Geberkonferenz für Afghanistan in Paris

Korruption und andere Probleme

In Paris treffen sich heute Vertreter von rund 80 Ländern und Organisationen zu einer internationalen Afghanistan-Konferenz. Im Vorfeld hatten Politiker und Nichtregierungsorganisationen wachsende Korruption, Defizite beim Aufbau des Lands beklagt.

 (DR)

An der Konferenz nehmen Vertreter von mehr als 60 Geber-Staaten teil. Im Mittelpunkt stehen Strategien für den zivilen Wiederaufbau des Landes am Hindukusch und die Übergabe von mehr Verantwortung an die Afghanen. Der afghanische Präsident Hamid Karsai will einen Fünfjahresplan zum Wiederaufbau mit einem Volumen von 50 Milliarden US-Dollar vorlegen. Deutschland wird bei der Konferenz durch Außenminister Frank-Walter Steinmeier

Der entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Ruck (CSU), forderte von der Pariser Konferenz, die Defizite klar zu benennen und verbindliche Korrekturen festzulegen. "Für jeden Afghanen muss offenkundig werden, dass die neue demokratische Ordnung klaren Regeln folgt und sich für ihn persönlich positiv auswirkt." Die Regierung von Staatspräsident Hamid Karsai müsse selbst energisch gegen Korruption und Beratungsdoppelstrukturen vorgehen. Auch die Weltbank hatte am Dienstag gefordert, dass die Regierung in Kabul die Korruption in den eigenen Reihen ausmerzen und die Kontrolle für den Wiederaufbau übernehmen müsse.

Die Deutsche Welthungerhilfe verlangte eine bessere Kontrolle von Hilfsprojekten. Der Erfolg vieler Maßnahmen werde gar nicht überprüft, erklärte die Hilfsorganisation in Bonn. So kämen etwa 40 Prozent der zivilen Mittel für den Wiederaufbau aus den USA: Sie bezögen die afghanischen Ministerien kaum ein und unterlägen keinerlei Absprache mit anderen Hilfsgebern, kritisierte der Leiter Zentralasien bei der Welthungerhilfe, Theo Riedke.

Ländliche Entwicklung fördern
Kontrollen müsse es auch für die Wiederaufbauhilfe der Militärs im zivilen Bereich geben, betonte er. Außerdem müssten diese Maßnahmen am Bedarf der Menschen orientiert sein und dürften nicht länger auf Provinzen konzentriert werden, die militärisch umkämpft sind. Nach Einschätzung der Hilfsorganisation fließen zu wenig Mittel in die Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung Afghanistans. Nach Jahrzehnten des Krieges und wiederkehrender Dürren seien die natürlichen Ressourcen des Landes stark zerstört. Etwa 70 Prozent der Afghanen könnten sich nicht ausreichend ernähren; die Hälfte von ihnen sei unterernährt.

"Die meisten Versprechen nicht eingelöst"
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnte vor einem Scheitern des Afghanistan-Paktes. "Zwei Jahre nach der Unterzeichnung des von der internationalen Gemeinschaft und der afghanischen Regierung ausgearbeiteten Abkommens sind die meisten darin gegebenen Versprechen nicht eingelöst", sagte GfbV- Asienreferent Ulrich Delius. Statt der zugesicherten guten Regierungsführung behinderten Vetternwirtschaft und Korruption die Funktionsfähigkeit von Regierung und Verwaltung.

Als besonders dramatisch bezeichnete Delius die Menschenrechtslage von Frauen und Kindern. 87 Prozent der Frauen gäben an, Opfer von Gewalt geworden zu sein. Mehrere hundert Frauen würden sich jedes Jahr aus Verzweiflung verbrennen. Zwangsheiraten von Mädchen im Alter ab sechs Jahren, Entführungen und Fälle von Schuld-Sklaverei würden immer häufiger registriert. Die Hälfte aller Eheschließungen seien heute Zwangsheiraten mit Gläubigern, weil die Familie ihre Schulden nicht mehr bezahlen könne.