Experten beraten über missionarisches Christsein in Krisenzeiten

Die «Heidenangst» überwinden

Seit Januar besteht die "Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral" in Erfurt. Auf einer Tagung zum Thema Mission kamen nun erstmals Vertreter von Bistümern, Orden und Verbänden zum Erfahrungsaustausch in Thüringens Landeshauptstadt.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
Straßenmission: Hier Kardinal Meisner in Düsseldorf (DR)
Straßenmission: Hier Kardinal Meisner in Düsseldorf / ( DR )

"Die Angst vor den Heiden ist groß", scherzt der Erfurter Weihbischof Reinhard Hauke. Und in seinem Bonmot ist mehr als ein Körnchen Wahrheit. Die Christen hierzulande tun sich schwer damit, mit den anderen über ihren Glauben zu sprechen. Auch angesichts anhaltender Kirchenaustritte will die Deutsche Bischofskonferenz nun verstärkt etwas dagegen tun. Ein lange verpönter Begriff hat also wieder Konjunktur. "Mission darf aber keinesfalls Aufdrängen bedeuten", betont Thomas Roddey, der Bereichsleiter für Pastoral im Sekretariat der Bischofskonferenz. Doch das ist heutzutage zumindest bei den beiden großen Kirchen auch kaum das Hauptproblem, wie bei der Tagung deutlich wurde.



Als weitaus schwieriger erweist es sich, in einer weithin mit ihren Strukturen beschäftigten Kirche neue Formen zu entwickeln, Menschen auf ungewohnte Weise anzusprechen. "Wir müssen es als Chance der Laien verstehen, wenn die wenigen Pfarrer in immer größeren Kirchengemeinden nicht mehr alles machen können", betont Hauke. "Jeder Christ ist ein guter oder schlechter Zeuge seines Glaubens und damit zwangsläufig auch von entsprechender missionarischer Wirkung", erhält er vom Erfurter Dogmatiker Josef Freitag Rückendeckung.



Verzicht auf aktive Abwerbungsversuche

Die Frage einer stärkeren Präsenz der Christen in der Gesellschaft stellt auch das Verhältnis der Kirchen zueinander vor neue Herausforderungen. So bringt der Paderborner Ökumene-Experte Burkhard Neumann das Modell einer "ökumenischen Stellvertretung" ins Gespräch. Gut aufgestellte Kirchengemeinden könnten für andere Konfessionen pastorale Aufgaben übernehmen, freilich unter Verzicht auf aktive Abwerbungsversuche. Es bleiben allerdings Unterschiede im jeweiligen Verständnis der Ortskirche. Die Erfurter Pastoraltheologin Maria Widl spricht in diesem Zusammenhang vom "Charme des Katholischen", unter dem Dach eines Bistums verschiedene Ausprägungen christlicher Gemeinden zu tolerieren. Freikirchen neigten in solchen Fällen dagegen zur Abspaltung.



Dass auch ökumenische Initiativen frischen Wind in eine "ökumenische Pastoral" bringen können, zeigen die Erfurter Segensfeiern für Paare am Valentinstag. "Besonders beeindruckend ist, wenn Paare dort über die Höhen und Tiefen ihrer Partnerschaft erzählen", so Hauke, der das Gottesdienstmodell mitkonzipierte. Über Erfurt hinaus beachtet werden auch seine christlich geprägten Feiern der Lebenswende für ungetaufte Jugendliche als Alternative zur atheistischen "Jugendweihe".



Anregungen aus dem Ausland

Anregungen für eine offenere Kirche kommen aber auch aus dem Ausland. So zeichnen sich die wachsenden katholischen Gemeinden Nordeuropas durch Angebote zur Begegnung weit über die Gottesdienste hinaus aus, wie der Generalsekretär des Bonifatiuswerks, Georg Austen, hervorhebt. Auch christliche Verbände in Jugendarbeit und Arbeitswelt, Orden und geistliche Gemeinschaften erkennen die Notwendigkeit stärkerer missionarischer Präsenz in ihrem Umfeld.



So spricht der Bundespräses der Deutschen Katholischen Jugend, Simon Rapp, selbstkritisch von "Sprachlosigkeit" in religiösen Fragen auch unter jungen Christen. Bundespräses Albin Krämer von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung sieht sich durch das Echo bestätigt, das sein Verband im Kampf für den arbeitsfreien Sonntag auch bei Kirchenfernen erhält. Die Generaloberin der Heiligenstädter Schwestern, Aloisia Höing, will sich für eine mehr "evangelisierende Sozialarbeit" einsetzen. "Eine Kirche, die nicht missionarisch ist, hat keine Zukunft", ist sich Pfarrer Matthias Leineweber von der Basisgemeinschaft Sant"Egidio gewiss.