Früherer Hamburger Erzbischof Werner Thissen gestorben

Würdigung durch Erzbischof Heße

Der frühere Hamburger Erzbischof Werner Thissen ist tot. Er starb am Dienstag im Alter von 86 Jahren in Hamburg, wie das Erzbistum mitteilte. Thissen studierte Philosophie und Theologie und empfing 1966 in Münster die Priesterweihe.

Emeritierter Erzbischof Werner Thissen gestorben / © Michael Althaus (KNA)
Emeritierter Erzbischof Werner Thissen gestorben / © Michael Althaus ( KNA )

Der in Kleve (Niederrhein) geborene Theologe war von 2003 bis 2014 Oberhaupt der Katholiken in Hamburg, Schleswig-Holstein und dem Landesteil Mecklenburg. Zudem war Thissen ab dem Jahr 2000 innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz für das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor zuständig.

Erzbischof Stefan Heße würdigte Erzbischof Thissen als Geistlichen, der die Weiterentwicklung des noch jungen Erzbistums Hamburg wesentlich vorangetrieben habe. "Er hat das Pastoralgespräch unter dem Leitwort 'Salz im Norden' initiiert, das viele Menschen miteinander ins Gespräch brachte und wichtige Leitsätze für das Selbstverständnis der katholischen Kirche im Norden entwickelte", so Heße. Die Sanierung und Neugestaltung des St. Marien-Doms sind ebenso auf seine Initiative zurückzuführen wie die Einleitung des Prozesses, der 2011 zur Seligsprechung der Lübecker Märtyrer führte.

"Schwere Fehler gemacht"

Aber auch das gehöre zu Thissens Leben: "Er hat vor seiner Zeit im Erzbistum Hamburg als Personalverantwortlicher im Bistum Münster schwere Fehler im Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche gemacht. Fehler, die er nicht heilen konnte, aber für die er um Entschuldigung bat, denn Betroffene müssen gehört und Missbrauchsverbrechen offengelegt werden", so Heße.

Werner Thissen wurde 1938 im niederrheinischen Kleve geboren. Er studierte Philosophie und Theologie in Münster und München und empfing 1966 in Münster die Priesterweihe. Danach arbeitete er als Seelsorger in Dorsten, Ostbevern und in der Priesterausbildung. 1974 promovierte er mit einer Arbeit über das Markus-Evangelium. Ab 1977 war er in der Verwaltung des Bistums Münster tätig, von 1986 bis 1999 als Generalvikar. 1999 wurde er zum Bischof geweiht und war zunächst Weihbischof für die westfälische Region Borken-Steinfurt. Am 22. November 2002 ernannte Papst Johannes Paul II. ihn zum Erzbischof von Hamburg. Am 25. Januar 2003 wurde er in sein Amt eingeführt. Nach Erreichen der Altersgrenze für Bischöfe nahm Papst Franziskus sein Rücktrittsgesuch im März 2014 an.

Würdigung als Brückenbauer

Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, würdigte den Verstorbenen. Er nannte ihn einen Brückenbauer im Norden: "Erzbischof Thissen ist auf die Menschen zugegangen. Brücken zu schlagen war ihm ein Auftrag und Menschen miteinander zu verbinden und für Dialog und Verständigung zu werben ein Herzensanliegen. Viele wegweisende interreligiöse Impulse sind Erzbischof Thissen in der Hamburger Stadtgesellschaft und im gesamten Erzbistum gelungen", schreibt Bischof Bätzing an den Nachfolger Thissens, Erzbischof Dr. Stefan Heße. "Der Brückenbauer des Nordens war zugleich ein Brückenbauer für den Zusammenhalt der Gesellschaft, an der auch die Kirche Anteil hat", fügte Bischof Bätzing hinzu.

Brückenbau sei auch das wesentliche Merkmal seines langjährigen Wirkens in der Deutschen Bischofskonferenz gewesen. "Seine ausgleichenden Positionen und seine ständige Mahnung für einen Weg des Dialogs, seine mahnende und nachdenkliche Stimme, die immer nach dem Gemeinsamen gefragt hat, werden uns fehlen. Dabei denke ich vor allem an den hintergründigen Humor von Erzbischof Thissen und seine innere Überzeugung, dass die Kirche auch in der Diaspora eine Stimme hat. 

Einsatz in der Diaspora

Ohne Frage: Werner Thissen hat der Diaspora eine Stimme verliehen", so Bischof Bätzing. "Seine intensiven Besuche in den Pfarreien, ungezählte Firmungen und sicht- und hörbare Predigten haben die Arbeit von Erzbischof Thissen geprägt. Seine reiche seelsorgliche Erfahrung als Erzbischof von Hamburg und sein priesterliches Zeugnis haben viele Menschen berührt. Das gilt auch für seinen Einsatz zur Seligsprechung der Lübecker Märtyrer, die ihm ein Herzensanliegen für den Glauben in der Gegenwart war. Ich empfand es als schönes Zeichen, dass er auch nach seiner Emeritierung noch zahlreichen Gläubigen und Weggefährten eng verbunden war und sie geistlich begleitet hat. Denn trotz seiner westfälischen Wurzeln war Erzbischof em. Thissen an der Elbe heimisch geworden. Dabei wusste er um die eigenen Begrenzungen, gerade auch im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs im Raum der Kirche. Sein Eingeständnis bei diesem Thema war ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung, der wir uns als Kirche verpflichtet haben."

Bischof Bätzing würdigte außerdem das Engagement von Erzbischof Thissen auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz, wo er sich in den Gremien des Verbandes der Diözesen Deutschlands – besonders in der Zeit vor seiner Bischofsweihe – und auch in der Kommission Weltkirche und der Unterkommission für Entwicklungsfragen eingebracht hat. "Diese Arbeit hat der Verstorbene immer als einen verpflichtenden Weg betrachtet, Christus und sein Reich zu verkünden. Seine Reisen in viele Länder, die Präsenz in den Notstandsgebieten der Welt und sein stetes Bemühen, nicht bei den Problemen stehen zu bleiben, sondern eine Lösung zu finden, haben ihn in unserer Bischofskonferenz ausgezeichnet", schreibt Bischof Bätzing. Er fügt hinzu: "Mit seinem bischöflichen Wahlspruch 'In Christo nova creatura – In Christus eine neue Schöpfung' (2 Kor 5,17) wies Erzbischof Thissen auf das immer Neue hin, das uns ganz unabhängig vom Lebensalter erwartet und zugewandt ist. So möge er nun in die Hand seines Schöpfers zurückkehren."

Erzbistum Hamburg

Das Erzbistum Hamburg ist das flächenmäßig größte Bistum in Deutschland. Es umfasst 32.520 Quadratkilometer und drei Bundesländer: Hamburg (755 Quadratkilometer), Schleswig-Holstein (15.803 Quadratkilometer) und der Landesteil Mecklenburg (15.962 Quadratkilometer) des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. 

Mariendom in Hamburg / © Maria Feck (KNA)
Mariendom in Hamburg / © Maria Feck ( KNA )
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