Evangelisches Zukunftsforum in Wuppertal eröffnet

Ein Dunst von Alltagsfrömmigkeit

Angesichts sinkender Mitgliederzahlen berät die Evangelische Kirche in Deutschland über Wege in die Zukunft. Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider wünscht sich eine Rückkehr zur Alltagsfrömmigkeit, sie sei weitgehend verdunstet.

Figur vor der Johanniskirche (dpa)
Figur vor der Johanniskirche / ( dpa )

Im Auftaktgottesdienst am Donnerstag in Wuppertal mahnte der EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider, die Kirche müsse sich bei Reformen auf das Wort Gottes besinnen. Nur dadurch könnten theologisches Denken und Reden sowie kirchliches Handeln Früchte tragen. Am "Zukunftsforum 2014 für die Mittlere Ebene" nehmen rund 800 Dekane, Kreispfarrer und Superintendenten aus den 20 evangelischen Landeskirchen teil.

"Gottes Wort schenkt Verlässlichkeit im Wandel"

"Gottes Wort allein schenkt Verlässlichkeit im Wandel und trotzt aller Vergänglichkeit", sagte Schneider. Das gelte auch für Zukunftsforen, Reformprozesse und Reformationsjubiläen. Der ehemalige rheinische Präses erinnerte in seiner Predigt an die Verabschiedung der Barmer Theologischen Erklärung vor 80 Jahren. Das Dokument sei Ausdruck einer theologischen und kirchlichen Neubesinnung inmitten einer Gesellschaft, die sich durch verbrecherische Ideologien und lähmende Ängste habe gefangennehmen lassen. "Gottes Wort bewirkte einen neuen Anfang kirchlicher Existenz als 'Kirche der Freiheit'", unterstrich Schneider.

Die am 31. Mai 1934 in Wuppertal-Barmen beschlossene Barmer Erklärung gilt als zentrales Dokument des Kirchenkampfes in der NS-Zeit. Darin grenzten sich evangelische Christen von der Weltanschauung der Nationalsozialisten ab. Schneider erinnerte an die sechste These der Erklärung, die den Auftrag der Kirche formuliert, die Botschaft von Gottes Gnade zu verkünden. Das Wort Gottes schwebe nicht als vertröstende Theorie über der oft leidvollen Realität der Menschen, sagte der Ratsvorsitzende. Vielmehr könne es bedrängte Lagen verändern, auch wenn diese aussichtslos erschienen: "Gottes Wort wird uns auch heute zu neuen Aufbrüchen und Perspektiven inspirieren und ermutigen."

Angesichts des Mitgliederrückgangs stehen die evangelischen Kirchengemeinden Schneider zufolge vor neuen "spirituellen Herausforderungen". Dazu gehöre insbesondere, dass die Menschen wieder zu einer gelebten, inzwischen aber "weitgehend verdunsteten Alltagsfrömmigkeit" zurückfänden, sagte er zum Auftakt des Zukunftsforums. Die anstehenden Aufgaben könne keine Kirchengemeinde alleine schultern. "Es braucht die Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden der Region", ergänzte der Ratsvorsitzende. Daher komme der mittleren Leitungsebene besondere Bedeutung zu.

Beckstein unterstreicht Rolle der Ehrenamtlichen bei Reformen

Der Vizepräses der EKD-Synode, Günther Beckstein, hob die Rolle der Ehrenamtlichen bei kirchlichen Reformen hervor. Etwa die Hälfte der rund 800 Forumsteilnehmer seien keine hauptamtlichen Kirchenmitarbeiter, sondern ehrenamtlich in der Leitung von Kirchenkreisen und Dekanaten engagiert, sagte der frühere bayerische Ministerpräsident. Ein EKD-weiter Austausch über Erfahrungen und Beschwernisse bei der Leitung von Gemeinden sei außerordentlich hilfreich.

Das Zukunftsforum steht unter dem Motto "informieren - transformieren - reformieren". Vorgesehen sind zahlreiche Workshops, Gespräche, Diskussionsrunden und kulturelle Veranstaltungen in mehreren Städten des Ruhrgebietes. Prominentester Gast ist Bundespräsident Joachim Gauck. Der ehemalige evangelische Pastor wollte am Donnerstagabend in Wuppertal ein Grußwort sprechen.


Quelle:
epd