Der etwas andere Sessionsstart in Köln

Feiern in Corona-Zeiten?

Der Karnevalsstart am 11.11. soll nur ein normaler Werktag sein. Trotzdem bleibt für den Diakon und Büttenredner Willibert Pauels der 11.11. ein besonderer Tag, der auch gefeiert werden könne. In diesem Jahr allerdings anders als gewohnt.

Kampagnen-Plakat mit Moderatorin Janine Kunze und der Aufschrift: "Am 11.11. feiere ich nicht" / © Oliver Berg (dpa)
Kampagnen-Plakat mit Moderatorin Janine Kunze und der Aufschrift: "Am 11.11. feiere ich nicht" / © Oliver Berg ( dpa )

DOMRADIO.DE: Ist 2020 ein trauriges Jahr für die Jecken?

Willibert Pauels (Diakon, Kabarettist und Büttenredner): Traurig ist es für mich persönlich eigentlich nicht, denn das liegt ja an einem selbst, ob man traurig ist oder nicht. Aber traurig ist es für alle, die vom Karneval leben. Da ist es eine Katastrophe. Beim Feiern aber kommt es darauf an, was wir machen.

DOMRADIO.DE: In diesem Jahr ist der 11.11. ein Tag wie jeder andere im Kalender, so hat es die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker gesagt. Aber kann man da einfach so umschalten, wenn man Jeck ist?

Pauels: Der 11.11. bleibt der 11.11. Das ist ein besonderer Tag, genauso wie der 25.12. oder Heiligabend, der 24.12. Kein Virus dieser Welt kann ihn abschaffen. Und da möchte ich jetzt mal etwas philosophisch werden. Wenn Verschiedenes in einem zusammenfällt, dann nennt man das Symbol. Das kommt vom Griechischen "syn" und bedeutet "zusammen". Im Griechischen ist das Gegenteil "dia", also "auseinander", und das Gegenteil von symbolisch ist diabolisch, also teuflisch. Immer, wenn etwas gespaltet oder getrennt wird, ist es etwas Teuflisches.

Das Unbehagen, was die meisten Menschen an den Maßnahmen haben, ist, dass man getrennt wird und nicht zusammenkommen darf. Das spüren die Menschen. Das ist etwas Teuflisches. Göttlich ist es immer dann, wenn wir zusammenkommen dürfen. Und das ist auch das Tolle an Karneval. Die verschiedenen Schichten, Oben und Unten, gibt es nicht mehr, die Klassen werden aufgehoben. Der einzige Punkt, wo der Kommunismus klappt, ist, wenn man zusammen feiern kann.

DOMRADIO.DE: "Nur zesamme sin mer Fastelovend", so lautet doch auch das Motto, oder?

Pauels: Genau, dieses schon fast prophetische Motto. Jetzt ist eine Katastrophe da. Wir können nicht zusammenkommen. Ich sage: können wir doch. Und zwar in den Urzellen, die die ganze Gesellschaft aufbaut: in der Familie. Konkret heißt das: wir wohnen sowieso zusammen, wir sind zusammen, wir können zusammen traurig sein, wir können zusammen trauern. Aber wir können auch zusammen feiern. Das ist mein Appell!

Lasst euch von niemandem, auch nicht von der Kanzlerin, auch nicht vom Armin Laschet und auch erst recht nicht von einem Virus befehlen, die innerste Struktur, die Familienstruktur zu spalten. Deshalb können wir auch in der Urzelle, in der Familie Karneval feiern. Wir sind uns zu 99,999 Prozent sicher, dass bisher bei uns in der Familie kein Virus eingedrungen ist. Und warum soll der am 11.11. eindringen?

DOMRADIO.DE: Gibt es dann am 11.11. Berliner oder Weckmänner?

Pauels: Was immer untergeht ist, dass der 11.11. auch der Martinstag ist. Bei uns gibt es Berliner, aber Sankt Martin ist trotzdem immer präsent. Das einzige Teilen, was christlich ist, ist das Teilen der Güter. Da ist die Spaltung gut. Der Martin hat seinen Mantel geteilt, damit der Bettler dazugehört, damit er sich wärmen kann. Der Bettler gehört in die Liebe hinein, deshalb hat er geteilt. Das ist die einzige Spaltung, die wir zulassen. Die Spaltung der Güter, die wir dann verteilen.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR