Friedensnobelpreisträger Kofi Annan wird 70

Leiser im Unruhestand

Es war ein bisschen still um ihn geworden, seit er Ende Dezember 2006 nach zehn Amtsjahren seinen Stuhl als UNO-Generalsekretär räumte. Sein Comeback im Scheinwerferlicht hatte einen denkbar unerfreulichen Anlass - ging dafür aber sehr erfreulich aus. Für die letztlich erfolgreiche Vermittlung im drohenden kenianischen Bürgerkrieg sprang der leiderprobte Unterhändler und Friedensnobelpreisträger noch ein Mal in die Bresche. An diesem Dienstag wird Kofi Annan 70 Jahre alt.

 (DR)

Man kennt Annan in dieser Rolle: mit einem höflichen, leicht gequälten Lächeln zwischen zwei Rivalen, das am Ende doch Hoffen wider alle Hoffnung ausdrückt. Schließlich war er der Mann mit dem "unmöglichsten Job der Welt". Ein letzter Hoffnungsträger zum Umsteuern des Tankers "Weltgemeinschaft". 11. September, Invasion in Afghanistan, Irak-Krieg: Zwischen den Klippen von Terrorismus, "clash of civilisations" und Völkermord hat er als UNO-Generalsekretär so manchen Schiffbruch erleiden müssen.

Die Meilen, die Annan im Dienst für die Völkergemeinschaft zurückgelegt hat, dürften zusammengerechnet locker ein paar Mal zum Mond reichen. Mancher Einsatz dürfte über die Schmerzgrenze hinausgegangen sein: Spagate tun auch dem Geschmeidigsten weh, wenn er unbeugsam bleiben will. Und Kofi Annan war sich nie zu schade für den täglichen Spagat zwischen Reich und Arm, Nord und Süd, USA und Böse.

Nicht nur bei der UN-Reform, auch und vor allem im Sudan-Konflikt geriet der Makler Annan zuweilen in die Rolle des Ritters von der traurigen Gestalt. Gebetsmühlenartig drohte er der Regierung in Khartum mit Konsequenzen - die jedoch wie erwartet ausblieben. "Nie wieder Ruanda", so beschwor Annan die internationale Nicht-Gemeinschaft. Er, der selbst 1994 als mitverantwortlicher UN-Diplomat beim Völkermord in Ostafrika seine bitterste Stunde erlebte. Das Versagen der UN in Ruanda nahm er auch auf seine Kappe - was seine moralische Autorität noch stärkte.

Auch nach seinem Ausscheiden verkörpert der Volks- und Betriebswirt aus Ghana geradezu die Vereinten Nationen: Über 44 Jahre stand Kofi Annan in ihrem Dienst. Seit 1962 führten ihn seine vielseitigen Tätigkeiten unter anderem nach Addis Abeba, Kairo und Genf. Die irakische Besetzung Kuwaits 1990 und die Massaker an Zivilisten im Bosnien-Konflikt waren diplomatische Feuertaufen für das Amt als oberster Friedenswahrer der Weltgemeinschaft.

Bemerkenswerte Frustrationstoleranz
In der Sprache seines Fante-Stamms im Westen Ghanas bedeutet Kofi "Freitag". An einem Freitag im Dezember 1996 wurde der vornehme Häuptlingssohn zum siebten Generalsekretär der Vereinten Nationen gewählt. An einem Freitag des Jahres 2001, einen Monat nach den Terroranschlägen des 11. September, erhielt Kofi Annan den ersten Friedensnobelpreis des neuen Jahrtausends zugesprochen: für seinen Einsatz um den Frieden in der Welt - aber wohl auch für seine bemerkenswerte Frustrationstoleranz. Fast logisch, dass auch seine Amtszeit am East River mit einem Freitag zu Ende ging.

Nicht mit breitem Kreuz und Herrscherposen, sondern mit feinen Nerven, geistreich und beharrlich hat Annan versucht, der Weltorganisation als Krisenmanager und Sanierer eine neue Autorität zu geben. Immer wieder bekam er schmerzlich seine Grenzen aufgezeigt: durch islamistische Terroristen, die den Frieden nicht wollen; durch die USA, die als größter Schuldner der Vereinten Nationen immer gerne die Erpresserkarte spielen, wenn es darum geht, genehme politische Entscheidungen herbeizuführen. Oder, wie jetzt in Kenia, durch Politiker, die die eigenen Interessen über die Bedürfnisse derer stellen, die ihnen die Macht anvertraut haben.

Trotz mancher Kratzer aus seiner zweiten Amtszeit: Der schmale Krisendiplomat Annan hinterließ am New Yorker East River ein paar ziemlich große Schuhe - die seinem Nachfolger Ban Ki Moon bis heute nicht recht passen wollen.

Von Alexander Brüggemann (KNA)