsdruck in den Kliniken leiden müssten. Klagen über mangelhafte Zuwendung seien berechtigt. In Deutschland müsse ein Krankenhausarzt mehr Patienten versorgen als in Norwegen, der Schweiz oder England. Henke forderte die Koalition auf, die Finanzhilfen für die Kliniken noch in diesem Jahr zu erhöhen. Andernfalls gingen die Stellenstreichungen weiter.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen verlangte anlässlich der Demonstration mehr Engagement von den Ländern. Kämen sie ihren Investitionsverpflichtungen tatsächlich nach, seien die Krankenhäuser gut finanziert. Während die Krankenkassen über 50 Milliarden Euro pro Jahr an die Krankenhäuser überwiesen, zahlten die Bundesländer lediglich 2,7 Milliarden Euro.