DOMRADIO.DE: Vandalismus und Gewalt in unseren Kirchen: Fast jede Woche gibt’s neue Meldungen. Der jüngste Fall: ein wertvolles Jesuskreuz wurde in der Kirche mit flüssigem Wachs übergossen. Was haben Sie gedacht, als Sie das gehört und dann gesehen haben?
David Grüntjens (Pfarrer, Kath. Kirchengemeinde Papst Johannes XXIII. in Krefeld): Ich war ziemlich entsetzt und berührt. Wir haben dieses Kreuz, das ist ein mittelalterlicher Korpus, vor einigen Jahren bei der Neueinrichtung der Anbetungskapelle extra so gehängt, dass man ihn anfassen kann. Es war mir wichtig, dass die Leute dem Gekreuzigten begegnen können.
Die meisten begegnem dem mit einer großen Ehrfurcht und Frömmigkeit. Mich berührt das immer, wenn Menschen den Korpus anfassen, oft mit Tränen in den Augen. Dass jetzt genau dieses Kreuz, was von den Menschen so sehr verehrt wird, jetzt ein Angriffsziel wurde, das hat mich sehr berührt.
DOMRADIO.DE: Haben Sie das Kreuz retten oder besser restaurieren können?
Pfarrer Grüntjens: Ja, Gott sei Dank. Da wurde das flüssige Wachs des ewigen Licht darüber gekippt. Da hat dann sehr spontan ein Restaurator aus Essen den ganzen Tag dran gesessen und konnte das rückstandsfrei entfernen. Da sind Gott sei dank keine bleibenden Schäden entstanden.
DOMRADIO.DE: An der St. Dionysius-Kirche wurden in der Vergangenheit Löcher in Mauern geschlagen, es wurde überall Sand verteilt oder Regenrinnen geklaut. Jetzt hat der Vandalismus eine neue Qualität erreicht. Geht es um das Zerstören oder ist es Hass gegen Religion und Glaube?
Pfarrer Grüntjens: Ich glaube, dass das bei uns eine Mischung verschiedener Dinge sind. Wir haben zum einen durch die Lage in der Innenstadt sehr viele, auch stark alkoholisierte Menschen.
Und natürlich Menschen, die viel Drogen konsumieren. Die tun Dinge, wie in die Kirche urinieren oder Bänke durch die Gegend rücken. Einfach, weil sie gar nicht genau wissen, was sie da gerade tun. Aber das mit dem Kruzifix wirkt so gezielt, denn auch das ewige Licht, das rote Glas, hinter dem Tabarnakel wurde gestohlen.
Genau an diesen neuralgischen Punkten, wo das Allerheiligste ist und eben dieser Korpus: Das wirkt nicht wie die Tat von jemandem, der einfach nur besoffen in die Kirche kam.
Insofern glaube ich, an dem Fall, dass es mit einer Verärgerung gegenüber der Institution Kirche, vielleicht gegenüber dem christlichen Glauben, zu tun hat.
DOMRADIO.DE: In anderen Pfarrern und Gemeinden in Deutschland wird überlegt, Kirchen zeitweise zu schließen. Wie wollen Sie Ihre Kirche schützen?
Pfarrer Grüntjens: Wir haben die Öffentlichkeit, die dadurch entstanden ist, genutzt, um nochmal zu sagen: Bitte bringt euch ein, dass wir unseren Präsenzdienst, den es grundsätzlich gibt, verstärken können, damit keine Lücken im Dienstplan mehr entstehen. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt, die Kirche von morgens bis abends außerhalb der Gottesdienstzeiten aufhalten zu können. Dann müssen da mehr Leute mitmachen und das geschieht.
Heute Morgen im Büro klingelte das Telefon und da hat sich wieder jemand gemeldet. Besonders schön ist, dass auch vonseiten der Stadt reagiert wurde. Der Oberbürgermeister hat sich eingeschaltet und gesagt, dass er möchte, dass das hier gut wird und sie werden von städtischer Seite alles tun, was sie können.
Gestern haben wir ein Termin für die kommende Woche ausgemacht. Übernächste Woche kommt nochmal der kommunale Ordnungsdienst und das Streetworking und wir schauen, wie wir die Kirche auch von städtischer Seite besser geschützt bekommen.
DOMRADIO.DE: Welche Reaktionen gibt es von den Gemeindemitgliedern in Krefeld auf die zunehmende Gewahr?
Pfarrer Grüntjens: Als ich davom am Sonntag im Gottesdienst erzählt habe, konnte man viele entsetzte Gesichter sehen. Viele haben danach gefragt, was genau passiert ist. Die Leute verstehen gar nicht, warum man eine Kirche angreift.