Frühere Kölner Dombaumeisterin präsentiert Buch über Rhein-Kathedralen

Dome, Kathedralen, Münster

Warum stehen so viele Kathedralen am Rhein? Die Präsidentin des Zentral-Dombau-Vereins und ehemalige Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner enthüllt in ihrem neuen Buch verborgene Details berühmter Kirchen entlang des Rheins.

Autor/in:
Tobias Fricke
Straßburger Münster / © EWY Media (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Warum stehen so viele weltberühmte Kathedralen am Rhein? 

Barbara Schock-Werner / © Julia Steinbrecht (KNA)
Barbara Schock-Werner / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Prof. Barbara Schock-Werner (Deutsche Architektin und Kunsthistorikerin, Präsidentin des Zentral-Dombau-Vereins und ehemalige Kölner Dombaumeisterin): Schon in vor- und frühgeschichtlicher Zeit war der Rhein eine wichtige Verkehrsachse. Die Römer bauten entlang dieser Route Lager, aus denen Städte entstanden. Dort fasste das Christentum früh Fuß – wie in Köln oder Straßburg. Wo es früh präsent war, entwickelten sich Bistümer. So entstand eine Reihe von Domen entlang der Rheinschiene.

DOMRADIO.DE: Sie haben bei den Kathedralen ganz genau hingeschaut und auch viele kleine Kostbarkeiten entdeckt. Zum Beispiel am Wormser Dom, da gibt es eine sehr mystische Tierfigur zu sehen. Was ist das für eine Figur? 

Schock-Werner: Darüber streiten Fachleute bis heute. Am Wormser Ostchor finden sich viele eindrucksvolle Figuren – ob Dämonenabwehr, mystische Symbole oder Bilder des Bösen, ist unklar. Manchmal deutet etwa eine kniende Figur auf den Sieg des Christentums hin. Aber oft bleibt die Bedeutung offen. Ganz genau weiß es niemand.

Wormser Dom / © Harald Oppitz (KNA)
Wormser Dom / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Es ist viel Interpretationsspielraum geboten. Wenn man Ihr Buch in der Hand hat, sieht man auf der Rückseite des Covers eine sehr lustige Figur. Es ist ein Nasenbär, der sich an die lange Nase fasst, oder? 

Schock-Werner: Das ist ein Nasenbläser. Er macht Musik mit dieser Nasentrompete und er ist sehr lustig. Es ist kein großes Kunstwerk, aber doch so originell, dass er mit hinein musste. 

DOMRADIO.DE: Dom, Kathedrale, Münster? Warum heißen die Kirchen so unterschiedlich? Im Grunde meint es doch das Gleiche.

Schock-Werner: In der Kathedrale ist ganz klar: Die Kathedrale ist eine Bischofskirche. Die Kathedrale wird nur die Kirche genannt, in der der Sitz des Bischofs ist. 

Fast gleichwertig wird das deutsche Wort Dom verwendet, aber da gibt es Ausnahmen, wie den Altenberger Dom. Da war nie ein Bischof, trotzdem wird er Dom genannt. Münster ist Monasterium, also eigentlich Kloster, aber im normalen Sprachgebrauch werden mit Münster große Stadtpfarrkirchen ohne Bischof bezeichnet.

Barbara Schock-Werner

"Die Geschichte jeder dieser Kirchen zeigt, wie unterschiedlich ihre Nutzung war".

DOMRADIO.DE: Besonders beeindruckend sind auch die Türme der Kathedralen. Warum sind die Türme für das Charakterbild einer Kathedrale so bedeutend? 

Schock-Werner: Das hat mit früher Selbstbehauptung zu tun. Nicht zufällig ragt das Straßburger Münster mit seinem Turm weithin sichtbar ins Rheintal. Ein deutliches Zeichen: Hier ist die Stadt, hier ist der Bischof, hier ist das Zentrum. 

Blick auf das Freiburger Münster / © makasana photo (shutterstock)
Blick auf das Freiburger Münster / © makasana photo ( shutterstock )

Viele klassische Kathedralen wurden mit zwei Türmen geplant, doch nicht alle haben sie. Konstanz und Straßburg etwa wurden so angelegt, blieben aber bei einem Turm. Freiburg war ursprünglich keine Kathedrale, ist es heute aber. Die Geschichte jeder dieser Kirchen zeigt, wie unterschiedlich ihre Nutzung war. Konstanz war einst das größte Bistum Deutschlands. Heute ist es Freiburg, das lange Zeit gar keines war. Strukturen verändern sich.

DOMRADIO.DE: Ob Basel, Freiburg, Mainz, Speyer, Worms oder Köln. Man kann nicht alle Kathedralen aufzählen, die in diesem Buch besprochen werden. An wen richtet sich das Buch?

Schock-Werner: Es richtet sich an Reisende, die sich auch für Kunst und Kirchen interessieren, sich aber nicht mit schweren Nachschlagewerken belasten wollen. Es ist ganz bewusst handlich. Es passt in die Handtasche und in den Rucksack. Die Texte sind so kurz, dass man sie auch an Ort und Stelle lesen will. Man geht nicht in die Kirche, um sich hinzusetzen und endlose Texte zu lesen.

Kurze Texte gut zu schreiben ist viel schwieriger, als lange Texte gut zu schreiben. Ich hoffe, dass mein Buch dazu beiträgt, dass Menschen sich zuerst das Äußere von Kirchen anschauen – bevor sie wie meist üblich direkt ins Innere drängen. Denn nur wer das Äußere versteht, kann das Ganze begreifen. Wenn man Führungen macht, strebt die Gruppe immer sofort ins Innere. Das ist völliger Unsinn, man muss sich erst einmal das Äußere anschauen.

Barbara Schock-Werner

"Ich wehre mich gegen eine wirkliche Hierarchie in Schönheit".

DOMRADIO.DE: Eine Suggestivfrage: Die schönste Kathedrale ist doch der Kölner Dom, oder?

Blick auf den Kölner Dom / © Ewa Studio (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Ewa Studio ( shutterstock )

Schock-Werner: Da kann ich kaum Nein sagen – auch wenn ich grundsätzlich ungern von der "schönsten" Kirche spreche. Schönheit ist subjektiv. Ich habe über das Straßburger Münster promoviert – eine Kathedrale mit ganz anderer Baugeschichte als der Kölner Dom. Aber sie ist genauso schön. Es gibt kein "schönstes" Gotteshaus.

DOMRADIO.DE: Ihr Herz hängt mehr am Straßburger Münster? 

Schock-Werner: Das würde ich nach vielen Jahren in Köln auch nicht sagen. Ich wehre mich gegen eine wirkliche Hierarchie in Schönheit. 

https://shop.greven-verlag.de/die-schonsten-kathedralen-am-rhein.html

Das Interview führte Tobias Fricke.

Barbara Schock-Werner

Barbara Schock-Werner wurde 1947 in Stuttgart in einer schwäbischen Handwerkerfamilie geboren.

Schock-Werner absolvierte nach der Mittleren Reife an der Mädchenmittelschule zunächst eine Lehre als Bauzeichnerin sowie ein Zimmermanns- und ein Maurer-Praktikum. Ab 1967 studierte sie an der Staatlichen Ingenieurschule für das Bauwesen in Stuttgart Architektur.

Architektin Barbara Schock-Werner / © Julia Steinbrecht (KNA)
Architektin Barbara Schock-Werner / © Julia Steinbrecht ( KNA )

 

 

 

 

 

Quelle:
DR

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