Forderung nach aktiver Pastoral

Papst trifft polnischen Klerus

Papst Benedikt XVI. hat an den polnischen Klerus appelliert, sich stärker an die Seite der Mitmenschen zu stellen. Das Land stehe vor großen pastoralen Herausforderungen, sagte er am Mittag in der Warschauer Johannes-Kathedrale. Wegen Arbeitslosigkeit würden viele Polen beispielsweise gezwungen, ins Ausland zu gehen.

 (DR)

Papst Benedikt XVI. hat an den polnischen Klerus appelliert, sich stärker an die Seite der Mitmenschen zu stellen. Das Land stehe vor großen pastoralen Herausforderungen, sagte er am Mittag in der Warschauer Johannes-Kathedrale. Wegen Arbeitslosigkeit würden viele Polen beispielsweise gezwungen, ins Ausland zu gehen. Angesichts getrennter Familien und zerbrechender sozialer Bindungen könne die Kirche nicht gleichgültig bleiben, forderte der Papst vor rund 1.000 Geistlichen. Auch die Polen im Ausland brauchten Begleitung.

Spezialisten für die Begegnung mit Gott
Benedikt XVI. rief die Kleriker dazu auf, sich voll auf die Seelsorge zu konzentrieren. "Von Priestern erwarten die Gläubigen nur eines: dass sie Spezialisten für die Begegnung zwischen Mensch und Gott sind." Es sei nicht nötig, dass sie in allen aktuellen und sich ändernden Denkrichtungen bewandert seien. Sie sollten vielmehr "Zeugen der ewigen Weisheit" sein. Zugleich warnte das Kirchenoberhaupt vor "Versuchungen des Relativismus".

Benedikt XVI. appellierte an die Geistlichen, die christliche Botschaft offen und selbstbewusst weiter zu tragen. In der Zeit des Totalitarismus sei eine unbewusste Neigung entstanden, sich hinter einer Maske zu verbergen. Dies behindere die Seelsorger und könne zu einer übertriebenen Konzentration auf sich selbst führen. Zugleich mahnte Benedikt XVI. zu einem intensiven spirituellen Leben.

Papst: Nicht vorschnell über vergangene Generationen richten
Bei seiner Begegnung mit Klerikern in Warschau warnte Benedikt XVI. auch vor vorschnellen historischen Urteilen in der Kirche.

Man dürfe sich nicht zum Richter über vergangene Generationen erheben, die zu anderen Zeiten unter anderen Umständen gelebt hätten. Zwar sei die Kirche heilig, in ihr gebe es jedoch sündige Menschen, betonte er unter Hinweis auf die Vergebungsbitten von Papst Johannes Paul II. im Heiligen Jahr 2000.

Man müsse sich davor hüten, sich nur mit denen identifizieren zu wollen, die ohne Sünden seien, warnte der Papst. Daher sei eine aufrichtige christliche Reue und Buße zum Bekenntnis der persönlichen Sünden nötig. Gefordert sei demütige Aufrichtigkeit, betonte der Papst. Man dürfe nicht die Sünden der Vergangenheit leugnen, sollte nicht leichtfertigen Anklagen ohne echte Beweise nachgeben und dürfe nicht das Vorverständnis der damaligen Situation außer Acht lassen. Benedikt XVI. ließ nicht erkennen, welche historischen Epochen er damit im Blick hatte.

Am Ende der Begegnung mit dem Klerus begab sich Benedikt XVI. zu einem kurzen Gebet an das Grab des früheren polnischen Primas Stefan Wyszynski (1901-81) in einer Seitenkapelle der Kathedrale. Von der Kathedrale aus fuhr Benedikt XVI.  zu einem privaten Mittagessen auf Einladung von Kardinal Jozef Glemp in das Erzbischöfliche Palais von Warschau.