Fünf Jahre Papst-Enzyklika: Mehr Grün für kirchliche Bauten?

Für prima Klima in der Stadt

Papst Franziskus hat vor fünf Jahren die Bewahrung der Schöpfung zur Chefsache gemacht und seine Umwelt-Enzyklika "Laudato si" veröffentlicht. Viel hat sich seitdem getan, für den Architekten Peter Küsters darf es noch mehr sein.

Eine Kirche hinter einer Blumenwiese / © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)
Eine Kirche hinter einer Blumenwiese / © Karl-Josef Hildenbrand ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie sind ein Urban Clima Architect, Sie helfen dabei, das Klima einer Stadt zu verbessern. Und Ihre Firma "Greenpass" rechnet ganz genau aus, was Pflanzen in der Stadt kosten und was sie wirtschaftlich bringen. Das klingt ganz naheliegend, ist aber immer noch Pionierarbeit. Warum eigentlich?

Peter Küsters (Stadtklima-Architekt): Das liegt natürlich in erster Linie daran, dass wir dafür unheimlich viele Daten brauchen, was überhaupt Pflanzen leisten. Es wurde in den letzten Jahren erst so richtig entwickelt und digitalisiert. Wir brauchen dazu unheimlich viele Klimadaten, etwa: Wie ist das Wetter an dem Gebäude oder an diesem Baufeld? Und auch diese Daten haben sich erst in den letzten Jahren frei verfügbar entwickelt, dass wir damit arbeiten können. Das war ganz wichtig.

DOMRADIO.DE: Und dann können Sie sagen, dass dieses Dach x bringt und y kostet?

Enzyklika "Laudato si"

Klimawandel, Artenvielfalt, Trinkwasser: Diese Themen bestimmen die Umweltenzyklika von Papst Franziskus. Er wendet sich damit an "alle Menschen guten Willens" - und erklärt, warum eine ökologische Umkehr auch soziale Gerechtigkeit bedeutet. Papst Franziskus hat die reichen Industrienationen zu einer grundlegenden "ökologischen Umkehr" aufgefordert, um globale Umweltzerstörung und Klimawandel zu stoppen.

Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Küsters: Ja, wir betrachten natürlich nicht nur das einzelne Dach oder die einzelne begrünte Fassade oder was bringen die Bäume? Wir betrachten eigentlich immer das ganze Baufeld. Wir können das sogar bis zu Stadtvierteln und ganzen Städten hoch simulieren und betrachten dann: Was leistet das für das Baufeld selber? Was leistet das für die Umwelt? Wie viel Abkühlung kann es durch die Pflanzen bringen und optimieren? Letztendlich geht es ja sehr oft ums Geld und so schauen wir dann, wie wir mit den einzusetzenden Ressourcen das Beste herausholen können, damit sich die Menschen in den Städten zukünftig auch noch wohlfühlen.

DOMRADIO.DE: Viele haben bestimmt Angst, dass mit dem Efeu an der Außenwand auch Insekten die Wohnung stürmen oder die Wurzeln Dach und Fassade kaputt machen. Können Sie da ein bisschen beruhigen?

Küsters: Ja, das ist ein altes Vorurteil, dagegen kämpfen wir immer wieder an. Ich antworte dann manchmal: Wenn Sie mehr Insekten im Haus haben als in der grünen Fassade, dann stimmt was innen im Haus nicht. Aber tatsächlich ist es so, dass eigentlich die begrünten Fassaden zu einer Öko-Balance beitragen - mit Nützlingen und vielleicht auch mal Schädlingen, die kurzzeitig etwas stärker auftauchen - das spielt sich aber ganz schnell wieder ein. Natürlich darf man nicht allzu viel Angst davor haben, auch mal eine Spinne im Wohnzimmer zu haben. Aber die kann man ja ganz bequem nach draußen tragen.

DOMRADIO.DE: Noch einmal auf den Punkt gebracht - was bringen begrünte Dächer und Fassaden ganz konkret für das Klima in der Stadt?

Küsters: Bei den grünen Dächern und grünen Fassaden gibt es zwei wesentliche Unterschiede. Die grünen Dächer wirken sehr stark mit ihrem Schwamm-Effekt: Wir haben ja immer mehr Starkregenereignisse, und die saugen einfach das Wasser auf und geben es über Verdunstung und Kühlung langsam wieder ab und entlasten damit die Kanäle. Sie sorgen für weniger Überschwemmungen bei Starkregen. Die Fassaden haben eine dämmende Wirkung. Im Sommer strahlt die Sonne weniger auf die Fassade, deshalb gibt es weniger kühle Raumtemperaturen und durch die Verdunstungskette nach außen weniger Kühlung des gesamten Umfeldes.

DOMRADIO.DE: An vielen Orten sind Verwaltungsgebäude, Wohnungen, ja ganze Straßenzüge in Kirchenhand. Merken Sie, dass da auch schon begrünt wird?

Küsters: Ganz offen gesagt nicht. Ich bin ja schon lange als Landschaftsgärtner unterwegs, und ich habe früher auch sehr viel für die Aachener Gemeinnützige (heute: Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft mbH; Anm. d. Red.) gearbeitet. Mit denen müsste ich tatsächlich mal Kontakt aufnehmen. Die haben so viele Immobilien, die bauen so viel, auf der Website steht, dass ökologische Aspekte immer wichtiger werden. Wir müssten uns da mal zusammensetzen, das wäre toll. 

DOMRADIO.DE: Die meisten großen Städte fördern es, wenn Privatleute ihre Dächer oder Fassaden bepflanzen. Wie sieht es bei den Kommunen selbst aus - sind diese ein gutes Vorbild?

Küsters: Jein. Nicht alle. Die meisten Kommunen sind da noch kein so gutes Vorbild. Wenn ich dann an Schulgebäude oder Rathäuser denke, da könnte noch viel, viel mehr getan werden. Ich berate auch diese Förderungsmaßnahmen, Städte und Kommunen und mahne auch immer wieder: Ihr müsst da auch selber als Vorbild voranschreiten. Da gibt es sicherlich noch Lücken. Aber es gibt auch Städte, die sind super Vorbilder.

DOMRADIO.DE: Apropos Vorbilder: Wie wäre es, wenn die Kirche jetzt Vorbild wird und anfängt, auch die Gotteshäuser selbst zu begrünen? 

Küsters: Wenn wir nicht gerade den Kölner Dom begrünen müssten... Da kriegen wir Probleme mit dem Denkmalschutz und es wäre technisch auch eine Herausforderung. Aber es gibt ja so viele kirchliche Gebäude - Schulen, Verwaltungsgebäude, es wird unheimlich viel auch von der Kirche im sozialen Wohnbau getan - da könnte man unheimlich viel machen.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR
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