"Franziskus-Effekt" auch auf dem Katholikentag

Der Papst ist allgegenwärtig

Drei Reiseziele in acht Tagen: Erst die heikle Nahostreise, dann Rom, und direkt danach zog Papst Franziskus in Regensburg Jung und Alt in seinen Bann. Regensburg? Natürlich kam der Pontifex vom Ende der Welt nicht leibhaftig in die Oberpfalz.

Papst Franziskus auf dem 99. Katholikentag in Regensburg (dpa)
Papst Franziskus auf dem 99. Katholikentag in Regensburg / ( dpa )

Neben dem ehrwürdigen Dom in der Altstadt plötzlich Riesenaufregung und Teenie-Gekreische. Lea, Sarah und Meike hasten durch eine der schmalen Gassen und stoßen an der Ecke mit einer Pappfigur zusammen. Der Papst zum Anfassen! Schnell sind die Smartphones gezückt, wird geklickt und verschickt.

Mindestens zwei Franziskus-Figuren haben sich in Regensburg unters Kirchenvolk gemischt. Eine lächelnde Version des Bistums Essen und ein ernst dreinblickender Heiliger Vater, mit dessen Hilfe ZDF-Redakteur Jan Frerichs Passanten und ihre Stimmen einfängt. "Fast jeder lässt sich gern mit ihm fotografieren", sagt er. "Das ist ein Phänomen." Doch die Papst-Präsenz an der Donau war keineswegs nur oberflächlich und von Pappe.

Papst sorgt für neuen Schwung

Nicht wenige der gut 1.000 Veranstaltungen nahmen Bezug auf den globalen Sympathieträger. Unzählige Redner und Prediger sowieso. Franziskus sorgte auch beim Katholikentag für neuen Schwung. Bundesministerin Andreas Nahles brachte es auf den Punkt: Wegen mehrerer Skandale habe sie sich als Katholikin zeitweise in der Defensive gefühlt, und das habe sich dank Franziskus geändert. "Mich macht das froh", bekannte Nahles.

Ähnlich beschwingt zeigten sich in Regensburg viele Geistliche, etwa der Präsident von missio München, Wolfgang Huber: "Es ist sehr viel in Bewegung gekommen, viele wollen wieder mitmachen." Und für das Zentralkomitee der Katholiken bilanzierte Alois Glück: "Wir spüren den Franziskus-Effekt." Auf die Zahl der Teilnehmer hat dieser sich zwar noch nicht ausgewirkt. Aber frühere Tabu-Themen könnten in der Kirche nun zur Sprache kommen.

Ob deshalb zum ersten Mal Vertreter des kirchlich nicht anerkannten Beratungsvereins "Donum Vitae" mit auf ein Podium durften? Die Diskussion mit ihren Kritikern verlief fast durchgängig sachlich und konstruktiv - und manch ein Zuhörer fragte sich, warum so etwas nicht schon früher möglich war. Selbst die kritischen Basisgruppen inszenierten diesmal keinen spektakulären Kontrapunkt "von unten", sondern machten hier und da auch im offiziellen Teil mit - als "Katholikentag plus".

Papst Grußwort: Die Sorgen der Ränder nicht vergessen

Alles passend zum Motto "Mit Christus Brücken bauen". Einerseits zum Brückenschlag aufzurufen und andererseits Brücken abzureißen - das wäre ohnehin kaum zu vermitteln. Auch angesichts einer Persönlichkeit wie Franziskus als Pontifex, was nicht nur "Brückenbauer" bedeutet, sondern sich mehr und mehr als starker Akzent seines Programms herausschält.

Gleich in seinem eigens zum Katholikentag verfassten Grußwort schnitt der Papst eines seiner Lieblingsthemen an: Er rief dazu auf, "die Sorgen der Ränder" nicht außer Acht zu lassen. Zufall, dass im Programmheft ein Pilgerweg auftaucht zu Stationen am Rand der Gesellschaft? Unter Verweis auf Franziskus fanden viele Diskussionen statt, unter anderem ein großes Podium zu seinem Wunsch nach einer armen Kirche für die Armen. Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Kardinal Reinhard Marx nannte diese Idee eine "heilsame Provokation für eine verbürgerlichte Kirche". Diesen Aspekt griffen natürlich erst recht die Planer des konsum- und kritischen "Plus"-Programms gerne auf, in Vorträgen wie "Der Papst, die Kirche und der Kapitalismus".

Vielfältiger Brückenbau also, der sich oft an den groben Skizzen des Architekten Franziskus orientierte. So hatten auch manche eher konservative Gruppen und Bischöfe den Weg in die Oberpfalz gefunden, die zuletzt auf Katholikentagen eher nicht zu sehen waren. Austausch und Gespräche überall. Roma locuta, causa finita? Rom hat zwar gesprochen, aber dadurch ist so manche Entwicklung eben nicht beendet, sondern im Fluss. Und durch die Katholikentags-Stadt Regensburg ziehen gleich vier Flüsse.

Von Thomas Winkel


Papst Franziskus als Pappaufsteller beim Katholikentag (dpa)
Papst Franziskus als Pappaufsteller beim Katholikentag / ( dpa )
Quelle:
KNA