Evangelischer Pfarrer will Kölns Oberbürgermeister werden

"Suchet der Stadt Bestes"

Ein Pfarrer als Oberbürgermeister? Eine Kandidatur für Kölns höchstes Amt kann sich der evangelische Ruhestandspfarrer Hans Mörtter gut vorstellen. Er erklärt, wie ihm dabei seine Arbeit als Seelsorger hilft und was er ändern möchte.

Blick auf den Kölner Dom / © frantic00 (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Um wirklich beim Anfang zu beginnen: Stimmt es eigentlich, dass Sie sich zur Wahl stellen möchten? 

Pfr. Hans Mörtter / © Timo Belger
Pfr. Hans Mörtter / © Timo Belger

Hans Mörtter (Evangelischer Pfarrer der LutherKirche Südstadt im Ruhestand): Ich habe meine Bereitschaft erklärt, das ist das Entscheidende. Und jetzt muss ich natürlich eruieren und gucken, wer sich an meine Seite stellt, wen ich dafür fragen kann und wer da mit mir gehen würde. Ich mache es abhängig davon, ob es einen Kandidaten oder eine Kandidatin gibt, von dem ich sage: "Wow, super Mensch!", dann würde ich diesen Menschen in der Kandidatur unterstützen. 

Bin ich aber der Ansicht, dass sich das gleiche Schema immer wieder aufs Neue wiederholt, dann würde ich losgehen und kandidieren. 

DOMRADIO.DE: Sie wurden von verschiedenen Seiten gefragt, ob Sie nicht als Oberbürgermeister kandidieren möchten. Wurden Sie also dahin gepusht, oder sind Sie von ganz alleine darauf gekommen? 

Mörtter: Das war schon pushen. Dabei wurde ich nicht gefragt "Willst du?", sondern mir wurde gesagt "Du musst, mach doch bitte." Ich habe aber immer "Nein" gesagt. Aber wenn man das so ein paar Monate immer wieder hört und das von den unterschiedlichsten Seiten, fängt es an, innerlich zu arbeiten. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie denn ein Parteibuch? 

Hans Mörtter

"Wenn es um Veränderungen in der Stadt geht, bin ich offen."

Mörtter: Nein, es war mir immer wichtig, parteiunabhängig zu sein. Ich rede mit allen und wenn es um eine Sache geht, um Inhalte, um Verbesserungen in der Stadt, dann bin ich offen. 

Es gab natürlich eine Nähe zu den Grünen, zur SPD, zur Linken, zu Klimafreunde usw. Aber ich habe gemerkt, dass ich im Laufe der Zeit immer offener werde zu schauen, was der Stadt gut tut. Was ist für die Stadt wichtig und mit der Frage auch die Partner und Partnerinnen zu suchen.

DOMRADIO.DE: Karneval ist in Köln immer wichtig. Die derzeitige Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist beispielsweise bei den roten Funkten. Wie ist mit Ihnen? 

Mörtter: Ich bin Zugleiter des Südstadt-Zuges. Das ist auch schon was. Überhaupt bin ich auch sehr Karnevals-affin. Vor allem aber bin ich sehr stark bei den Menschen und das schon seit längerer Zeit in der ganzen Stadt. 

In Buchheim also genauso wie in Chorweiler, also da, wo es brennt. Das ist immer mehr geworden, weil es sich in den benachteiligten Stadtteilen herumgesprochen hat, dass man zu mir kommen kann. 

DOMRADIO.DE: Dass Sie natürlich als Pfarrer auch christliche Werte gerne umsetzen wollen, dass Sie sich für sozial Benachteiligte einsetzen und Kultur fördern, das haben Sie in der Lutherkirche jahrelang gemacht, auch mit ungewöhnlichen Aktionen. Haben Sie denn ein Programm oder eine politische Richtung, die Sie unterstützen würden? 

Hans Mörtter

"Bei der Klimakatastrophe brennt's einfach, das geht uns alle an."

Mörtter: Es gibt einen schönen Spruch des Propheten Jeremia: "Suchet der Stadt Bestes." Das heißt, ich fange ganz oben an. Was passiert in den benachteiligten Stadtteilen, wie kann ich da wieder Menschen gewinnen für ihren Stadtteil einzutreten? 

Ich habe zum Beispiel Kontakt zu einer Bickendorfer Bürgerinitiative, die mich gefragt haben, ob wir miteinander reden können, sie fühlen sich nämlich im Stich gelassen. Wie kann man solche Initiativen stärken? 

Über allem steht aber für mich die Klimakatastrophe. Also lasst uns neu einstellen auf das, was auf uns zukommt, weil das katastrophal werden wird. Und das wird bisher viel zu wenig gesehen. Das muss sehr schnell gehen, so wie die Kopenhagener ihre Stadt auch umgestellt haben. Da brennt's für mich einfach. Das geht alle an, egal welches Parteibuch jemand hat. 

DOMRADIO.DE: In einer Millionenstadt wie Köln, hat der Oberbürgermeister verschiedenste Aufgaben, Armutsbekämpfung, Bauprojekte, Kalkulationen, Katastrophen und so weiter. Kennen Sie sich in allen Bereichen aus? 

Hans Mörtter

"Ohne ein gutes Team geht gar nichts."

Mörtter: Ich bin, und das nur nebenbei, auch Notfallseelsorger. Grundsätzlich bin ich sehr flexibel darin, mich in Situationen einzuarbeiten. Das aber habe ich im Laufe der letzten Jahrzehnte gelernt, nie etwas allein zu machen, sondern hol dir immer diejenigen an deine Seite, die kompetent sind, die wissen worum es geht. 

Also ich denke schon, dass ich da klarkommen kann. Aber mit einem guten Team, ohne das geht gar nichts. 

Das Entscheidende für mich ist aber, eine neue Aufbruchstimmung in der Stadt hinzukriegen. Die Menschen sollen sagen: "Ich habe wieder Lust auf meine Stadt." Das ist ein bisschen abhandengekommen, viele sind frustriert. Häufig höre ich: "Es ändert sich sowieso nichts. Immer eine Million Baustellen und alles wiederholt sich. Die Parteien haben keine Lerneffekte und ich habe keine Lust mehr." 

Da wieder herauszukommen ist mein Ziel. Genauso auch in der Verwaltung, müsste jeder sagen: "Diese Stadt lohnt sich. Ich gebe das rein, was ich an Energie habe, egal wie viel oder wie wenig das ist. Wir haben wieder Lust auf unsere Stadt und wir wollen stolz auf diese Stadt sein." 

Das ist für mich ein ganz wichtiges Anliegen. Denn bei vielen Dingen, auch bei Armut in den benachteiligten Stadtteilen, kann nicht einfach nur mit dem Sozialetat geholfen werden. Dieser Etat wird gerade wieder massiv gekürzt, weil die Haushaltslage kein Geld zulässt. Also muss ich schauen, wie funktioniert etwas mit bürgerschaftlichem Engagement und damit kenne ich mich ganz gut aus. 

DOMRADIO.DE: Es heißt, Sie seien sich sicher, wenn Sie kandidieren werden Sie auch gewinnen. Was macht Sie denn da so sicher? 

Mörtter: Die Reaktionen, die ich bisher bekommen habe. Ganz egal wo ich bin, werde ich angesprochen und bekomme gesagt: "Gratuliere, mach das." Und das kommt von den unterschiedlichsten Leuten. 

Bei einigen weiß ich, dass sie eigentlich CDU, SPD oder Grün wählen. Es spielt eher eine Rolle, dass da jemand ist, der wirklich was ändern kann, weil er von außen kommt und nicht aus einem System heraus. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR