Neue Studie zu Antisemitismus in der AfD und der Wählerschaft

Auf allen Ebenen der Partei vorhanden

Antisemitische Äußerungen, Aussagen, die völkisches Denken offenbaren, Juden als Zielscheibe von Kampagnen: Eine Studie kommt zum Ergebnis, dass Judenfeindschaft in der AfD und einem "erheblichen Teil" der Wählerschaft zu finden sei.

Autor/in:
Leticia Witte
Fähnchen mit dem Logo der AfD / © Daniel Karmann (dpa)
Fähnchen mit dem Logo der AfD / © Daniel Karmann ( dpa )

Das ist ein Ergebnis der neuen Handreichung "Die Mobilisierung des Ressentiments. Zur Analyse des Antisemitismus in der AfD" von Lars Rensmann, die das American Jewish Committee (AJC) Berlin Ramer Institute am Freitag online in Berlin vorstellte.

Darin wird an Äußerungen wie die über die NS-Zeit als "Vogelschiss" in der deutschen Geschichte erinnert und auch an einzelne Mitglieder, die wegen offenem Antisemitismus die Partei verlassen mussten. Andere wiederum hätten bleiben dürfen. Die Studie kommt auch zu dem Schluss, dass mitunter Qualitätsmedien antisemitische Stereotype teils unwidersprochen als legitime Meinungsäußerung reproduziert hätten.

"Integraler Bestandteil der radikal rechtspopulistischen Partei"

Zwar sei Judenfeindschaft nicht zentral in Kampagnen, dennoch seien antisemitische Vorstellungen und Verschwörungsdenken "integraler Bestandteil der radikal rechtspopulistischen Partei". Und was die Wähler angeht: Das Papier zitiert eine repräsentative Umfrage des Zentralrats der Juden in Deutschland von November 2021, wonach zum Beispiel 59 Prozent der befragten AfD-Wähler gegenüber 30 Prozent im Bevölkerungsdurchschnitt der Aussage zustimmten, dass Juden "für sich einen Vorteil aus der deutschen Schuld am Holocaust" zögen.

Antisemitisches Gedankengut ist laut Handreichung in programmatischen Äußerungen, politischen Kampagnen sowie in offiziellen Sozialen Medienkanälen der AfD bei Bundestagsabgeordneten und auf allen Ebenen der Partei vorhanden. Die AfD sei Teil einer "Re-Politisierung von antisemitischen Ressentiments" - wobei diese nie in der Gesellschaft verschwunden gewesen seien.

"Ausgeprägtes Verschwörungsdenken" zu finden

In der AfD sei ein "ausgeprägtes Verschwörungsdenken" zu finden. Hinzu komme der Versuch einer nationalistischen Rehabilitierung des "guten Volkes". Für "Post-Holocaust-Antisemitismus" sei heute ein Freund-Feind-Denken charakteristisch, das sich aktuell etwa gegen Juden wie George Soros richte.

Die AfD relativiert oder leugnet dem Papier zufolge "deutschen Antisemitismus" und stellt ihn wesentlich als Problem von Migranten dar. Und: "Innerparteiliche Gruppierungen wie die 'Juden in der AfD', die mit antisemitischer Ideologie inkompatibel erscheinen, erweisen sich als politisch irrelevante Kleingruppen, welche zudem vor allem allgemeine migrations- und frauenfeindliche AfD-Positionen übernehmen." Allerdings habe die Gruppe nur 24 Gründungsmitglieder.

Die Partei äußere zwar bisweilen Unterstützung für Israel, allerdings sei die Solidarität insgesamt "brüchig" und "taktischer Natur". Der von der AfD verbreitete "modernisierte Antisemitismus" könne insgesamt als Teil einer internationalen "autoritär-nationalistischen Revolte gegen die Demokratie" verstanden werden.

Zentralratspräsident Josef Schuster forderte jüngst in der "Jüdischen Allgemeinen", dass die AfD insgesamt vom Verfassungsschutz beobachtet werden solle. Bei der Vorstellung der Studie verwies der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, allgemein auf die Gefahren von Hass und Hetze für die Demokratie. Um auf teils tödlichen Judenhass zu reagieren, brauche es eine "ausgewogene Mischung aus repressiven und präventiven Maßnahmen". Studien zeigten seit mindestens 10 bis 20 Jahren, dass zwischen 15 und 20 Prozent der Bevölkerung antisemitische Einstellungen hätten.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema