Franziskaneroberer im Amt bestätigt

Carballo, die Zweite

Jose Rodriguez Carballo (56) bleibt Oberer des Franziskanerordens. Die Generalversammlung bestätigte den gebürtigen Spanier am Donnerstag für sechs weitere Jahre an der Spitze der Gemeinschaft von 15.000 Franziskanern in 113 Ländern weltweit. Die Entscheidung der 152 Delegierten für den klaren Favoriten Rodriguez fiel nach einem kurzen Wahlgang im mittelitalienischen Assisi, der Heimatstadt des Ordensgründers Franziskus.

 (DR)

Als Leiter der Abstimmung hatte Papst Benedikt XVI. Kardinal Jose Saraiva Martins zum 187. Generalkapitel des Ordens entsandt. Rodriguez war bereits vor seiner ersten Wahl zum Generalminister 2003 in der Ordensführung tätig. Unter anderem leitete er die spanische Franziskanerprovinz Santiago di Compostela, war international für Bildungsfragen verantwortlich und amtierte als Präsident der Union der Minderbrüder in Europa.

Neben Leitungserfahrung kann Rodriguez auch einen beachtlichen akademischen Lebenslauf vorweisen: In Jerusalem und in Rom spezialisierte er sich auf Biblische Theologie und Bibelwissenschaften. Diese Fächer unterrichtete er am theologischen Seminar im spanischen Vigo und an der Fakultät von Santiago di Compostela.

Die franziskanischen Gemeinschaften begehen in diesem Jahr ihr 800-jähriges Bestehen. Rodriguez, 119. Nachfolger des Franziskus, leitet den Orden in einer schwierigen Übergangsphase. In Deutschland vereinigen sich 2010 die bislang vier Franziskanerprovinzen zwischen Nordsee und Alpen zu einer einzigen, deren Leitung dann in München sitzt. Die österreichischen Franziskaner legten ihre Provinzen bereits stufenweise zusammen; im Sommer schließen sich ihnen die zwei Dutzend Schweizer Mitbrüder als abhängige Kustodie an.

In seiner Grundsatzrede zur Eröffnung des Generalkapitels in der vergangenen Woche hatte Rodriguez die Franziskaner zu neuem missionarischen Schwung aufgerufen. Dafür sei es nötig, die Bedürfnisse der heutigen Menschen wahrzunehmen. Zugleich plädierte der Generalobere für eine stärkere kontemplative Ausrichtung des franziskanischen Lebens. Von den Ordensleuten müsse ein «prophetischer Ruf» in einer Welt ausgehen, in der falsche Idole zunähmen und der Glaube geschwächt und verzerrt werde.