DOMRADIO.DE: Nicht alle, aber die meisten Pfarrerinnen und Pfarrer und Kirchenbeamte stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. An den Beamtenstatus von Pfarrpersonen will man jetzt ran, um einen weiteren Weg zu gehen, Geld einzusparen. Sie sind auch auf Lebenszeit verbeamtet. Hätten Sie persönlich was dagegen?

Thorsten Latzel (Präses der evangelischen Kirche im Rheinland): Nein, überhaupt nicht. Auch wenn mich das selber nicht mehr treffen wird. Uns geht es darum: Kirche ist ein guter Arbeitgeber und wird das auch unter veränderten Bedingungen in Zukunft sein. Wir müssen im Augenblick unsere finanziellen Hausaufgaben machen, damit das auch zukünftig unter anderen Bedingungen gut zu finanzieren ist.
Nur um so eine erste Größenordnung zu nennen: Wir geben im Augenblick ungefähr 18 Prozent unseres Netto-Kirchensteueraufkommens nur für die Ruhestandsgehälter und für die Beihilfen für die Ruhestandspersonen aus. Dieser Anteil würde in Zukunft weiter steigen, einfach aus demografischen Gründen und weil wir weniger Kirchensteuereinnahmen haben. Deswegen müssen wir im Augenblick umsteuern.
DOMRADIO.DE: Dabei geht es um Lohn, Krankenversicherungsschutz und Rente beispielsweise. In der Realität werden aber meist die verbeamteten und die privatrechtlich angestellten Pfarrpersonen gleich bezahlt und behandelt. Was bedeutet die Änderung denn konkret? Welchen Nachteil würde das für die, die es betrifft, bringen?
Latzel: Man kann nicht sagen, dass das ein Nachteil oder Vorteil ist, sondern es ist eine andere Logik. Das ist eine Diskussion, die wir in der gesamten Gesellschaft haben und auch in unserer Kirche. Anders als der Staat, der auch verbeamtet, können wir aber nicht einfach die Steuern erhöhen, um damit die zukünftigen Kosten zu tragen.
Wenn wir jetzt einen Menschen beamten, gehen wir eine Pflicht ein, ihn auch sein ganzes Leben lang weiter mit Beihilfe, mit Pension zu versorgen. Das hätten wir in dieser Weise nicht bei einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis.
Dann würde man den Lohn und auch die Beiträge zur Rentenversicherung zahlen, aber man hätte später nicht mehr die Pflichten, sondern nur in dieser Phase, in der man anstellt. Das ist wichtig, wir wollen nicht auf Kosten zukünftiger Generationen leben.
DOMRADIO.DE: Welche Auswirkungen bringt es mit sich, wenn das zukünftig so wäre? Was bedeutet es, in der evangelischen Kirche keine Beamten mehr zu haben?
Latzel: Es würde sich manche Regelung im Blick auf die eigene Lebensform ändern. Das ist ja ein Loyalitätsverhältnis von Beamten zu ihrer Institution. Beim Angestelltenverhältnis ist das anders. Wir haben bereits Änderungen für die Arbeitnehmer bei uns gemacht, also für die Personen, die bei uns Dienst tun. Wir haben etwa eine 41-Stunden-Regelung für alle Pfarrerinnen und Pfarrer eingeführt.
Das ist eigentlich gegen die Logik eines Beamtentums, wo man keine Stundenregelung hat. Das haben wir aber eingeführt, damit eben auch junge Menschen nicht überbelastet werden bei den vielen Aufgaben, die wir haben. Insofern würden wir umswitchen in der Logik, aber das bewusst machen, damit wir als Kirche unter veränderten Bedingungen gute Arbeitgeber sind.
DOMRADIO.DE: Tatsache ist, dass die evangelische Kirche im Rheinland sparen muss und plant, mindestens 33 Millionen Euro weniger zu haben als bisher. An allen möglichen Stellen wird geschraubt, um das zu erreichen. Halten Sie es für eine gute Idee, als nächstes am Personal zu kürzen und Geld einzusparen, indem man gleichzeitig den Beruf unattraktiver macht?
Latzel: Uns geht es nicht darum, irgendwie den Beruf unattraktiver zu machen. Vielmehr ist der Pfarrberuf einer der schönsten Berufe überhaupt, weil man eine sinnhafte Tätigkeit hat. Uns liegt daran, genau diesen Pfarrberuf unter veränderten Finanzbedingungen, unter anderen Rahmenbedingungen gut gestalten zu können.
Es geht ja nicht an, dass wir künftige kirchliche Haushalte so knebeln, dass man zu inhaltlicher Arbeit keine Zeit mehr hat. Deswegen ändern wir die Form der Finanzierung, um kirchliche Arbeit für die Mitarbeitenden genauso wie für die Gemeinden attraktiv zu machen. Wir sparen an allen Stellen, wo das sinnvoll ist, damit wir aber dicht bei den Menschen sein können und die Menschen, die in der Kirche sind, gut stärken.
DOMRADIO.DE: Grund für die Sparmaßnahmen sind die stetig sinkenden Zahlen von Kirchengemeindemitgliedern. Wie dramatisch ist es wirklich?
Latzel: Wir haben im Augenblick die höchsten Kirchenaustrittszahlen nach dem Zweiten Weltkrieg. Das ist mit zwei Prozent wirklich hoch. Wir haben zudem das demografische Problem, also es sterben mehr Menschen, als dass wir junge Menschen durch Taufen in unserer Kirche bekommen.
Trotzdem muss man weiter sagen, dass wir eine große Kirche sind, insgesamt 2,1 Millionen Mitglieder. Uns ist es wichtig, dass wir auch als kleiner werdende Kirche einmal für die Gesellschaft, für alle Menschen da sind und uns zugleich gut um unsere Mitglieder kümmern. Dass wir den Kontakt zu den Menschen halten, wir Hoffnung vermitteln, von unserem Glauben reden. Das, glaube ich, brauchen wir in der Gesellschaft jetzt dringender denn je.
DOMRADIO.DE: Das alles wird auch Thema auf der Landessynode im Rheinland sein, die am 2. Februar beginnt. Wie gehen Sie da rein? Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an dieses Thema denken?
Latzel: Erst einmal freue ich mich sehr auf die Synode. Das ist immer eine besondere Veranstaltung mit 200 Menschen, viele ehrenamtlich, die sich die Zeit nehmen und sagen: Wir leiten gemeinsam Kirche. Uns ist es wichtig, dass wir zukunftsorientiert sind. Deswegen fangen wir bewusst auch mit dem Reformprozess bei uns auf der Synode an.
Da gibt es viele Prozesse, die wir im Augenblick anstoßen, wie wir in neuer Form nah bei den Menschen sein können. Wir werden etwa einen Jugendbericht haben. Da geht es um das Thema Antirassismus, also eine Gesellschaft zu stärken, die offen für andere ist. Das brauchen wir gerade jetzt. Wir werden dann auch unsere Finanzhausaufgaben machen und den Auftrag geben, die Beamtenfrage in diesem Jahr zu klären.
Das ist ein Prüfauftrag, den wir haben, um dann zu schauen, dass wir gemeinsam zu guten Entscheidungen kommen. Und ganz wichtig noch mal: Da entscheiden Pfarrerinnen und Pfarrer und ganz viele junge Menschen mit. Da ist es uns wichtig, dass wir zu einer gemeinsamen guten Lösung kommen.
Das Interview führte Katharina Geiger.