Flughafenseelsorge war auch während der Pandemie präsent

Ein offenes Ohr für alles

Mit Beginn der Osterferien und der gleichzeitig kaum noch bestehenden Corona-Beschränkungen werden sich die Flughäfen in Deutschland füllen. Die Vorfreude auf den Urlaub ist groß. Bei Problemen hilft auch die Flughafenseelsorge.

Eine Familie am Flughafen auf dem Weg in den Urlaub / © Halfpoint (shutterstock)
Eine Familie am Flughafen auf dem Weg in den Urlaub / © Halfpoint ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie ist die Stimmung bei Ihnen? Erwarten Sie ab Samstag einen größeren Ansturm am Flughafen?

Johannes Westerdick (Flughafenseelsorger am Airport Düsseldorf): Ganz ehrlich? Wir erwarten ihn heute schon so ab Nachmittag. Wenn die Schule aus ist, wird es losgehen. Danach wird sich das in Richtung Karfreitag oder Ostern sicherlich noch weiter steigern. Das wird schon ein ungewohntes Bild sein nach der doch sehr langen Zeit, in der es sehr ruhig war.

Flughafenseelsorger Johannes Westerdick und Ute Clevers / © Moschheuser (Flughafenseelsorge Düsseldorf )

DOMRADIO.DE: Was erwarten Sie für die Flughafenseelsorge?

Westerdick: Da wird auch wieder mehr los sein mit den üblichen Fragen: Wo checke ich ein? Aber natürlich auch noch: Welche Corona-Regelungen gelten in dem Land, wo ich hinreise? Braucht man einen Corona-Test bevor man losfliegt? Ansonsten scheint ja Corona nicht mehr zu existieren.

DOMRADIO.DE: Sie bieten Gespräche an vor Ort, aber auch per Telefon. Mit welchen Anliegen neben den schon gehörten Fragen kommen die Menschen zu Ihnen?

Westerdick: Das ist sehr unterschiedlich. Vor Corona waren es viele Orientierungsfragen, wie man sich auf dem Flughafen zurechtfindet. Aber auch Themen wie Flugangst oder die Überbringung von Todesnachrichten wie: Unsere Tochter kommt aus dem Abi-Urlaub zurück und wir müssen ihr leider sagen, dass währenddessen ihr Vater verstorben ist. Wie können wir das tun? Das sind schon Herausforderungen auf der Passagierseite.

Ansonsten kommen die Mitarbeitenden auf dem Flughafengelände zu uns. Vor Corona waren es relativ wenige, aber in Corona-Zeiten sind es mehr geworden, weil viele ihren Job verloren haben, Angst hatten, weil sie keine Berufsperspektive hatten und dann ins Gespräch gekommen sind. Sie kommen auch mit ganz persönlichen Anliegen wie der Krebserkrankung der Frau und der Unsicherheit, damit umzugehen. Oder: "Hast du mal Luft für mich? Ich könnte meinen Sohn an eine Wand nageln, der ist gerade so in der Pubertät".

DOMRADIO.DE: Wird ihr Seelsorgerangebot in dieser Phase der Pandemie anders wahrgenommen als vorher? Sie haben schon gesagt, die Anliegen haben sich auch ein bisschen geändert.

Westerdick: Ganz genau. Die Mitarbeitenden des Flughafens haben uns in dieser Corona-Zeit erlebt, weil wir da geblieben sind. Wir hatten Zeiten, da war hier wirklich Stille im Flughafen. Pro Tag gab es vielleicht fünf Flüge und es waren kaum Mitarbeitende da. Selbst der Info-Schalter war zu oder die Polizei war nicht präsent. Wir waren aber präsent, und das ist bei den Mitarbeitenden hängengeblieben, dass wir ansprechbar sind, zuhören, Zeit haben und für die kleinen und großen Nöte des Lebens da sind. Wir verstehen uns als Dorfkirche im Flughafen, wo man mit allen Anliegen vorbeikommen kann.

Flughafenseelsorger Westerdick

"Wir verstehen uns als Dorfkirche im Flughafen, wo man mit allen Anliegen vorbeikommen kann."

In der Zeit ist noch einmal mehr deutlich geworden, was sowieso unsere Aufgabe ist, dass wir für die Gestrandeten am Flughafen da sind: alle Sozialfälle von dauerhaft Wohnungslosen bis zu psychisch Kranken oder kurzfristig Gestrandeten.

Passagiere stehen im Flughafen in Düsseldorf vor einer Infotafel / © David Young (dpa)
Passagiere stehen im Flughafen in Düsseldorf vor einer Infotafel / © David Young ( dpa )

Zu uns kam zum Beispiel eine Person aus Südamerika, die ein Jahr lang wegen Corona nicht zurückfliegen konnte. Wir mussten irgendeine Perspektive für sie in Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst und den sozialen Netzwerken der Stadt Düsseldorf entwickeln. Diese Person hat eine Wohnung und Arbeit bekommen und wird jetzt auch in Deutschland bleiben. Das sind natürlich auch so Einzelfälle, wo man dann einfach genauer hinguckt und sich engagiert.

DOMRADIO.DE: Die Inzidenz ist ja immer noch ziemlich hoch, trotzdem wurden die Corona-Regelungen gelockert, so auch die Maskenpflicht. Fluggäste sitzen ja teilweise stundenlang auf engem Raum im Flughafengebäude. Fühlen Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz sicher?

Westerdick: Ja, das schon, weil wir auch für uns und mit unseren 35 Ehrenamtlichen, die wir im Moment haben, darauf achten, dass wir hier vor Ort in aller Regel Maske tragen, obwohl die Maskenpflicht nicht mehr besteht. Nur dann, wenn man in einem Einzelgespräch ist und ein gutes Gefühl hat, nimmt man auf Distanz die Maske ab. Es ist im Moment noch so, dass doch noch auch relativ viele Menschen im Flughafen Maske tragen. Aber das bröckelt zunehmend. Die Menschen sind froh, die Maske wieder loszuwerden.

Das Interview führte Michelle Olion.

Quelle:
DR