Ex-ZdK-Generalsekretär Vesper erinnert an Jaschke

"Manchmal unbequem, manchmal sehr solidarisch"

Mit 81 Jahren ist der ehemalige Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke verstorben. An die Zusammenarbeit erinnert sich Stefan Vesper sehr gerne, der ihn lange Jahre in der Gemeinsamen Konferenz von ZdK und DBK erlebt hat.

Hans-Jochen Jaschke / © Harald Oppitz (KNA)
Hans-Jochen Jaschke / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: In Ihrer Position als Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) hatten Sie Kontakt zu Jaschke. Was war er für ein Mensch?

Stefan Vesper, Generalsekretär a.D. des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stefan Vesper, Generalsekretär a.D. des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Stefan Vesper (Ex-Generalsekretär ZdK): Ich habe ihn über 20 Jahre lang in der "Gemeinsamen Konferenz" erlebt, in der zehn Bischöfe und zehn gewählte Laien zusammenarbeiten. Zweimal im Jahr gibt es diese wichtige Konferenz, damit man auch mal Tacheles reden kann und vertrauensvoll die Dinge bespricht. Da war Weihbischof Jaschke ein wichtiger Gesprächspartner. Auch bei Katholikentagen habe ich ihn erlebt, vor allem beim Katholikentag 2000 in Hamburg. Ich habe ihn als gewinnenden, bescheidenen, aber auch hoch kompetenten Bischof erlebt. Als ich von seinem Tod hörte, war ich ziemlich traurig.

DOMRADIO.DE: Man hat ihn immer wieder in Talkshows erlebt, vor allem auch 2010 als die Missbrauchsskandale in die Öffentlichkeit kamen. Wie kam es, dass Jaschke zum öffentlichen Gesicht der Kirche wurde?

Vesper: Erstmal würde ich das gerne etwas relativieren. Das Gesicht der Kirche waren lange Zeit auch Kardinal Lehmann oder Kardinal Marx. Jaschke war aber schon ein Mann, der die Öffentlichkeit nicht scheute und das ist etwas Besonderes. Ich sehe bei einigen Bischöfen oder auch Weihbischöfen eine gewisse Zurückhaltung, die ich manchmal traurig finde.

Stefan Vesper

"Weihbischof Jaschke war kein Pfau, der gesehen werden wollte."

Weihbischof Jaschke war aber kein Pfau, der gesehen werden wollte. Er ging nicht aus inneren Bestrebungen in die Öffentlichkeit. Er wollte in der Sache Zeugnis geben und so konnte er auch kompetent mitreden. Wenn man sich als engagierter Katholik so eine Talkshow angeschaut hat, brauchte man bei ihm keine Angst zu haben, dass da irgendetwas Schwieriges gesagt wird, oder er nicht kompetent gewirkt hat. Er war immer ein Mann, der sehr gut vorbereitet war und der gerade in der Ökumene oder im christlich-jüdischen Dialog sehr stark war.

DOMRADIO.DE: Dabei ist es nicht so einfach, die katholische Position gegenüber Kritik von außen zu verteidigen. Wie hat er das gemacht?

Stefan Vesper

"Er konnte sich das anhören und dieser Kritik dann auch mit Rückgrat begegnen. Sie mit Sachkompetenz erwidern, erläutern oder korrigieren."

Vesper: Er war immer offen für kritische Rückfragen. Das gehört in der Demokratie dazu, dass man auch kritisch hinterfragt wird, dass es manchmal auch harte oder unsachliche Kritik gibt. Und, ich habe das Gefühl, Weihbischof Jaschke war einer, der nie Angst davor hatte. Er konnte sich das anhören und dieser Kritik dann auch mit Rückgrat begegnen. Sie mit Sachkompetenz erwidern, erläutern oder korrigieren. Und das hat den Leuten Respekt gemacht.

DOMRADIO.DE: Sie und Weihbischof Jaschke saßen lange Zeit zusammen in der Gemeinsamen Konferenz, wie sah sein Engagement gegenüber dem ZdK als Laien-Komitee aus?

Vesper: Er war natürlich ein Mensch, der mit offenen Ohren in unseren Debatten saß und auch das Wort erhob. In meiner Erfahrung waren die Weihbischöfe über lange Zeit eher stiller. Ich glaube, dass das auch in der Bischofskonferenz so war. Ich weiß nicht, wie es heute ist, aber damals hatten die Weihbischöfe eher die Haltung, dass der Ordinarius reden soll und man als Weihbischof nur zuhört.

