EU will offener Klub bleiben - Bedingungen für Beitrittskandidaten sollen aber verschärft werden

EU-Gipfel: Hoffen auf gemeinsame Verfassung

Die Europäische Union soll nach dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien Anfang 2007 für weitere Mitglieder offen bleiben und zugleich die eigene Integrationsfähigkeit stärker in den Vordergrund rücken. Das schlug die finnische EU-Ratspräsidentschaft am Donnerstag dem EU-Gipfel in Brüssel vor. Im Entwurf der Schlussfolgerungen wird neben verschärften Bedingungen für die Beitrittsverhandlungen angeregt, künftig erst kurz vor dem Abschluss der Gespräche ein Beitrittsdatum zu nennen.

 (DR)

Zum Auftakt des Gipfels hatte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Donnerstag die 25 Staats- und Regierungschefs aufgerufen, sich zu einem offenen und reformfreudigen Europa zu bekennen. Barroso mahnte, am Kurs der Erweiterung festzuhalten und die Handlungsfähigkeit der EU zu stärken, die am 1. Januar kommenden Jahres auf 27 Mitglieder anwachsen wird. Dafür sollte die EU-Verfassung vorangebracht werden.

Große Erwartungen an Deutschland
In diesem Zusammenhang wurden große Erwartungen an die kommende EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands gerichtet. Barroso sagte, es würden wesentliche Fortschritte gebraucht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte im Vorfeld angekündigt, den deutschen EU-Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2007 nutzen zu wollen, dem Verfassungsprozess neue Impulse zu verleihen. Ziel ist es, zum Ende der deutschen Präsidentschaft einen Fahrplan zur Inkraftsetzung der Verfassung möglichst noch zur Europawahl 2009 vorlegen.

Zankapfel Türkei
Der designierte Präsident des Europäischen Parlaments, der deutsche CDU-Politiker Hans-Gert Pöttering, sprach sich dafür aus, zumindest „die Substanz des Verfassungsvertrages" zu verwirklichen. In der strittigen Frage des Türkei-Beitritts lobte er ausdrücklich den von den EU-Außenministern am Montag erreichten Kompromiss, wonach Teile der Beitrittsgespräche vorerst nicht verhandelt werden.

Damit war das strittige Thema Türkei zunächst vom Tisch des EU-Gipfels.
Vorgesehen ist nun, dass der EU-Gipfel zum Abschluss am Freitag den Kompromiss der Außenminister bestätigt. Ferner sollen die Beitrittsperspektive für die Staaten des westlichen Balkans bekräftigt und explizit auch Serbien eine europäische Perspektive gegeben werden. Allerdings will die EU die eigene Integrationsfähigkeit künftig ebenfalls zum Maßstab für Erweiterungen machen. Dazu werden effektive und funktionierende Institutionen genauso gezählt wie die finanziellen Möglichkeiten.

Vertiefung statt Erweiterung
Mehrere EU-Staats- und Regierungschefs begrüßten die geplanten Klarstellungen für künftige Erweiterungsrunden. Österreichs Kanzler Wolfgang Schüssel betonte, damit werde neuen Kandidaten „die Tür nicht vor der Nase zugeschlagen". Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker fügte hinzu, es werde dennoch der erkennbare Versuch jener gestört, die nur auf die Erweiterung sähen und die sich jeder Vertiefung der Europäischen Union in den Weg stellten.

Für den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Edmund Stoiber gehen diese Einschränkungen nicht weit genug. Nach Bulgarien und Rumänien könne höchstens noch Kroatien EU-Beitrittskandidat werden, sagte er. Andernfalls werde Europa sich mit Sicherheit übernehmen.