Israel verabschiedete vor 40 Jahren das "Jerusalemgesetz"

Gegen den Rest der Welt

Mit einem Gesetz schuf Israel 1980 umstrittene Fakten: Es erhebt seither einen Alleinanspruch auf Jerusalem, die Heilige Stadt dreier Religionen. Doch fast kein Staat erkennt diese Festschreibung an.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Menschenleerer Tempelberg / © Andrea Krogmann (KNA)
Menschenleerer Tempelberg / © Andrea Krogmann ( KNA )

"Jerusalem, in seiner Gesamtheit und vereint, ist die Hauptstadt Israels." Was Israels damaliger Ministerpräsident David Ben-Gurion bereits am 4. Januar 1950 für das jüdische Jerusalem erklärt und die Knesset knapp drei Wochen später mit nur zwei Gegenstimmen bekräftigt hatte, machte Israel vor 40 Jahren für ganz Jerusalem zum Grundgesetz.

Alleinanspruch auf die Heilige Stadt

Mit dem sogenannten Jerusalemgesetz vom 30. Juli 1980 erhob Israel einen international nicht anerkannten Alleinanspruch auf die Heilige Stadt dreier Religionen und zweier Völker faktisch in den Verfassungsrang. Die Annexion Ostjerusalems im Sechstagekrieg (1967) sollte unumkehrbar sein. Zementiert wurde damit auch der Hauptstreitpunkt im israelisch-palästinensischen Konflikt - denn auch die Palästinenser halten an ihrem Anspruch auf Ostjerusalem als ihre Hauptstadt fest.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Schon am 20. August erklärte der Weltsicherheitsrat das Jerusalemgesetz in Resolution 478 ohne Gegenstimme für nichtig, bei Enthaltung der USA. Die UN-Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, ihre diplomatischen Vertretungen aus Jerusalem abzuziehen, bis sich Israel aus Ostjerusalem zurückziehe.

Die in Westjerusalem ansässigen Botschaften, neben den Niederlanden ausnahmslos lateinamerikanischer Länder, folgten der Anordnung. In Jerusalem blieben mehrere Generalkonsulate europäischer Länder. Jeden Tag sei ein anderer Botschaftskonvoi auf der Straße nach Tel Aviv unterwegs gewesen, erinnerte sich der inzwischen gestorbene damalige Chefredakteur der "Jerusalem Post" an die Staus in den Tagen nach dem Jerusalemgesetz.

Stürmung der Altstadt im Jahre 1967

Neutral sollte Jerusalem nach dem Willen der Vereinten Nationen sein. Als sie 1947 die Gründung eines jüdischen Staates beschlossen, nahmen sie die Stadt aus und reklamierten für sie internationale Verwaltung - eine Forderung, die sie auch nach der Staatsgründung Israels und der israelischen Besatzung Westjerusalems 1948 wiederholten. Dennoch verlegte Israel im Dezember 1949 das Parlament von Tel Aviv nach Jerusalem. Die offizielle Erhebung zur Hauptstadt folgte wenig später im Januar 1950; sie wird bis heute von den wenigsten Staaten anerkannt.

Geteilt blieb die Stadt bis 1967. Niemandsland, teils vermint, Stacheldraht und Mauern trennten den Westen der Stadt vom jordanisch besetzten Osten: Die Altstadt mit ihren Heiligtümern fiel unter jordanische Kontrolle, einschließlich der Klagemauer, die für Juden weiter unerreichbar blieb. Die aus israelischer Sicht langersehnte Wende kam am 7. Juni 1967. Israelische Soldaten stürmten die Altstadt. Zur Ikone wurden die Worte, die der Chef der Fallschirmjägereinheit, Generalleutnant Mordechai Gur, über sein Funkgerät absetzte: "Der Tempelberg ist in unseren Händen".

De facto spielte der Faktor Zeit für Israel. Immer weiterer Siedlungsbau auf Ostjerusalemer Gebiet und überhaupt ein massiver Ausbau der Stadt lassen die sogenannte Grüne Linie, die Demarkationslinie zwischen Israel und den besetzten Gebieten, kaum mehr erkennen.

Selbst wenn das "Nationalitätengesetz" von 2018, in dem Israel Jerusalem erneut als seine ungeteilte Hauptstadt definierte, auf heftige internationale Kritik stieß: Die Stadt ist längst die maßgebliche politische Bühne geworden. Selbstverständlich kommen Staatschefs und Politiker aus aller Welt an die Jerusalemer Amtssitze von Präsident und Ministerpräsident, ins Außen- und in andere Ministerien.

Verlegung der US-Botschaft

Die Frage nach Jerusalem gilt auch 73 Jahre nach dem UN-Teilungsplan und 40 Jahre nach dem Jerusalemgesetz international als ungeklärt. Ihr Status soll endgültig erst im Rahmen eines Friedensabkommens zwischen Israelis und Palästinensern geklärt werden, doch selbst bei den am meisten versprechenden Gesprächen von Camp David und Oslo in den 80er und 90er Jahren klammerte man die Jerusalemfrage aus.

Auf Frieden stehen die Zeichen in Nahost unterdessen noch weniger als je zuvor, zumal mit den USA ausgerechnet ein Big Player der Vermittlung mit einer der zentralen Säulen der internationalen Nahost-Diplomatie gebrochen hat. Nicht nur erkannte US-Präsident Donald Trump Jerusalem als "ewige Hauptstadt Israels" offiziell an. Er ließ auch die US-Botschaft nach Jerusalem verlegen. Der Bau selbst liegt teilweise im ehemaligen Niemandsland, jenem Teil der Stadt also, der von der UN und den meisten Staaten als besetztes Gebiet betrachtet wird.

Am 14. Mai 2018, dem 70. Jahrestag der israelischen Unabhängigkeitserklärung, wurde die US-Botschaft in Jerusalem eingeweiht. Während die israelische Regierung die Entscheidung begrüßte, äußerte die große Mehrheit vom Rest der Welt einmal mehr Kritik.


Quelle:
KNA