Nach dem Abbau der Statue des früheren Essener Kardinals Franz Hengsbach wegen Missbrauchsvorwürfen soll auf dem Essener Domhof ein Gedenkort für Betroffene sexualisierter Gewalt in der Kirche entstehen.
Das Domkapitel und der neu konstituierte Betroffenenbeirat im Bistum Essen hätten sich darauf verständigt, einen künstlerisch gestalteten Erinnerungsort zu schaffen, sagte Dompropst Michael Dörnemann am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Er soll eine bleibende Mahnung für ein anderes Verhalten in Kirche und Gesellschaft sein."
Hengsbach (1910–1991), erster Bischof des Ruhrbistums Essen, steht im Verdacht, in den 1950er- und 1960er-Jahren sexuellen Missbrauch begangen zu haben. Die Vorwürfe betreffen sowohl seine Zeit als Weihbischof im Erzbistum Paderborn als auch seine Amtszeit in Essen.
Die Bistümer Essen und Paderborn hatten 2023 zunächst zwei Vorwürfe öffentlich gemacht; inzwischen gibt es weitere Hinweise auf mögliche sexualisierte Gewalt. Vor diesem Hintergrund ließ das Essener Domkapitel im September 2023 die Hengsbach-Statue vom Domhof entfernen. Die Vorwürfe werden derzeit in einer unabhängigen soziologisch-historischen Studie untersucht, deren Ergebnisse für 2027 erwartet werden.
Kirche will Wettbewerb ausloben
Für den Gedenkort ist laut Dörnemann ein Wettbewerb mit öffentlicher Ausschreibung geplant. Über die Entwürfe soll ein Kuratorium beraten, dem je zwei Vertreter des Betroffenenbeirats und des Domkapitels sowie drei Kunstsachverständige angehören und das im nächsten Jahr seine Arbeit aufnehmen könnte. Die endgültige Entscheidung liegt beim Domkapitel als Eigentümer des Domhofs. Für das Projekt steht nach Angaben des Dompropsts ein Budget von bis zu 50.000 Euro zur Verfügung.
Zusätzlich soll am früheren Standort der Hengsbach-Statue eine Hinweistafel angebracht werden, die mit einem QR-Code über die Entfernung der Skulptur informiert und auf Hilfsangebote für Betroffene verweist. Diese Tafel könne bereits Anfang des nächsten Jahres aufgestellt werden, so Dörnemann. Zuerst hatte Radio Essen über das Thema berichtet.
Bistum Essen
Das Bistum Essen ist eines der jüngsten und kleinsten unter den 27 römisch-katholischen Bistümern in Deutschland. Auch in Nordrhein-Westfalen ist es mit 1.877 Quadratkilometern und knapp 680.000 Mitgliedern das kleinste Bistum.
Es wurde am 1. Januar 1958 aus Teilen der (Erz-)Bistümer Köln, Münster und Paderborn errichtet; damals zählte die Diözese noch rund 1,5 Millionen Mitglieder. Heute sind es 638.000 Mitglieder (Stand März 25).
