Europaparlament streitet um EU-Norm zu Abschiebung Illegaler

"Schande" für die Rechtskultur?

Das Europaparlament ist uneins über künftige gemeinsame EU-Normen bei Abschiebungen von Ausländern ohne gültige Papiere. Abgeordnete der christdemokratisch-konservativen EVP-Fraktion, der Liberalen und Teile der Sozialisten verteidigten am Dienstag in Straßburg die geplante Richtlinie. Andere sozialistische Redner, Grüne und Linke lehnten sie ab. Die Abstimmung findet am Mittwoch statt.

 (DR)

Für die EU-Ratspräsidentschaft verteidigte der slowenische Innenminister Dragutin Mate die Richtlinie als Verbesserung. Auch EU-Innenkommissar Jacques Barrot sagte, die neuen Normen verpflichteten die EU-Staaten, bei Abschiebungen die Europäische Menschenrechtskonvention zu achten. Besonders die Rechte von Kindern würden gestärkt.

Der Europaparlaments-Berichterstatter Manfred Weber (CSU) betonte, erstmals würden der Zugang zum Gesundheitswesen und für Minderjährige zu Bildung gewährleistet. Die niederländische Liberale Jeanine Hennis-Plasschaert erklärte, die Neuregelung sei zwar nicht perfekt, aber ein Schritt in die richtige Richtung.

"Festung Europa"
Dagegen sagte die französische sozialistische Europaabgeordnete Martine Roure, die von Weber angeführten Verbesserungen seien nicht verbindlich. Stattdessen ermögliche die Richtlinie, illegale Ausländer bis zu 18 Monaten in Haft zu nehmen. Die britische Grüne Jean Lambert kritisierte, die EU-Regelung entspreche nicht den Standards, die das Europaparlament immer gefordert habe. Der italienische Linke Giusto Catania sprach von einer «Schande» und einer Beleidigung der Rechtskultur Europas. Die Regelung sei ein weiterer Schritt zum Ausbau einer «Festung Europa».

Der SPD-Europaabgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler sagte dagegen, er begrüße die Einigung auf Mindeststandards. Keinem EU-Staat sei verwehrt, bessere Regelungen einzuführen. Nach der neuen Regelung können Ausländer ohne gültige Papiere künftig im Grundsatz bis zu sechs Monate in Abschiebehaft genommen werden, unter bestimmten Umständen auch zwölf Monate länger. Illegale Ausländer können danach künftig auch mit einem Wiedereinreiseverbot von bis zu fünf Jahren belegt werden.

Kirchen, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen kritisieren das Vorhaben. Die Neuregelung war über Jahre bei den EU-Innenministern umstritten. Sie stimmten zu Monatsanfang dem mit Vertretern des Europaparlaments gefundenen Kompromiss zu. Nimmt das Europaparlament am Mittwoch daran Änderungen vor, dürfte es erneut schwer werden, eine Einigung bei den EU-Innenministern zu finden.