Kölner Gymnasium mit Fairtrade Award ausgezeichnet

Fair macht Schule

Seit knapp zwei Jahren ist das Kölner Hildegard-von-Bingen-Gymnasium als Fairtrade School zertifiziert. Jetzt haben die Schülerinnen und Schüler auch noch einen Nachwuchspreis beim Fairtrade Award, dem "Oscar des fairen Handels", erhalten.

Autor/in:
Hilde Regeniter
Mira und Mia, Lehrerin Nicole van Rahden, Diamond, Ida und Anastasia / © Hilde Regeniter (DR)
Mira und Mia, Lehrerin Nicole van Rahden, Diamond, Ida und Anastasia / © Hilde Regeniter ( DR )

Am Anfang waren die alten Weltkarten im Schulkeller. Lehrerin Nicole van Rahden fand sie viel zu schade zum Wegwerfen und dachte gleich, dass sich daraus noch etwas Gutes basteln lässt. Nach dem grünen Licht der Schulleitung ging die Arbeitsgemeinschaft "Weltbürger" an den Start – mit einem so genannten Upcycling Projekt.

Jeweils freitags trafen sich Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Jahrgangsstufen, um aus ausrangierten Landkarten und Atlanten zwei Stunden lang neue Sachen zu machen - Taschen und Federmäppchen, Grußkarten, Schmuck und später sogar Lampenschirme.   "Die haben wir dann verkauft und den Erlös gespendet, zum Beispiel an unsere Partnerschule in Tansania", erzählt die 16-jährige Mira, die vom Anfang in 2016 an dabei ist.

Solidarisch mit Menschen, denen es schlechter geht

"Weltbürger" haben sie sich genannt, erklärt Mira weiter, weil sie über den Tellerrand der privilegierten Deutschen hinaus gucken wollen; solidarisch sein mit Menschen, die in anderen Ländern unter oft miserablen Bedingungen schuften, um Konsumgüter für den reichen Westen herzustellen. "Wir glauben an ein großes Wir-Gefühl rund um die Welt und daran, dass es uns nicht nur um uns selbst immer geht!"

Denn übers Upcyceln sind die "Weltbürger"  vom HvB schnell auf den fairen Handel gestoßen. Gemeinsam mit ihrer Geschichts-, Englisch- und Philosophie-Lehrerin van Rahden besuchten sie Faitrade-Läden in Köln, unterhielten sich mit den Betreibern und stellten fest, dass es für echte Nachhaltigkeit auf zweierlei ankommt: dass nämlich Produkte sowohl unter fairen Arbeitsbedingungen gefertigt werden als auch aus umweltverträglichen Materialien. 

Modeschauen mit fairen Klamotten organisiert

Weil für Teenagerinnen und Teenager die richtigen Klamotten so wichtig sind, war der Schritt zu fairen Kleidern naheliegend. Die "Weltbürger"-AG organisierte gleich mehrere Modeschauen mit fairen und nachhaltigen Outfits. "Das war schon aufregend – als Model auf dem Laufsteg", erinnert sich die 14-jährige Diamond. Weil ihre Familie aus Ghana stammt, präsentierte sie ein traditionelles, extra von ihrer Mutter genähtes Kleid. Andere trugen Second Hand oder aktuelle Ware aus Kölner Geschäften, die faire Textilen anbieten. "Wir haben gesehen, dass das nicht so öde nach Öko aussehen muss, sondern richtig cool sein kann", meint Mira. Anastasia und Ida, zwei 13 Jahre alte Achtklässlerinnen, nicken.

Wie viele andere waren sie schwer beeindruckt von einem Vortrag, den asiatische Arbeitsrecht-Aktivistinnen 2018 an ihrem Gymnasium gehalten haben. Kalpona Akter aus Bangladesch und eine Kollegin aus Myanmar erzählten den Schülerinnen und Schülern, wie schon kleine Mädchen in den Textilfabriken ihrer Heimatländer für einen Hungerlohn ausgebeutet werden. Obwohl die Veranstaltung freiwillig war, war die Aula damals voll und der Auftritt der beiden Frauen noch tagelang Gesprächsthema auf dem Schulhof.

Umdenken nach Vortrag 

Seitdem, erzählt Anastasia, trägt sie viel häufiger als früher Hosen, Röcke und Pullis ihrer älteren Schwester auf. Auch Ida glaubt, dass viele an ihrer Schule nicht mehr so sehr dem schnellen Trend hinterherlaufen, sich öfter fragen: "Brauche ich das jetzt wirklich?."  Stolz sind die jungen Frauen übrigens auch auf die öko-faire Schul-Kollektion, für die Oberstufen-Schülerinnen und Schüler im vergangenen Jahr ein Extra-Schul-Logo entworfen und trotz Fair-Trade-Standards einen guten Preis ausgehandelt haben – 15 Euro für die T-Shirts, 35 für die Hoodies.

Zusätzlich zu den Weltbürgern ist dann noch ein Fairtrade-Schulteam entstanden, das Nicole van Rahden gemeinsam mit ein paar Kolleginnen leitet. Bis zur Corona-Krise hat dieses Team zwei Mal in der Woche faire Snacks für Schüler verkauft sowie an Elternsprechtagen eine Cafeteria mit fairem Kaffee und Kuchen organisiert. Am Valentinstag boten sie faire Rosen an und am Nikolaustag faire Schoko-Nikoläuse. Und weil sie alle zusammen noch eine ganze Reihe weiterer Kriterien erfüllten, wurden sie dann im November 2018 ganz offiziell als Fairtrade School anerkannt,

Freude über den Fair Award

Dass das der Schulgemeinschaft noch einmal einen positiven Schub versetzt hat, davon ist Nicole van Rahden überzeugt. Sie habe immer gern am HvB gearbeitet, aber durch das gemeinsame Engagement sei ihr Kontakt zu den Schülern enger geworden, sagt sie. "Wir besprechen unsere Projekte wirklich auf Augenhöhe, überlegen gemeinsam, was wir noch wie machen können."  Die Fridays for Future-Bewegung hat ihrer Nachhaltigkeitsarbeit auf jeden Fall Auftrieb gegeben, sagt die Pädagogin und freut sich jetzt gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern über die Würdigung beim Nachwuchspreis der Fair Awards – den größten Auszeichnungen im fairen Handel. Er hilft, ihre Botschaft weit über die Schulmauern hinaus zu tragen: "Dass wir alle zusammen viel nachhaltiger leben müssen – und das auch können!"


Modenschau mit fairen Klamotten / © Nicole van Rahden (privat)
Modenschau mit fairen Klamotten / © Nicole van Rahden ( privat )

Ida und Anastasia engagieren sich für fairen Handel / © Hilde Regeniter (DR)
Ida und Anastasia engagieren sich für fairen Handel / © Hilde Regeniter ( DR )

Kölner Gymnasium erhält Fairtrade Award / © Nicole van Rahden (privat)
Kölner Gymnasium erhält Fairtrade Award / © Nicole van Rahden ( privat )

Ida, Diamond und Anastasia führen Oberteile aus der Schul-Kollektion vor / © Hilde Regeniter (DR)
Ida, Diamond und Anastasia führen Oberteile aus der Schul-Kollektion vor / © Hilde Regeniter ( DR )
Quelle:
DR