Da war Weihbischof Jaschke anders, der hat ganz normal mitgesprochen. Er war uns gegenüber manchmal unbequem, manchmal auch sehr solidarisch. In der Sache hatten wir eine riesige Übereinstimmung. Zum Beispiel gerade da, wo er sich klar gegen Antisemitismus, gegen Fremdenfeindlichkeit äußerte. Wie er sich da geäußert hat, das war immer super.

DOMRADIO.DE: Weihbischof Jaschke hat mal geäußert, dass er als Weihbischof keine Berühungspunkte mit den Missbrauchsskandalen und der Aufarbeitung hatte. Mit den ganzen Studien, die mittlerweile veröffentlicht werden, erscheinen viele Bischöfe inzwischen in einem kritischeren Licht. Für wie glaubwürdig halten Sie Weihbischof Jaschke bei dem Thema?

Maria Jepsen, Bischöfin in Hamburg, und Hans-Jochen Jaschke, Weihbischof in Hamburg, 1999 / © Nadine Loesaus (KNA)
Maria Jepsen, Bischöfin in Hamburg, und Hans-Jochen Jaschke, Weihbischof in Hamburg, 1999 / © Nadine Loesaus ( KNA )

Vesper: Aus der Ferne kann ich natürlich nicht sagen, wie das in Hamburg oder Osnabrück war. Aber er hat sich ganz entschieden für die Aufarbeitung eingesetzt. Er hat diese Praktiken entschieden kritisiert und er hat auch gesehen, dass man nichts vertuschen darf, sondern an die Öffentlichkeit gehen und alles offengelegt werden muss, damit sichergestellt werden kann, dass solche Taten nicht wieder geschehen. Das war aus meiner Sicht auch ein wichtiger Beitrag, den er in der Diskussion geleistet hat. Alle eher vorsichtigen Reaktionen hat er eher beiseite gewischt und gesagt, dass alles veröffentlicht werden muss, damit die Kirche ihre Glaubwürdigkeit wieder zurückgewinnen kann.

DOMRADIO.DE: 2016 ist Jaschke emeritiert. 2019 hat sich die Kirche auf den Synodalen Weg gemacht. Sie als Generalsekretär des ZdK haben den mitinitiiert. Wissen Sie wie er zu den Reformen des Synodalen Weges heute stehen würde?

Stefan Vesper

"Mir ist häufig sein Satz aufgefallen, dass wir erwachsene Christen seien."

Vesper: Ich bin völlig sicher, dass er für eine zeitgemäße Form der katholischen Kirche war. Dass er keine Angst hatte vor Reformen. Dass er die Rolle der Frau anders beurteilt hat, als es heute die kleine konservative Seite in der Deutschen Bischofskonferenz sieht; dass er für die Einbeziehung von Laien bei der Predigt war. Er ist den Laien stets mit hohem Respekt und Anerkennung gegenübergetreten. Natürlich war klar, dass er Bischof ist. Aber es war auch klar, dass wir als gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Laien einen Status haben, dem Respekt und Anerkennung gebührt. Mir ist häufig sein Satz aufgefallen, dass wir erwachsene Christen seien. Das war er als Bischof auch und das hat er uns immer widergespiegelt. Dass wir selber Zeugnis vom Evangelium abgegeben müssen, und das auch miteinander tun müssen als katholische Kirche.

DOMRADIO.DE: Gibt es irgendeinen Moment der Ihnen besonders im Kopf geblieben ist?

Vesper: Ein Besonderer nicht, aber ich sehe sein Lächeln. Er konnte einen sehr verschmitzt anschauen. Er war sympathisch und gewinnend. Man braucht in der Kirche insbesondere wie auch im allgemeinen Leben das Vertrauen zueinander. Ich hatte immer das Gefühl dass er eine besonderen Vertrauenswürdigkeit besaß und eine besondere Nähe zu den Menschen. Man muss ja auch sehen, dass die evangelische Kirche in Hamburg viel stärker ist und die katholische Kirche in der Minderheit. Und trotzdem hat er sich sehr gut eingebracht. Ökumenisch war er sehr offen und diese Aufgabe hat er gut wahrgenommen. In Hamburg war er sicher auch das Gesicht der katholischen Kirche. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich eine Zeit lang gemeinsam mit ihm gehen konnte.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Quelle:
DR
Mehr zum Thema