Ein Anti-Geldwäsche-Test erwischt den Vatikan zur Unzeit

Finanzplatz Vatikan vor dem Jüngsten Gericht

 Im Vatikan steht eine Überprüfung durch den Anti-Geldwäsche-Ausschuss Moneyval an. Sie trifft den Heiligen Stuhl in einem denkbar schlechten Moment: Die Finanzaufsicht des Papstes ist schwer angeschlagen.

Autor/in:
Von Burkhard Jürgens
Vatikan wird auf Geldwäsche überprüft / © Julia Steinbrecht (KNA)
Vatikan wird auf Geldwäsche überprüft / © Julia Steinbrecht ( KNA )

In Thailand ermutigte Papst Franziskus die Gläubigen, sich mit Sündern an einen Tisch zu setzen. Das könnte er womöglich bald selbst mit Kunden und Partnern seiner Finanzinstitutionen in Rom. Den Vatikan holt augenblicklich das alte Image eines Hafens für zweifelhafte Anleger wieder ein, das er in den vergangenen neun Jahren mühsam abgestreift hatte.

Banker des Papstes: Schafe oder Böcke?

Bis diese Woche muss der Heilige Stuhl einen umfangreichen Fragebogen des europäischen Expertenkomitees für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung, Moneyval, beantworten. Das Dossier dient zur Vorbereitung eines Ortstermins Ende April, bei dem die Einhaltung der betreffenden Maßnahmen im Vatikan überprüft wird. Das Gutachten entscheidet darüber, ob die Banker des Papstes im Königreich der Finanzwirtschaft zu den Schafen oder den Böcken gezählt werden, den tugendsamen Seligen oder den Verfemten.

Eine zentrale Rolle bei der Rechenschaft fällt der vatikanischen Behörde für Finanzinformation (AIF) zu. Doch die ist gerade gelähmt. Ihr Präsident Rene Brülhart hat seinen Posten verlassen, der Direktor Tommaso Di Ruzza ist suspendiert, der halbe Aufsichtsrat hat den Bettel hingeworfen. Die Egmont Group, eine Kooperation von Finanzaufsichtsbehörden weltweit, sperrte den Vatikan von ihrer Informationsplattform aus.

Turbulenzen in der vatikanischen Finanzwelt

Der Heilige Stuhl scheint an seinem Unglück nicht ganz unschuldig. Am 1. Oktober führte die vatikanische Staatsanwaltschaft - nach Hinweisen der Vatikanbank IOR und der Antikorruptionsstelle - eine Razzia in Büros der obersten Kurienleitung und der Finanzaufsicht durch. Hintergrund waren eine missratene Immobilieninvestition des Staatssekretariats in dreistelliger Millionenhöhe und ein problematischer Rettungsversuch.

Im Zuge der Ermittlungen wurden umfangreiche Materialien beschlagnahmt, darunter nach Aussage der AIF Akten und Aufzeichnungen in Zusammenhang mit einer Verdachtsmeldung, die mehrere ausländische Jurisdiktionen involvierte. Dem Vernehmen nach händigte die Vatikanpolizei, die die Durchsuchung veranstaltete, bis heute keine Liste der mitgenommenen Unterlagen aus.

Sensible Infos und undichte Stellen

Zwar stehen sämtliche Akten und Informationen der AIF nach deren Statuten unter einem besonderen Geheimhaltungsschutz; aber nach der hemdsärmeligen Haussuchung der päpstlichen Gendarmerie, die ohnehin ein Problem mit undichten Stellen hat, ist unklar, welche sensiblen Informationen in wessen Händen landeten. Vorsichtshalber kappte daher die Egmont Group den Zugang des Vatikan zu ihrer Datenbank.

Weiter wurden, wie ein Leck bei der Vatikanpolizei preisgab, vier Mitarbeiter des Staatssekretariats und AIF-Direktor Di Ruzza suspendiert. In Bezug auf die AIF gab Staatsanwalt Gian Piero Milano in einem Schreiben an, die Rolle der Behörde bei dem fraglichen Finanzgeschäft sei nicht klar. Konkrete Vorwürfe nannte er nicht. Die Aufsichtsbehörde stellte sich in einer Erklärung hinter Di Ruzza und bestritt jegliches Fehlverhalten.

Immer mehr Köpfe gehen

Faktisch ist der Vatikan bei der Finanzkontrolle nun nach zwei Seiten hin blockiert: Die Exkommunikation durch die Egmont Group hängt ihn vom internationalen Informationsaustausch ab, und mit Di Ruzza fehlt der Kopf für vatikaninterne Ermittlungen.

Als Konsequenz legten bislang zwei der vier Aufsichtsratsmitglieder ihr Mandat nieder. Der deutsch-französische Banker Marc Odendall erklärte seine Funktion für überflüssig, da die AIF nunmehr eine leere Hülle sei. Zwei Tage später trat auch der US-amerikanische Finanz- und Sicherheitsexperte Juan Zarate zurück.

Mit dem Schweizer Brülhart, der im Herbst 2012 zu der anderthalb Jahre zuvor aufgestellten AIF stieß, geht der Mann, der den Vatikan 2013 in die Egmont Group brachte; von 2010 bis 2012 war er Vizepräsident der Gruppe.

Wer übernimmt?

Der Posten des Wirtschaftsprüfers, gleichfalls wichtig für einen tadellosen Ruf in Finanzdingen, ist vakant, seit der erste Amtsinhaber Libero Milone 2017 im Eklat abtrat. Man warf man ihm Kompetenzüberschreitung vor. Unlängst sagte Milone aber in einem Interview, die Vatikan-Justiz habe die Anschuldigungen gegen ihn als unbegründet fallengelassen. Das stärkt den Eindruck, dass bestimmte Kräfte im Vatikan den lästigen Aufpasser damals einfach loswerden wollten.

Nach seiner Rückkehr aus Asien am heutigen Dienstag will der Papst einen Nachfolger für Brülhart bekanntgeben. Es wird kein leichter Job.


Quelle:
KNA