Gefängnisseelsorger freut die Freilassung der Mallorcakegler

"Die Belastung schwebt noch über der Gruppe"

Zwei Monate saßen acht Deutsche auf Mallorca wegen des Vorwurfs der Brandstiftung in Untersuchungshaft. Nun sind sie auf Kaution frei gekommen. Dirk Dietzel vom katholischen Gefängnisbesuchsdienst hat mit der Gruppe gesprochen.

Acht Männer, die auf Mallorca wegen Brandstiftung in Untersuchungshaft gesessen haben, stehen auf auf dem Flughafen Münster-Osnabrück / © Helmut P. Etzkorn (dpa)
Acht Männer, die auf Mallorca wegen Brandstiftung in Untersuchungshaft gesessen haben, stehen auf auf dem Flughafen Münster-Osnabrück / © Helmut P. Etzkorn ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wieso sind die acht jungen Männer denn jetzt freigekommen? Es hieß doch, dass es nichts wird.

Dirk Dietzel (Jurist und Seelsorger beim katholischen Gefängnisbesuchsdienstes auf Mallorca): Letztendlich haben die Jungs ihr Anwaltsteam noch einmal verstärkt und haben eine sehr kompetente Strafrechtlerin aus Barcelona, die auch in der deutschen Sprache zu Hause ist, dazugeholt. Sie hat sehr schnell und zügig reagiert, denn in dieser Woche war der Untersuchungsrichter, der sich bis jetzt ziemlich hart gezeigt hat, nicht vor Ort. So konnte sie ausnutzen, dass eine andere Richterin in Stellvertretung entschieden hat.

Aber in jedem Fall schwebt immer noch die Belastung über den Jungs, da sie ja nicht freigesprochen, sondern lediglich auf Kaution entlassen sind. Es wird möglicherweise eine Verhandlung geben. Das Verfahren läuft hier weiter. Wir gehen zwar nach wie vor von der Unschuldsvermutung aus und als Jurist schätze ich die Beweislage auch nicht so ein, dass es zu einer Verurteilung reicht, aber wir müssen abwarten.

DOMRADIO.DE: Wie haben denn die Jungs diese Haft verkraftet?

Dietzel: Am Anfang war das natürlich ein Schock. Sie sind von einer Überraschung in die nächste gefallen. Das Erste war, dass sie gar nicht wussten, dass sie nach Mallorca fahren. Bis zum letzten Moment wussten sie es nicht, weil der Kassenwart des Kegelvereins diese Reise gemeinsam mit den Freundinnen der besagten Kegelbrüder als Überraschung organisiert hat. Das erste Wermutströpfchen der Reise war, dass das Hotel noch gar nicht bereit stand als sie angekommen sind. Deswegen sind die Jungs schon mal irgendwo was trinken gegangen. Dann kamen sie zurück in das Hotel und kurze Zeit später brach der Brand aus.

Palma: Menschen gehen nach einem Brand am Restaurant Why Not Mallorca? vorbei / © Clara Margais (dpa)
Palma: Menschen gehen nach einem Brand am Restaurant Why Not Mallorca? vorbei / © Clara Margais ( dpa )

Da die Jungs fast alle Feuerwehrleute sind, haben sie sich bei der Brandbekämpfung engagiert und die anderen Hotelgäste in Sicherheit gebracht. Kaum war das Feuer gelöscht, kam die Guardia Civil und hat sie erstmal festgesetzt und dann abgeführt. Dann haben sie die erste Nacht auf blankem Betonboden in einem Polizei-Gefängnis verbracht.

DOMRADIO.DE: Was glauben Sie, wie sind die letzten zwei Monate an den vorübergegangen? Was haben die jetzt im Kopf? Was geht da in ihnen jetzt vor?

