Der katholische Pfarrer der Gemeinde "Heilige Familie" in Gaza, Pater Gabriel Romanelli, berichtet über die anhaltend schwierigen Lebensbedingungen im Gazastreifen. Im Gespräch mit dem päpstlichen Hilfswerk "Kirche in Not" (ACN) sprach er von "katastrophalen hygienischen Zuständen" und fehlenden logistischen Möglichkeiten zum Wiederaufbau. "Es gibt keinerlei Anzeichen für einen Wiederaufbau. Die fehlende Perspektive macht die Menschen unruhig", sagte Romanelli. "Die Welt sollte wissen, dass es hier im Gazastreifen zwei Millionen Menschen gibt, die nichts haben und alles brauchen."
Gleichwohl hat der Pater Pläne für Weihnachten gefasst: Er wolle rund um die Festtage ältere und kranke Gemeindemitglieder besuchen. Für alle möchte der Pfarrer außerdem als Weihnachtsgeschenk Schokolade besorgen, wie er ankündigte. "Egal zu welchem Preis. Das wird allen guttun."
Flüchtlinge in der Pfarrei
In der Pfarrei halten sich derzeit noch etwa 450 Menschen auf, die bei den Kriegshandlungen ihr Zuhause verloren haben. Viele von ihnen sind Menschen mit Behinderungen. Seit dem Beginn des Waffenstillstands am 10. Oktober konnten rund 60 Personen wieder in andere Unterkünfte umziehen oder in ihre Häuser zurückkehren. Trotz einzelner Luftangriffe habe der Waffenstillstand eine "spürbare Atempause" geschaffen, sagt der Pfarrer.
Regelmäßige Hilfsgüter, darunter Lebensmittel und Medikamente, erreichen die Pfarrei inzwischen wieder. Auch Alltagsgüter seien wieder erhältlich, die Preise seien für die meisten Bewohner jedoch unerschwinglich. Romanelli betonte, dass das Lateinische Patriarchat von Jerusalem wichtige Hilfsgüter geschickt habe, mit denen über 12.000 Familien unterstützt werden konnten. Die
Güter gingen an die Bewohner der Pfarreiräume sowie an Menschen in der Nachbarschaft, auch an muslimische Familien.
Alltag unter schwierigen Bedingungen
Die Menschen versuchen, ihr Leben wieder aufzunehmen. Einige säubern ihre Häuser oder das, was davon übrig ist. Doch es fehle an Baumaschinen, um Grundstücke freizuräumen, und Wasser- sowie Stromleitungen seien beschädigt.
Die Pfarrgemeinde versucht Romanelli zufolge auch, den Menschen etwas Abwechslung vom Kriegsalltag zu bieten. Dreimal hätten er und seine Mitarbeiter Ausflüge ans Mittelmeer organisiert. Obwohl die Pfarrei nur wenige hundert Meter von der Küste entfernt liege, sei es für kurz vor dem Krieg geborene Kinder das erste Mal gewesen, dass sie das Meer gesehen hätten.
Auch der Schulunterricht an den drei katholischen Schulen im Gazastreifen konnte für rund 150 Kinder wieder aufgenommen werden. Weitere Schüler können allerdings nicht aufgenommen werden, da in den Schulgebäuden zahlreiche Flüchtlinge untergebracht sind.
Vorbereitungen auf Weihnachten
Trotz der schwierigen Bedingungen bereitet sich die kleine Gemeinde auf Weihnachten vor. "Wir haben begonnen, Lieder und Tänze zu proben. Vielleicht können wir sogar eine kleine Aufführung außerhalb unserer Gemeinderäume veranstalten – wenn die Bedingungen es erlauben", erklärte der Pfarrer.
Fraglich sei, ob der Lateinische Patriarch Pierbattista Pizzaballa zu Weihnachten eine Einreiseerlaubnis in den Gazastreifen erhalte,
ergänzte der Pfarrer. Der Besuch des Kardinals sei jedoch fest eingeplant. Auch dürften aktuell keine Bewohner ausreisen, um die Feiertage mit ihren Familien im Westjordanland oder in anderen Ländern zu verbringen.