Expertin will bessere rechtliche Regelungen gegen Missbrauch

Seelsorgebeziehungen einbeziehen

Um Menschen in der Seelsorge vor Missbrauch zu schützen, sind laut der Theologin Barbara Haslbeck bessere rechtliche Regelungen nötig. Sie ist Beraterin bei der Anlaufstelle für Frauen, die im kirchlichen Raum Gewalt erfahren haben.

Anwältin mit Gesetztestext / © Kzenon (shutterstock)

"Deshalb fordere ich, sexuellen Missbrauch in Seelsorgebeziehungen als Erweiterung in den § 174c des Strafgesetzbuches aufzunehmen. Sexuelle Handlungen innerhalb von Seelsorgeverhältnissen sind unter Strafe zu stellen", sagte Haslbeck im Interview des Portals katholisch.de (Dienstag).

Frauen sollten gestärkt werden

In der Anlaufstelle gehe es vor allem darum, dass Betroffene - hin und wieder meldeten sich auch Männer - "eine Ermutigung erfahren, die Lösung selbst zu suchen", so die Expertin. Die Frauen sollten gestärkt werden. Manch einer helfe es, den Täter anzuzeigen. "Wir haben im Team mehrere Kirchenrechtlerinnen und eine Juristin, die die rechtliche Situation aufzeigen."

Seelsorger im Gespräch / © Corinne Simon (KNA)
Seelsorger im Gespräch / © Corinne Simon ( KNA )

Allerdings verlaufe eine Anzeige oft im Sand, kritisierte Haslbeck.

Die Aussage eines Erwachsenen stehe gegen die Aussage eines anderen Erwachsenen. Auch kirchenrechtlich gebe es für den Missbrauch an Erwachsenen nur wenige Regelungen. "Für Betroffene ist ein Verfahren in der Regel extrem schwer auszuhalten."

Täter oftmals sehr charismatische Menschen

Täter könnten sehr charismatische Menschen sein, die mit Blick auf einen sexuellen Missbrauch in der Seelsorge die Situation vorher lange austesteten, erklärte Haslbeck. "Sie machen sich für die Person unentbehrlich." Besonders gefährdet seien Menschen, die in einer aktuellen Krise steckten. Auch junge Leute seien besonders verletzbar. Betroffene seien in ihrer Urteilskraft geschwächt.

Beichtstuhl / © Julia Steinbrecht (KNA)
Beichtstuhl / © Julia Steinbrecht ( KNA )

In einem guten Seelsorgegespräch dagegen könnten Menschen ihre auch teils widersprüchlichen Gefühle thematisieren sowie eigene Möglichkeiten und Fähigkeiten wahrnehmen. "Die Seelsorgeperson befähigt dazu, den Betroffenen zu helfen, eigene Antworten zu finden. Sie ermutigt zur spirituellen Selbstbestimmung", sagte die Expertin.

"Das Thema Sexualität darf nur angesprochen werden, wenn die begleitete Person das ausdrücklich wünscht. Und es darf in Seelsorgekontexten nie zu sexuellen Handlungen kommen."

Sie selbst höre von vielen Fällen sexualisierter Gewalt, sagte die Beraterin. "Es geht aber auch um spirituellen Missbrauch, es geht um Mobbing und Machtmissbrauch, um finanzielle Ausbeutung und auch um die Ausbeutung von Arbeitskraft. Manche sind durch ihre Erfahrungen traumatisiert und tief verletzt."

Chronik des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche

Januar 2010: Der Leiter des Canisius-Kollegs der Jesuiten in Berlin, Pater Klaus Mertes, macht durch einen Brief an ehemalige Schüler den Missbrauchsskandal an seiner Schule bekannt. Jesuiten hätten in den 1970er und 80er Jahren Schüler sexuell missbraucht. Er löst damit eine Welle von Enthüllungen zu Missbrauchsfällen in der Kirche, aber auch in Schulen und anderen Institutionen aus.

Canisius-Kolleg in Berlin / © Christoph Scholz (KNA)
Canisius-Kolleg in Berlin / © Christoph Scholz ( KNA )
Quelle:
KNA