Dietzel: Ich glaube, sie haben das in sich und in der Gruppe sehr gut bearbeitet. Ich meine, die Polizei war schnell und der Richter war sehr hart. Man hat zwei Gruppen beieinander gelassen, sodass die schon die Möglichkeit der Kommunikation hatten. Die Sozialarbeiter im Gefängnis schätzen sehr gut ein, wie weit auch ein Entgegenkommen den Häftlingen gegenüber möglich ist.

Wir vom Gefängnis-Besuchsdienst hatten von Anfang an mit dem Konsul, dem Direktor und dem Sicherheitschef des Gefängnises, die sehr kooperativ waren, in diesen Fragen zusammengearbeitet, sodass wir fast wöchentlich die Gefangenen besuchen konnten. Wir saßen im Schulungsraum als Gruppe zusammen und konnten schon sehr intensiv mit den Jungs sprechen.

DOMRADIO.DE: Blicken wir mal kurz in die Zukunft. Jetzt haben wir Hochsaison. Jede Menge Männer, Frauen, Jugendliche fliegen Richtung Mallorca. Was raten Sie denn Personen im Ausland, wenn man jetzt plötzlich die Guardia Civil hinter sich stehen hat, die einen verhaften, wie soll man sich da verhalten?

Dirk Dietzel (Jurist und Seelsorger beim katholischen Gefängnisbesuchsdienstes auf Mallorca)

"Ruhe bewahren und Ansprechpartner suchen."

Dietzel: Auf jeden Fall ruhig und besonnen bleiben. Wenn man als Einzelner verhaftet wird, die Aussage verweigern und nach Hilfestellungen suchen. Versuchen sie das Konsulat zu informieren, eine Anwaltsliste mit deutschsprachigen Anwälten zu bekommen. Sonst wird einem ein Pflichtverteidiger zugeordnet, der die deutsche Sprache nicht spricht. Dann gibt es in dem Fall noch ein Dolmetscher, der auch nicht unbedingt das beste Deutsch spricht. So kann die Sache schon ziemlich in die Hose gehen. Das ist dann schwer anschließend zu reparieren, wenn man dann die Möglichkeit hat, Angehörige zu verständigen und einen sachkundigen Anwalt hinzuzuziehen.

Palma de Mallorca: Das Gefängnis Centro Penitenciario de Mallorca / © Ingo Wohlfeil (dpa)
Palma de Mallorca: Das Gefängnis Centro Penitenciario de Mallorca / © Ingo Wohlfeil ( dpa )

Eine ganz wichtige Erfahrung, die uns ein anderer kurzzeitig Gefangener mitgegeben hat - ein Deutscher, der ein halbes Jahr inhaftiert war. Der sagte zum Schluss zu uns: "Das Allerwichtigste war für mich die demütige Erfahrung, wie wichtig die persönliche Freiheit ist. Das habe ich hier während meines Aufenthaltes gelernt."

Also Ruhe bewahren und nach Ansprechpartner suchen, auch zu deutschsprachigen Mitgefangenen. Wir haben ja auch den Kontakt zu unseren anderen regelmäßig besuchten Strafgefangenen. Die haben uns interessanterweise erzählt, dass die Jungs aus Münster sogar ihnen Hilfestellung geleistet haben.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Kegelbrüder nach zwei Monaten U-Haft wieder daheim

Erst spät in der Nacht waren die letzten der acht Deutschen, denen auf Mallorca Brandstiftung vorgeworfen wird, aus dem Inselgefängnis freigekommen. Fast zwei Monate hatten sie dort ausharren müssen. Nur wenige Stunden später saßen sie schon in einer Linienmaschine Richtung Heimat, wie der deutsche Konsul Wolfgang Engstler der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte.

Palma de Mallorca: Das Gefängnis Centro Penitenciario de Mallorca / © Ingo Wohlfeil (dpa)
Palma de Mallorca: Das Gefängnis Centro Penitenciario de Mallorca / © Ingo Wohlfeil ( dpa )
Quelle:
DR