Friedenspreis für "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft"

Ausgezeichnetes Engagement

Der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebungshaft Büren" ist mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet worden. Damit werde die unermüdliche Arbeit des Vereins für abgeschobene Asylbewerber in der "unmenschlichen" Bürener Anstalt gewürdigt, sagte Laudator Günter Wallraff bei der Preisverleihung in Aachen.

 (DR)

Der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebungshaft Büren" ist mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet worden. Damit werde die unermüdliche Arbeit des Vereins für abgeschobene Asylbewerber in der "unmenschlichen" Bürener Anstalt gewürdigt, sagte Laudator Günter Wallraff bei der Preisverleihung in Aachen. Die Einrichtung sei "in Beton gegossener Hohn auf die Menschenrechte", so der Publizist. Der Verein wolle die Verleihung dazu nutzen, auf die Probleme in der Abschiebehaft aufmerksam zu machen, erklärte Vereinsvorsitzender Frank Gockel im domradio-Interview.

"Harsches Ausländerrecht, fragwürdige Haftbeschlüsse und dubiose Gerichtsentscheidungen"
Die ehrenamtlichen Vereinsmitglieder gäben den Insassen den letzten Funken Hoffnung. Verzweiflung, Krankheit, Selbstverletzungen und Selbstmorde gehörten zum Alltag von deutschen Abschiebegefängnissen. Seit 1993 hätten sich 49 Menschen dort selbst getötet, so Wallraff. Der Schriftsteller prangerte auch ein "harsches Ausländerrecht, fragwürdige Haftbeschlüsse und dubiose Gerichtsentscheidungen" an. Immerhin habe der Verein es geschafft, ein Viertel der Häftlinge aus Büren freizubekommen. Das Grundrecht auf Asyl ist nach Einschätzung von Wallraff zum "Ausnahmerecht" geworden. Als Asylbewerber anerkannt zu werden, sei "reine Glückssache". Wo Abgeschobene blieben, wisse niemand. Laut "Antirassistischer Initiative Berlin" seien seit 1993 fast 400 Abgeschobene in der Heimat gefoltert worden, 62 verschwunden und 23 nachweislich getötet worden. "Doch die Dunkelziffer ist gewaltig", sagte der Laudator.

"Massives Unrecht"
Auch die Preisträger bezeichneten die Abschiebehaft-Praxis in Deutschland als massives Unrecht. Die Insassen hätten keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit begangen, erklärten Regina Jäger und Frank Gockel vom Vereinsvorstand vor der Verleihung des mit 1.000 Euro dotierten Preises. Die Insassen fragten immer wieder, warum sie überhaupt im Gefängnis säßen.
Immerhin habe man erreicht, dass nun Telefonzellen und medizinische Versorgung zur Verfügung stehe, so Jäger. Sie hatte die Hilfsinitiative 1994 mitgegründet.

Für unzumutbar hält der Verein auch, dass den Häftlingen das Recht auf einen Pflichtverteidiger verweigert wird. Außerdem hätten die zuständigen Richter meist wenig Ahnung von der Thematik. Die Verfahren zögen sich über lange Zeit hin. Auch müssten die Insassen ihre Haftkosten selbst tragen. Jäger bemängelte weiter, dass auch die Kinder der Häftlinge, zum Teil von den Eltern getrennt, gefangen genommen würden. 2004 seien davon 318 Minderjährige betroffen gewesen. Da die Innenminister die Bleiberechtsregelung bis November verändern wollen, befürchten die Preisträger, "dass vorher noch viele Abschiebungsfälle erledigt werden".

Verein 1994 gegründet
Der Bürener Verein wurde 1994 nach der Eröffnung einer Abschiebehaftanstalt in dem Ort gegründet. Seitdem betreute er nach eigenen Angaben rund 10.000 Häftlinge und ihre Angehörigen.
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter beraten sie, stellen Kontakte zu Anwälten her, begleiten Häftlinge zu Gerichtsverhandlungen, vertreten die Interessen der Flüchtlinge gegenüber der Anstaltsleitung und betreiben Lobbyarbeit. Ziel des Vereins ist eine Abschaffung der Abschiebehaft.

Die Preisverleihung findet jedes Jahr am 1. September, dem Antikriegstag, in Aachen statt. Die Friedenspreis-Bürgerinitiative will Persönlichkeiten oder Organisationen würdigen, die sich "von unten" für den Frieden einsetzen. 2005 ging die Auszeichnung an den katholischen US-Theologen Roy Bourgeois und die Münchner Schauspielerin Hanne Hiob, die Tochter von Bertolt Brecht. Frühere Preisträger waren etwa die Flüchtlingsorganisation "Pro Asyl", eine Hilfsorganisation für Kindersoldaten in Mosambik und die ökumenische US-Gruppe "Pastoren für den Frieden".
(KNA,epd,dr)