Rückenwind für Antisemitismusbeauftragten Blume

"Freund der jüdischen Gemeinschaft"

Nach Vorwürfen wegen angeblich antijüdischer Äußerungen erhält der Antisemitismusbeauftragte Michael Blume viel Rückenwind. Der Zentralrat der Juden in Deutschland nannte die Vorhaltungen am Mittwoch auf Twitter "absurd".

Michael Blume / © Harald Oppitz (KNA)
Michael Blume / © Harald Oppitz ( KNA )

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, schätze Blumes Arbeit "uneingeschränkt". Auch die Israelitischen Religionsgemeinschaften in Baden und Württemberg verurteilten eine Verunglimpfung Blumes durch das in Los Angeles ansässige Simon Wiesenthal Center.

"Kämpfer gegen Antisemitismus jeder Form"

Wörtlich heißt es in der gemeinsamen Erklärung der beiden regionalen jüdischen Gemeinden: "Wir kennen Michael Blume bereits seit fast zwei Jahrzehnten als einen außergewöhnlich engagierten und ausgesprochen kompetenten Kämpfer gegen Antisemitismus jeder Form, als einen Freund der jüdischen Gemeinschaft, sowie als einen leidenschaftlichen Brückenbauer nach Israel." Unterzeichnet ist der Text von der Chefin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, Barbara Traub, und ihrem badischen Pendant Rami Suliman.

Weiter heißt es in der Erklärung: "Wie das Simon Wiesenthal Center - ohne mit den Gemeinden vor Ort überhaupt Kontakt zu suchen - auf die Idee kommt, einen derart ausgewiesenen Freund Israels und der Jewish Community auf eine Liste mit Antisemiten zu setzen, ist uns vollkommen unverständlich." Die fehlende Kommunikation des Zentrums mit den jüdischen Gemeinden sei "ein Affront".

Irritation und Befremden

Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland zeigte sich ebenfalls irritiert. "Eine solche Entscheidung erweist sich als kontraproduktiv in der Bekämpfung des sich in diesen Zeiten verschärfenden Antisemitismus." Deutschland habe in dem Bereich zuletzt "außerordentlich viel getan", erklärte der Vorstand, bestehend aus den Rabbinern Avichai Apel, Zsolt Balla und Yehuda Pushkin. Es handle sich "wohl um einen Irrläufer" des Zentrums, der korrigiert werden sollte.

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Uwe Becker, reagierte mit Befremden auf die Liste, auf der Blume und die Deutsche Welle "in einem Atemzug mit dem Mullah-Regime Iran und dem palästinensischen Dschihad" genannt würden. Blumes Diskriminierung durch eine Organisation, "der offensichtlich die Sachkenntnisse vor Ort fehlen, ist nicht akzeptabel".

Die Deutsche Welle (DW) wollte die Liste nicht kommentieren. Arabischen Mitarbeitern des deutschen Auslandssenders werden Holocaust-verharmlosende Kommentare vorgeworfen. Dazu hatte die DW eine unabhängige externe Untersuchung eingeleitet.

Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt, Meron Mendel, warf dem "rechten Wiesenthal-Zentrum" auf Twitter vor, den Antisemitismus-Vorwurf zu nutzen, "um Menschen zu diffamieren". "Mit dem Nazijäger Simon Wiesenthal hat das Zentrum nur den Namen gemein. Statt gegen Antisemitismus zu kämpfen, hetzt es regelmäßig gegen Linke".

Blume bedankt sich für Unterstützung

Blume dankte auf Twitter "für die Zurückweisung von bizarren Vorwürfen" und erklärte, er sei seit seinem Amtsantritt 2018 "rechtsextremem Trolling" ausgesetzt. Als Beispiel nannte er einen in Deutschland und Israel für die "Jerusalem Post" arbeitenden Journalisten. Der Religions- und Politikwissenschaftler Blume war 2018 auf Vorschlag der jüdischen Gemeinden durch den Ministerrat des Landes zum Antisemitismusbeauftragten berufen worden.

Rangliste der "einflussreichsten Antisemiten"

Mit seiner Rangliste der "einflussreichsten Antisemiten" benennt das Simon-Wiesenthal-Zentrum auf die nach seiner Einschätzung zehn weltweit schlimmsten antisemitischen Vorfälle des Jahres. In dem Bericht heißt es, Blume habe "offenbar vergessen, dass es seine Aufgabe ist, Antisemitismus zu bekämpfen, nicht ihn zu 'mögen'". Das Zentrum wirft Blume vor, in Beiträgen in Netzwerken Zionisten mit Nazis verglichen und "antijüdische, israelfeindliche und verschwörerische Twitter-Accounts" mit Likes versehen zu haben.

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum wurde 1977 mit dem Ziel gegründet, den Holocaust und den Hass gegen Juden im historischen und aktuellen Kontext zu erforschen. Es wurde nach dem österreichisch-jüdischen Publizisten Simon Wiesenthal (1908-2005) benannt, der jedoch an der Gründung nicht beteiligt war.

Liste schon häufiger kritisiert

An der Liste des Zentrums gab es schon häufiger Kritik. So stand 2013 der Publizist Jakob Augstein darauf, was der Zentralrat der Juden in Deutschland als ungerechtfertigt bezeichnete. Auch die Aufnahme des deutschen UN-Botschafters Christoph Heusgen 2019 sorgte für Unverständnis, ebenso 2020 die Nennung des Goethe-Instituts und der Kulturstiftung des Bundes.


Quelle:
KNA